38.2.6. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 78.2 Aug. 2º
Bearbeitet von Rainer Leng
KdiH-Band 4/2
Ca. 1465–1480, Wasserzeichen u. a. Hirschkopf
Norddeutschland.
1555 von einem unbekannten Zeugmeister Herzog Heinrich II. von Braunschweig-Lüneburg (1514–1568) geschenkt, Schenkungsvermerk Ir: Dyess ist H J. F. G. von furstlychen Braunschweygischen zeuckmeyster vereret worden Anno 55 den 17. Junii Curtte Mentten Alß Eyn allte antiquyttettyscheß vechte kampe vnde rynge buche vererredt worden, darunter Hinrich und diverse Federproben; 63r mit IOHAN BALDER evtl. ein weiterer Vorbesitzer.
1. | Irv |
Johannes Liechtenauer, ›Kunst des langen Schwertes‹
›Junck ritter leren / got leiff han vnde vroen eren / So wesset dyn ere / vber ruterschaff vnde lere‹ |
2. | 1r–2v | Abbildungen zum Stangenfechten, Schwertfechten, Kampf zwischen einem Mann und einer unbekleideten Frau mit langen Schwertern |
3. | 3r–28v | Bildkatalog Bloßfechten mit dem langen Schwert |
4. | 29r–31v | Bildkatalog Bloßfechten mit Spieß und Hellebarde |
5. | 32r–111r | Anonymus, ›Gladiatoria‹, gelegentliche Einschübe aus anderen Fechtbüchern |
7. | 113r–123r | Bildkatalog Ringen, Kampf mit Schwert und Buckler |
8. | 124r–157v | Konrad Kyeser, ›Bellifortis‹ deutsch, bearbeitete Auszüge, ergänzt durch Material aus weiteren kriegstechnischen Bilderhandschriften und Abbildungen zur Bautechnik |
Papier (je zwei Vor- und Nachsatzblätter Pergament, erstes und letztes Blatt jeweils vom Spiegel abgelöst), II + VI (Papier, I alt foliiert i, sonst nicht foliiert) 159 + II Blätter (ältere Foliierung 1–157, 37 und 111 zweimal vergeben), 295 × 210 mm, Bastarda von zwei Händen, Hand I: Irv und Beischriften 51v, 54r, 54v, 56v, 57r, 95v, 99r, 124r–157v, Hand II Beischriften mit Nähe zur Textualis (teils allein, teils Wiederholung der Beischriften von I): 42rv, 45r, 48v, 49r, 51v, 54r, 56rv, 57r, 58r, 61r–62r, 63v, 64rv, 66r; nur 63r (Waffenrock als Spruchband) in Capitalis IOHAN BALDER I. Z. V. E. V. H. G.), Irv zweispaltig mit 48–54 Zeilen, sonst nur 1–8zeilige Beischriften, keine Lombarden, nicht rubriziert.
Irv niederdeutsch, die Beischriften zur ›Gladiatoria‹ niederdeutsch von der bairischen Vorlage beeinflußt, die ›Bellifortis‹-Beischriften niederdeutsch.
Insgesamt 262 Federzeichnungen von einer Hand (in den ›Gladiatoria‹-Teilen vorlagenbedingt stilistisch abweichend), davon nur 19 im ›Bellifortis‹-Teil nicht koloriert, sonst aquarelliert und laviert, 51r unter den Kämpfern noch ein fein mit Bleistift vorgezeichneter Pferdekörper.
1r–111r 120–150 mm große Kämpferpaare fast ausschließlich in der oberen Seitenhälfte, die wenigen Beischriften (teils knappe Bildtitel, teils Textanfänge aus der ›Gladiatoria‹-Vorlage) unterhalb der Figuren bzw. zwischen den Beinen der Kämpfer in kleinen Rahmen; 113r–116r und 117r auch etwas kleinere Kämpferpaare in der unteren Seitenhälfte; 124r–157v ganzseitige Darstellungen mit mehrzeiligen Beischriften innerhalb und neben den Zeichnungen, teils auch quer.
In den Fechtbuchteilen durchgehend Kämpferpaare auf einem sich über die ganze Seitenbreite windenden, scharf begrenzten und grün kolorierten Band (unten meist Schlangenlinien, oben größere und unregelmäßige Ausbuchtungen), das einen Rasengrund mit Landschaftshintergrund darstellen soll; in den ›Gladiatoria‹-Teilen vorlagengemäß mit stilisiertem Pflanzenwuchs ergänzt; darauf statische Kämpferpaare in Frontansicht oder Halbprofil, rohe Figurenentwürfe, schwach laviert, in den Ringerbildern teils mit flächiger Farbfüllung der Bekleidung, innerhalb der ›Gladiatoria‹ mit grob skizzierten Rüstungen ohne Helmbusch, aber mit überlangen, mehrfach verschlungenen schalartigen, teils gezaddelten Waffenröcken, mit den Faltenwurf verstärkenden Schraffuren und teils kräftig roter Kolorierung von Waffenröcken und Schilden; Rüstungsdetails mit Nähe zu den feineren Abbildungen in Wien, P 5013 (Nr. 38.2.4.).
Schwert- und Ringkampf, Kriegs- und Bautechnik; vornehmlich aus dem Umfeld der ›Gladiatoria‹-Handschriften, dabei Ähnlichkeiten des ersten Teils 1r–31v mit der groben und textlosen ›Gladiatoria‹-Variante in Wien, Cod. 11093 (Nr. 38.2.5.), die eigentliche ›Gladiatoria‹-Abschrift 32r–111r eher orientiert am Vorbild von Wien, P 5013 (Nr. 38.2.4.).
Rot, Rosé, Grün, Braun, Blau, Gelb.
Abb. 14: 2r. Kampf zwischen einem Mann und einer unbekleideten Frau mit dem langen Schwert.
Abb. 15: 3r. Bloßfechten zu Fuß mit dem langen Schwert.