27. Hugo Ripelin von Straßburg,
›Compendium theologicae veritatis‹, deutsch
Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser
KdiH-Band 4/1
Das ›Compendium theologicae veritatis‹ des Dominikaners Hugo Ripelin von Straßburg (gest. 1268) gehört in seiner lateinischen Originalfassung zu den sehr weit verbreiteten Texten der theologischen Literatur;
Hugo, einer Straßburger Patrizierfamilie entstammend, gehörte zur ältesten Generation der Dominikaner in Deutschland. Nach seinem Eintritt ins Straßburger Kloster wirkte er lange Jahre als Prior oder Subprior im Zürcher Dominikanerkloster, danach als Prior wieder in seinem Heimatkloster. Seine Autorschaft teilt Hugo selbst im ›Compendium‹ nicht mit, sie wird aber durch die ›Colmarer Annalen‹ bezeugt. Zwei Drittel aller ›Compendium‹-Texte sind anonym überliefert, die übrigen nennen Hugo als Autor ( 51 Handschriften), oder das Werk wird berühmteren Namen untergeschoben, am häufigsten Thomas von Aquin (wohl begünstigt durch dessen gleichnamiges Werk; mehr als 100 Handschriften).
Das Werk, ein theologisches Lehrbuch primär für die praktische Verwendung durch Seelsorger und Prediger, ist verschiedenen franziskanischen und dominikanischen Vorlagen verpflichtet, in Bezug v. a. auf die Stoffeinteilung Bonaventuras ›Breviloquium‹, inhaltlich der Enzyklopädie ›De proprietatibus rerum‹ des Bartholomaeus Anglicus, ›De anima‹, ›De bono‹ und ›Summa de creaturis‹ des Albertus Magnus, der ›Summa theologica‹ Alexanders von Hales, Wilhelm von Auxerre u.a. – insgesamt theologischer Literatur, die vor 1260 entstand, noch vor der intellektuellen Prägung der Scholastik durch den Aristotelismus. Hugo bietet einen kurzen Abriß der Theologie, indem er de magnorum theologorum scriptis kompiliert, mit dem Ziel, nicht nur eine Summe des theologischen Grundwissens zu erstellen, sondern auch Weisheitslehre zu vermitteln. Er gliedert sein Werk nach dem Prolog in sieben Bücher: 1. Gottes- und Trinitätslehre (34 Kapitel); 2. Schöpfung, Mensch, Seele, Sündenfall (66 Kapitel); 3. Sündenlehre (24 Kapitel); 4. Christus/Inkarnationslehre (24 Kapitel); 5. Gnaden- und Tugendlehre (70 Kapitel); 6. Sakramentenlehre (37 Kapitel); 7. Eschatologie (30 Kapitel).
Neben einer französischen, einer italienischen und einer armenischen Übersetzung entstanden im Mittelalter sieben deutsche Übersetzungen sowie mehrere Teilbearbeitungen und deutsche Glossierungen des lateinischen Textes (
Außer in deutschen finden sich ornamentierte Initialen auch in lateinischen ›Compendium‹-Handschriften, wozu allerdings keine Untersuchungen vorliegen. Die beiden Textzeugen der französischen Version sind ebenfalls ornamentiert: Chantilly, Musé Condé Nr. 130, v. J. 1481, im Auftrag Antoines de Chourses entstanden, enthält eine prächtige Miniaturseite mit einer Darstellung der Trinität, umgeben von Engelchören (1r), außerdem mit Gold und Blau ausgelegte Initialen; die Handschrift Kynžvart (Tschechien), Schloßbibliothek, Nr. 11, ist mit gemalten Initialen zu Beginn jedes Kapitels geschmückt (vgl.
Die fünf aufwendiger mit Bildschmuck ausgestatteten deutschen Handschriften enthalten Schmuckinitialen unterschiedlicher Ausführung und Zahl, zumeist aber acht, je zu Beginn des Prologs und der sieben Bücher des Werkes. Zum Teil handelt es sich nur um gezeichnete Fleuronné-Initialen bzw. um ornamentierte Deckfarbeninitialen, in einem Fall (Würzburg, M. ch. f. 690) aber auch um historisierte, mehrfarbige und mit Blattgold versehene große Schmuckinitialen, die sich auf die Thematik des jeweiligen Buches beziehen. Die Karlsruher Handschrift (Don. 120) weist weitere figürliche Darstellungen (Jesus; ganzseitiges Bild am Beginn) auf. Diese Illustrationen sind nicht voneinander abhängig und liegen auch im Stil weit auseinander. Die Handschriften, die drei verschiedenen Textversionen (A, B und AB) angehören, stammen zumeist aus süddeutschen Klöstern; eine entstand vermutlich in fürstlichem Auftrag.
Vier dieser Handschriften enthalten im wesentlichen nur den Text des deutschen ›Compendiums‹; nur eine (Karlsruhe, Don. 120, Nr. 27.0.3.) enthält als namhafte Mitüberlieferung die ›Donaueschinger Liederhandschrift‹ mit eigenen bildlichen Darstellungen/Initialen; vgl. Stoffgruppe 76. (Liederhandschriften).
Einige weitere Handschriften mit einer deutschen Version, die hier nicht ausführlich vorgestellt werden, enthalten marginalen Schmuck: Alba Julia (Rumänien; ehem. Karlsburg/Weißenburg), Biblioteca Nationala Romania, Filiala Batthyaneum, Ms. I–84 (datiert 1474), mit dem gezeichneten Wappen des Besitzers und wohl auch Auftraggebers, Ortolfs d. J. von Trenbach (Drachenkopf mit Stab im Maul, über dem Wappen Helmzier mit gekröntem Kopf und Federbusch) auf der Innenseite des Vorderdeckels, vgl.
Lateinischer Text (unkritisch, nach Drucken des 15. Jahrhunderts): Sancti Bonaventurae Opera omnia VIII. Edita studio et cura A. C.