KdiH

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66.2.2. Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek, S 500

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 7

Datierung:

1440–1445.

Lokalisierung:

Hagenau, Werkstatt Diebold Laubers.

Besitzgeschichte:

Möglicherweise im Auftrag des Grafen Wilhelm II. von Castell (Wappen 18r) hergestellt, Ir Besitzvermerk Anno 1628. Ex libris Reineri à Metternich zür Scherffen, Ambman zu misenlo (Reiner von Metternich zur Scherffen), nach 1655 in die Alte Universitätsbibliothek Duisburg, von dort 1818 in die Universitätsbibliothek Bonn gekommen.

Inhalt:
1v–269v Stricker, ›Karl der Große‹
1r leer, 1v–3v Kapitelverzeichnis, 4r–269v Text
Handschrift X
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, II + 269 + II Blätter (Blattverluste: je ein Blatt nach 12, 60, 166, 182 und 201, je zwei Blätter vor 1 und nach 3, 29, 39, 247 und 269, je drei Blätter nach 29 und 103, vier Blätter nach 7), moderne Foliierung oben rechts mit Bleistift, zeitgenössische Zählung der Bildseiten mit römischen Zahlen obere Seitenmitte, 265 × 195 mm, Hybrida, einspaltig, 19–25 Zeilen, drei Hände (Hand 1: 1v–3v, Hand 2: 4r, Z. 1–5, 86r– 269v, Hand 3: 4r, Z. 6 – 85v), eine Hand wird bislang mit dem Schreiber des ›Tristan‹ (Brüssel, Bibliothèque royale, ms. 14697, siehe Stoffgruppe 129.), des ›Edelsteins‹ Ulrich Boners (Cologny-Genève, Cod. Bodmer 42, Nr. 37.1.4.), der Bibel (Heidelberg, Cod. Pal. germ. 19, Nr. 14.0.6.) und des ›Parzival‹ (Heidelberg, Cod. Pal. germ. 339, siehe Stoffgruppe 99.; vgl. Saurma-Jeltsch [2001] Bd. 2, S. 8) identifiziert, rote Bildüberschriften, Rubrizierung.

Schreibsprache:

elsässisch.

II. Bildausstattung:

38 von ursprünglich 47 oder 48 ganzseitigen kolorierten Federzeichnungen erhalten (18r, 21v, 31r, 38v, 42v, 49v, 55r, 60v, 65v, 71r, 76v, 84v, 89r, 93v, 99r, 112r, 118r, 123r, 130r, 137r, 143v, 150r, 155v, 162r, 169v, 175v, 189r, 196v, 201v, 207v, 213v, 220r, 225r, 232r, 237v, 244r, 253r, 263r), Verlust der Illustrationen zu Kapitel 1–3, 6, 20, 30, 33, 44, 46 und 48, Maler der Gruppe A.

Format und Anordnung:

Mit den ungerahmten meist ganzseitigen Illustrationen, die nur in Ausnahmen einige Zeilen Text auf der Seite (z. B. 38v, 49v, 93v) aufweisen, gehört der Codex zu den typischen Erzeugnissen der Werkstatt Diebold Laubers. Die Bilder, die jeweils durch eine rote Überschrift erläutert werden, in relativ gleichbleibendem Abstand von etwa fünf bis sechs Blättern, oftmals auch in größerer Dichte eingefügt. Die Bildüberschriften entsprechen inhaltlich dem Kapitelverzeichnis zu Beginn des Codex, erweitern dieses aber durch weitere Angaben und Details. Bei der ursprünglichen Zählung der Bildseiten in roter Tinte ist zunächst ein Missverständnis unterlaufen, denn Bildnummer IIII wurde zweimal vergeben, möglicherweise da Bild 4 und 5 nahezu gleichen Inhalts sind. In der Folge von Bild 7 bis Bild 17 die Bildnummerierung mit schwarzer Tinte korrigiert.

Bildaufbau und -ausführung:

Die fast die ganze Höhe des Bildfeldes einnehmenden Figuren bewegen sich auf einem schmalen, durchweg mit deckendem Grün kolorierten Bodenstreifen mit geradliniger Unterkante, der für Außen- und Innenräume gleichermaßen verwendet wird (z. B. 175v). Den Mitarbeitern der Gruppe A, denen die Bildausstattung zuzuordnen ist, gelingt es die Figuren mit wenigen sicher und zugleich locker ausgeführten Strichen zu kennzeichnen (Saurma-Jeltsch [2001] Bd. 1, S. 101–103). Offene Konturen, lose hingeworfene Haarkringel und eine sparsame Binnengliederung der weich fließenden Gewänder durch prägnante Parallelfalten oder kurze Haken- und Haarnadelfalten reichen zumeist aus. Die Figuren besitzen eine tiefe, sehr schlanke Taille, vergleichsweise voluminöse Köpfe. Der bewegte Gesichtsausdruck, meist mit hochgezogenen Augenbrauen, die erstaunt anmuten, wird mit wenigen Federstrichen erreicht, eine den Mund bezeichnende geschwungene S-förmige Linie kann Gefühlsregungen von Besorgnis über Missmut bis hin zu Betrübnis ausdrücken. Meist werden die Figuren zu Gruppen von etwa vier bis sechs Personen arrangiert, deren Köpfe in die Höhe gestaffelt werden. Die geringe Überschneidung der Körper und Köpfe ermöglicht es, eine große Variation von eleganten Gewändern mit kostbaren und modischen Details wie mit Pelz gefasste Säume oder Zaddeln und unterschiedliche Kopfbedeckungen, federgeschmückte Hüte, pelzverbrämte Kappen oder Turbane und dergleichen mehr vorzuführen.

Bildthemen:

Die Illustrationen zeigen überwiegend Verhandlungen und Kampfszenen, bei denen sich die gegnerischen Parteien zumeist gegenüber stehen (Beschreibung der Bildinhalte vgl. Saurma-Jeltsch [2001] Bd. 2, S. 8 f.). Die Verhandlungen zeigen die Beteiligten meist mit beredter Gestik, nur in Ausnahmefällen wird eine hierarchische Differenzierung vorgenommen, wie etwa auf 49v, wenn eine Schar heidnischer Könige dem König Marsilie ihre Reverenz durch das Überreichen von Geschenken erweist und die Inszenierung durch die kniend anbetenden Könige ikonographisch dem Bildtyp der Darbringung der heiligen Drei Könige angenähert wird. Die kriegerischen Auseinandersetzungen werden als Kämpfe zu Fuß, gern auch als Zweikämpfe veranschaulicht (z. B. 89r, 93v, 112r, 123r, 143v, 155v, 213v, 220r), berittene Truppen und Reiterkämpfe bleiben die Ausnahme (99r, 150r, 207v, 263r), Sieg und Niederlage einer Partei werden des Öfteren durch einen Haufen Gefallener bezeichnet (z. B. 71r, 93v, 225r, 232r). Zwar werden die Heiden gewöhnlich durch Krummschwerter und die für sie bezeichnenden »phrygischen« Mützen gekennzeichnet, doch wird der Gegensatz zwischen Christentum und Heidentum weit weniger betont als in den früheren Bildfolgen (Nr. 66.2.1. und Nr. 66.2.4.). Göttliches Eingreifen und Wunderszenen, die Anbetung der Götzen und ihre Zerstörung, sind weit weniger zahlreich als in der St. Galler Handschrift, so fehlen im Vergleich etwa die himmlischen Erscheinungen beim Zweikampf mit Palligan (220r) und bei Karls Trauer auf dem Schlachtfeld von Roncevalles (232r) sowie die Wunderheilungen am Grab der christlichen Helden (237v, vgl. Nr. 66.2.4., 66r, 71r). Im verbliebenen Bildzyklus erscheint die hierarchische Position Kaiser Karls deutlich weniger akzentuiert – ein Bild, das ihn als thronenden Herrscher zeigt, fehlt – doch mag dieser Eindruck verlustbedingt sein, da die ersten drei Illustrationen dem Inhaltsverzeichnis nach zeigten, wie Karl das Schwert von einem Engel erhält und sich mit dem Kreuz zeichnet. Auffällig ist hingegen die Nähe der Szenenauswahl zur Bildfolge des ›Rolandslieds‹ im Heidelberger Manuskript (Nr. 66.1.1.), da gerade zu Beginn der wechselseitige Empfang von Gesandtschaften in mehreren Szenen veranschaulicht wird: der zweifache Empfang von Boten durch Karl (18r, 21v), Geneluns Reise und sein Eintreffen bei Marsilies (38v, 42v). Ob dies wie im Fall des ›Eneas-Romans‹ auf die Kenntnis älterer Bildzyklen zurückzuführen ist, muss jedoch offen bleiben (vgl. Nr. 31.0.3.).

Farben:

Grün in zwei verschiedenen Tönen, Ocker, Rostrot, Blau, Rosa, Braun.

Literatur:

Anton Klette / Joseph Ständer: Catalogi Chirographorum in Biblioteca academica Bonnensi servatorum. Bonn 1858–1876, Nr. 500; Handschriftencensus Rheinland (1993) Bd. I, S. 155, Nr. 207; Jürgen Geiss: Katalogisat in Manuscripta Mediaevalia http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj31275304. – Drescher (1906) S. 367–369; Bartsch (1857) S. 434; Paul Otto: Rheinische Handschriften der Universitätsbibliothek Bonn. Erich von Rath zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Paul Otto u. a. Bonn 1941, S. 9, 13; Braunfels (1965) Kat.-Nr. 730, S. 532; Lejeune/Stiennon (1966) Bd. 1, S. 262–266, Bd. 2, Abb. 212–236; Ott (1994) S. 93; Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 2, S. 8 f.; Bastert (2010) S. 460; Weber (2010) S. 54 f., 260.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XXXIa: 220r. Karl und Palligan im Zweikampf.

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Taf. XXXIa.