38.2.4. Wien, Kunsthistorisches Museum, Hofjagd- und Rüstkammer, KK 5013 (bisher P 5013)
Bearbeitet von Rainer Leng
KdiH-Band 4/2
Ca. 1430–1440 (um 1430
Oberdeutsch.
Auftraggeber und Erstbesitzer unbekannt, 1570 im Besitz des Freiherrn Karl Schurff zu Schönweer, Obersthofmarschall und Nachlaßverwalter Erzherzog Ferdinands auf Ambras (hinterer Innenndeckel 15 + 70 z. v. A. S. Carl Schurff zw Shenwertt), im Ambraser Verlassenschaftsinventar Ferdinands unter den Kriegs- und Fechtbüchern nicht eindeutig zu identifizieren (
1r–56v |
Anonymus, ›Gladiatoria‹
1r ›Merkcht das ander stuckh des spyeß ob dw nw deinen spyes‹ 1r–6r Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit Spieß, Tartsche, Schwert und Dolch unter Wiederaufnahme der weggeworfenen Waffen 6v–31r Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit den langen Schwertern, einschließlich Ringen 31v–53v Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit dem als degen bezeichneten Dolch 53v–56v Varianten über das Festhalten des Gegners und das Anbringen des tödlichen Dolchstoßes |
Pergament, 56 Blätter (von moderner Hand mit Blei foliiert), 185 × 195 mm, Bastarda von zwei Händen, I: 1r–11v, 12r–27v, 29r–56v (große Nähe zur Hand in Gotha, Ms. Memb. II 109, siehe Nr. 38.2.1.), II: 11rv, 28rv (übereinstimmend mit Hand I in Kraków, Ms. Berol. germ. quart. 16, siehe Nr. 38.2.2.), einspaltig, drei bis acht Zeilen, keine Initialen oder Lombarden, nicht rubriziert.
bairisch-österreichisch.
106 kolorierte Federzeichnungen von 4 Zeichnern aus einer süddeutschen, evtl. Wiener Werkstatt (aus derselben Produktion Kraków, Ms. germ. quart. 16, siehe Nr. 38.2.2., Gotha, Ms. Memb. II 109, siehe Nr. 38.2.1.), Zeichner I: 1r–6v, 12r–17r, 19v–27v, 29r–31r, 46r–48v, 56v, II: 7r–10v, 17v–19r, III: 11rv, 28rv, 31v, 49rv, IV: 32r–45v, 53r–56r.
Sämtliche Zeichnungen in den beiden oberen Seitendritteln in einem 125–140 × 190 mm großen, durch waagerechte Tintenlinie abgeteilten Raum über den Beischriften mit unmittelbarem Bildbezug, 43v und 46rv kleine Bildüberschriften.
Statisch wirkende, aber die diversen im Text beschriebenen Stellungen gut verdeutlichende und wohlproportionierte Kämpferpaare, sämtliche auf Wiesengrund, präzise Zeichnung der Rüstung mit wehenden schalartigen, gezaddelten oder geschlitzten Waffenröcken mit reichem Faltenwurf, teils kräftige Kolorierung vor allem des Rasengrundes, teils zartere Kolorierung von Kleidung und Rüstung in Deckfarben und Lavierungen, nicht ganz konsequente Individualisierungsversuche durch charakteristische Harnisch- und Helmdetails; in sämtlichen Fechtszenen liegen Teile der zu Boden gefallenen Bewaffnung zwischen den Kämpfenden; Tartschen und Stechschilde reich verziert und mit Georgs-Kreuz versehen.
Gegenüber der eng verwandten Handschrift Kraków, Ms. Berol. germ. quart. 16 (Nr. 38.2.2.) fehlen einige Abbildungen zum tödlichen Ausgang des Schwertfechtens, zum Kampf ohne Rüstung mit Stechschilden, Schwertern und Kolben und zum Fechten ohne Rüstung mit Schwert, Messer, Stäben, Buckler und schmalem (vngrischen) Schild, sowie die naturalistischen Verzierungen des Rasengrundes und die Helmbüsche der Gewappneten.
Grün, Gelb, Indischgelb, Rosé, Blau, nur bei Zeichner III auch Malgold an Rüstungsdetails.
Taf. IIb: 11v. Anonymus, ›Gladiatoria‹: Kampf mit dem Schwert nach dem Fallenlassen der Lanzen.
Abb. 13: 55v + 56r. Anonymus, ›Gladiatoria‹: Festhalten und Töten des Gegners mit dem Dolch.