Das bekannteste deutsche Kräuterbuch des 15. Jahrhunderts ist der ›Gart der Gesundheit‹. Unter der Regie des Mainzer Domdechanten Bernhard von Breidenbach (auch: Breydenbach) wurde es zum ersten Mal 1485 von Peter Schöffer in Mainz gedruckt. Seinen Erfolg verdankt dieses Kräuterbuch, das insgesamt 435 Kapitel (382 pflanzliche, knapp 20 tierische und etwa 30 mineralische Drogen) umfasst, vor allem den 379 Holzschnitten. Ganz offensichtlich stieß der ›Gart‹ zu dieser Zeit in eine Marktlücke, denn schon bald erfolgten zahlreiche weitere Ausgaben. Allein 19 Auflagen bis 1500 listet der Gesamtkatalog der Wiegendrucke auf; bis 1783 erschienen insgesamt 88 Auflagen (Eduard Isphording: Kräuter und Blumen. Kommentiertes Bestandsverzeichnis der botanischen Bücher bis 1850 in der Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg. Nürnberg 2008, S. 117). Hinzu kommen drei erhaltene Abschriften (Nr. 70.3.1., Nr. 70.3.2., Nr. 70.3.3.) mit Illustrationen. Als Verfasser gilt der Frankfurter Stadtarzt Johann Wonnecke von Kaub, der aus verschiedenen mittelalterlichen Texten, u. a. auch aus dem deutschen ›Macer‹, sein Werk kompilierte. Der ›Gart‹ bildet vom Text her gleichsam den Abschluss der mittelalterlichen Kräuterbuchliteratur. Zukunftsweisend war die Absicht, jeder Pflanzenbeschreibung möglichst eine naturgetreue Abbildung beizugeben, um dem Leser so die Bestimmung der Pflanzen zu erleichtern. Die Darstellungen sind auf dem besten Weg, Eigenwert zu gewinnen. Text und Bild ergänzen sich in ihrem Informationsgehalt – ganz im Gegensatz etwa zu Hartlieb (70.2.) oder den Enzyklopädien (Stoffgruppe 22. ›Buch der Natur‹), bei denen die Illustrationen keinen eigenständigen naturkundlichen Erkenntnisgewinn bringen. Eine verlässliche Untersuchung, aus welchen Quellen der Text kompiliert wurde, steht immer noch aus; insbesondere ist der Anteil des ›Tractatus de herbis‹ nicht geklärt. Darüber hinaus fehlt die Darstellung der Überlieferungsgeschichte. Das größte Manko bei der Erforschung des ›Gart‹ ist schließlich das Fehlen einer kritischen Ausgabe.
Für die Einordnung der handschriftlichen Überlieferung war es daher nötig, zunächst das Bildprogramm der frühen Drucke in einem ausgewählten Abschnitt (Buchstabe A; der ›Gart‹ ist alphabetisch nach den lateinischen Pflanzennamen sortiert) miteinander zu vergleichen. Im Folgenden wurden nur die für die Beurteilung der handschriftlichen Überlieferung relevanten Drucke beschrieben. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die erhaltenen Handschriften ausschließlich vom Mainzer Erstdruck (Nr. 70.3.a.) bzw. von dem nur fünf Monate späteren Augsburger Nachdruck (Nr. 70.3.b.) abstammen.
Literatur zu den Illustrationen: Gundolf Keil: ›Gart der Gesundheit‹. In: 2VL 4 (1980), Sp. 1072–1092; Wolf-Dieter Müller-Jahncke: Die Pflanzenabbildung in Renaissance und Frühbarock. Ein Überblick. Pharmazeutische Zeitung 129 (1984), S. 2543–2549; Baumann/Baumann (2010) S. 111–176, 223–226.