38.2.2. Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. Berol. germ. quart. 16 (olim Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz)
Bearbeitet von Rainer Leng
KdiH-Band 4/2
1. Hälfte 15. Jahrhundert nach
Oberdeutsch.
Herkunft unbekannt, ein mehrfach dargestelltes Wappen ist nicht als Auftraggeber-, sondern als St. Georgs-Wappen anzusehen (
1r–59r |
Anonymus, ›Gladiatoria‹
1v ›Merckcht den anfanckch des spiess wenn du czu dem ersten mal tritest in dye schrenck vnd du ansichtig wirst deinen widerteil‹ 1v–7r Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit Spieß, Tartsche, Schwert und Dolch unter Wiederaufnahme der weggeworfenen Waffen 7v–33r Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit den langen Schwertern 33v–49r Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit dem als degen bezeichneten Dolch, mit tödlichem Ausgang 49v–54r Kampf ohne Rüstung mit Stechschilden, Schwertern und Kolben 54v–55v Fechten ohne Rüstung mit Schwert, Messer, Stäben, Buckler und schmalem (vngrischen) Schild 56r–59r Varianten über das Festhalten des Gegners und das Anbringen des tödlichen Dolchstoßes |
Pergament, 58 Blätter, 180 × 195 mm, Titelblatt 1r GLADIATORIA in Capitalis Quadrata, sonst Bastarda von zwei Händen, I: 1v–7v, 9r–49r und 56r–59r mit Nähe zur Textualis (übereinstimmend mit Hand II in Wien, KK 5013, siehe Nr. 38.2.4.), II: 8rv und 49v–55v, beide einspaltig mit Bildunterschriften von 2–8 Zeilen, ohne Initialen, Lombarden oder Rubrizierung.
bairisch-österreichisch.
116 kolorierte, kaum schraffierte Federzeichnungen mit Aquarellierung und Deckfarben von einem Zeichner aus einer bayerischen (
Sämtliche Zeichnungen im oberen Seitendrittel in einem 210 × 150 mm großen, durch waagerechte Tintenlinie abgeteilten Raum über den Beischriften mit unmittelbarem Bildbezug.
Statisch wirkende, aber die diversen im Text beschriebenen Stellungen gut verdeutlichende und wohlproportionierte Kämpferpaare, sämtlich auf Wiesengrund mit Gras und teils stilisierten, teils naturalistischen Blumen und Früchten gestellt, präzise Zeichnung der Rüstung mit wehenden schalartigen Waffenröcken mit reichem Faltenwurf, auf den Rüstungen Ätzungen angedeutet, durchgehend mit Helmbüschen ausgestattet, kräftige Kolorierung mit Lichteffekten durch Aussparungen und Verdunklungen der Kolorierung; nicht ganz konsequente Individualisierungsversuche durch charakteristische Harnisch- und Helmdetails; in sämtlichen Fechtszenen liegen Teile der zu Boden gefallenen Bewaffnung zwischen den Kämpfenden; Tartschen und Stechschilde reich verziert und mit Georgs-Kreuz versehen, 54r–54v zwischen den Kämpfern an Nägeln aufgehängte Gegenstände (Taschen, Blumenkränze, Handschuhe).
Graublau, Kobalt, Grün, Oliv, Indischgelb, Zinnober, Karmin und Mischungen.
Abb. 9: 1v. Anonymus, ›Gladiatoria‹: Beginn des Kampfes.
Abb. 10: 55r. Anonymus, ›Gladiatoria‹: Kampf mit dem Messer und dem ungarischen Schild.