51.9.2. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Bücherei, Klemm-Sammlung I, 104
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 6
1481.
Freiburg.
Unter der ersten Miniatur ein (später durchgestrichener) Vermerk: den Clarissen zu Freyburg im breisgau gehöhrig. (16. Jahrhundert). – Seit August 1834 im Besitz von Karl Wilhelm Justi (1767–1846, Professor für Philosophie und Theologie und Superintendent in Marburg), später in dem seiner Familie: 2r K. W. Justi. 2. Aug. 1834, darunter: Ferdinand Justi. 1970 noch in Privatbesitz Potsdam, 1976 vom Zentralantiquariat der DDR an die Deutsche Bücherei verkauft. Durch Rechtsvergleich 2003 für die Dauer von zehn Jahren wieder rechtmäßiges Eigentum der Familie Justi und als Depositum im Buch- und Schriftmuseum, danach Eigentum des Museums.
1. | 14r–177v |
Dietrich von Apolda, ›Vita S. Elisabeth‹, deutsch
14r–v Vorrede Do ich dietrich ein bruͦder prediger ordens vnd priester … 15v–204v Vita Zvͦ den ziten do der herzog von schwoben genant phylippus der do wz keyser heinriches bruͦder … |
2. | 204v–206r | Gebet zu Elisabeth O Du selige gemahel Christi Sancta Elysabeth … |
3. | 206r–208r |
Elisabeth-Sequenz ›Gaude Syon quod egressus‹, deutsch Froͤwe dich syon dz do von dir yß ist gegangen die gezierde aller heilikeit …
vgl. |
4. | 209r–259v |
Gebet vom Leben der heiligen Elisabeth, aus dem Lateinischen von einem vatter kartuser ordens
209r–210v Vorrede Von dem edlen exempel aller tugenden der aller seligesten wittwen … 210v–259v Gebet Erfroͤwe dich alle zit vnd iemer ewiklich in dinem liebhaber dem herren Ihesu dem kúng der kúngen. Dv gesegnete nit allein des kúnges von vngern … |
5. | 259v–262v | Elisabeth-Antiphon Lieb du tochter syon froͤwe dich vnd erspring frölich |
6. | 262v | Über den Namen Elisabeth Sanct Jheronimus vnd Sanct Augustinus sprechent … |
7. | 263r–267v | Über den Tod von Margarethe von Ungarn, Bruder Hermann (Dominikaner), Hedwig von Schlesien, Johannes von Wildeshausen |
8. | 268r, 269r–v | Nachtrag zu Blatt 80r |
Papier und Pergament (Sexternionen, in der zweiten und siebten Lage ist das äußere Doppelblatt durch ein Pergamentdoppelblatt ersetzt; der zehnten, elften und fünfzehnten Lage ist je ein Einzelblatt aus Pergament beigefügt), 275 Blätter (zwei konkurrierende moderne Zählungen: maßgeblich ist die nur in Zehnerschritten fortschreitende Foliierung; eine unvollständige Paginierung 1ff beginnt mit Blatt 13r und endet mit 112v; unbeschrieben die erste Lage 1r–12v sowie 208v, 268v), 147 × 105 mm, einspaltig, 15 (ab 207r meist 17) Zeilen, ein Schreiber, Textura (275v: Item In dem M cccc vnd lxxxj. ior wart geschriben vnd vsbereit dis büchli vor dem hochgezit Annunciacione marie von schwester Elysabeth schriberin [Randnachtrag: oder voͤgtin] der gedenckent durch gott), mehrfach Randnachträge von Schreiberhand. Überschriften, Strichel und Caputzeichen rot, Kapitelinitialen über drei bis fünf Zeilen, rot-blau, z.T. mit figuralen Aussparungen in den Schäften, mit violettem Fleuronnée, 15v Z-Initiale über sieben Zeilen, blau-rot mit ausgesparten Phantasietieren und Engelskopf, Fleuronnée blau und violett mit kleinen Vierpassblüten, zweiseitige Randleiste.
niederalemannisch.
14 ganzseitige Deckfarbenminiaturen: 13r, 13v, 24r, 24v, 73r, 73v, 84r, 84v, 109r, 109v, 134r, 134v, 172r, 172v; eine Hand: Sibylla von Bondorf.
Die beidseitig bemalten Pergamentblätter bilden entweder das äußere Doppelblatt eines Sexternio (Blatt 13/24, 73/84) oder sind einem Sexternio zusätzlich beigebunden (109, 134, 172); die Miniaturen eingefasst in Farbleiste, wechselnd rot und grün, jeweils in der Gegenfarbe zum angrenzenden Farbgrund, ca. 95–100 × 75–80 mm; durch meist noch inliegende, Blatt 134r/v und 172r/v auch noch angeheftete Seidentüchlein geschützt.
Den übereinstimmenden Gesamteindruck, den »kindlich-zarte(n) und farbig-heitere(n) Grundton« der um 1480 im oder im Umfeld des Freiburger Klarissenklosters entstandenen Deckfarbenminiaturen, in deren Zentrum – neben der Bilderreihe zu der Klarissenregel in London, British Library, Add. 15686 – mehrere Zyklen zu franziskanischen Heiligenleben stehen (außer der vorliegenden Handschrift: Karlsruhe, Cod. Thennenbach 4, siehe Nr. 51.19.3., London, British Library, Add. 15710, siehe Nr. 51.11.2., München, Graphische Sammlung, Inv. Nr. 39837–45, siehe Nr. 51.11.4.), hat
Als Charakteristika der Elisabeth-Handschrift, die sie zumindest teilweise mit den anderen Bilderhandschriften aus dem Umfeld des Freiburger Klarissenklosters teilt, sind weiter zu nennen: in der Motivausgestaltung die Einbindung von handlungsbegleitenden Engeln (sehr häufig) sowie Gottvater, Christus oder Maria im oberen Bildraum, ferner die Ergänzung zweier Adorantinnentypen: eine Klarissin und eine Laiin in geblümtem Kleid (so auch in Karlsruhe, Cod. Thennenbach 4, London, Add. 15686); in der Text-Bild-Verknüpfung die zusätzliche Beifügung der auf separaten Einzel- oder Doppelblättern gemalten Bilder zu einem geschlossenen Text-Lagenverband (so z.T. auch in Karlsruhe, Cod. Thennenbach 4, London, Add. 15686, London, Add. 15710); dabei fällt das gelegentliche Hinzutreten von Bildern auf, die sich nicht unmittelbar als Illustration des Bezugstexts verstehen lassen, sondern die Geisteshaltung des Textes programmatisch um die Darstellung der Heiligen bzw. weiterer franziskanischer Heiliger ergänzen (hier 13r Franziskus und Klara, 13v Elisabeth mit dem Leidenskruzifix).
13r Franziskus und Klara (vgl. London Add. 15686, 1v), 13v Elisabeth mit Kruzifix (vgl. ebd. 32r), 24r Geburt Elisabeths, 24v die jugendliche Elisabeth, ausgestreckt vor dem Altar liegend, 73r Elisabeth wäscht Aussätzigen die Füße, 73v Ludwig entdeckt das wundersame Kreuz, 84r Elisabeth gibt armen Kindern Gaben, 84v Elisabeth speist die Armen, 109r Elisabeth und Kinder verlassen die Burg, 109v Elisabeth empfängt in den Armen Isentruts Gottes Trost, 134r der ungarische Gesandte bei Elisabeth, 134v Konrad schlägt Elisabeth, 172rElisabeths Gesang während ihrer letzten Krankheit, 172v Elisabeths Bestattung.
Ziegelrot, Zinnober, Grün – diese Töne glänzend, wie mit Eiweiß, die übrigen Farben matt –, leuchtendes Blau, Violettrot, Goldgelb, gelegentlich Zitronengelb, Deckweiß, Schwarz, Blattgold, Silber (oxidiert); charakteristisch ein mattes, laviertes Graubraun, nur für Dekor (Pelzbesatz) benutzt: Innenfutter von Mänteln, Mützenkrempe, Mantelrand.
Abb. 51.23: 134v. Dietrich von Apolda, ›Vita S. Elisabeth‹, deutsch: Konrad schlägt Elisabeth.