KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

39.6.4. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 599

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Datierung:

Teil I um 1473 (1.3.1473 nach 101v), Teil II um 1480 (Schneider [1978], S. 225 f.; Leng [2002] Bd. 2, S: 201 f.).

Lokalisierung:

Nordbayern, Ostfranken.

Besitzgeschichte:

Herkunft unbekannt; ein Pergamentfalz (nach Blatt 71) mit Abschrift einer vermutlich von Heinrich II. (1335–1347), Abt des Benediktinerklosters Weißenohe (Landkreis Forchheim) ausgestellten Urkunde könnte auf Weißenoher Provenienz deuten; dies ist allerdings durch die erhaltenen Kataloge nicht zu belegen (Kellner/Spethmann [1996] S. 580; Walter Lipp / Harald Gies: Die Staatliche Bibliothek [Provinzialbibliothek] Amberg und ihr Erbe aus den pfälzischen Klosterbibliotheken. Amberg 2. Aufl. 1992, S. 37 f.).

Inhalt:
1. 2r–47r Martin Merz (?), Büchsenmeisterbuch, Bildkatalog ohne Beischriften

3v–5r Mehrfachgeschütze (»Totenorgeln«), Mörser, 8r drehbares Turmgeschütz

9v Drehbank (Ähnlichkeiten zum ›Mittelalterlichen Hausbuch‹, vgl. Waldburg [1997] 53b), 10r Handbüchse mit Luntenschloß

12r ff. Karrenbüchsen (Ähnlichkeiten zum ›Mittelalterlichen Hausbuch‹, vgl. Waldburg [1997] 55a)

15r ff. Hebezeug

17v–18v Doppelseitige Darstellungen von großen Legestücken in mehrstufigen Balkenwiderlagern (ähnlich ›Mittelalterliches Hausbuch‹, vgl. Waldburg [1997] 54a)

19r–21r Transportable Schirme

22r–34v Steigzeug, verso jeweils Mauerkrallen, recto Steigleitern und -bäume, eingeschoben 31r Steinschloß einer Handbüchse

35r Winde und Feuerpfeil, 35v Feuerpfeil und größere Armbrust auf Räderlafette, 36rv Burgen mit Holzverbauung

37r ff. Bohrer, Zirkel, Haken, Klammern, Geißfüße, Zangen; eingeschoben einfache Sprengbomben und 42v–43r doppelseitiges Bild (auf dem Kopf stehend) einer großen fahrbaren Zugbrücke

2. 48r–62v ›Feuerwerkbuch von 1420‹, Bearbeitung, übereinstimmend mit Nr. 39.6.1.
3. 63r–65v Bildkatalog Feuerfässer, Bomben, Büchsen, Feuerkugeln und -pfeile mit Kurzbeischriften
4. 66r–101v Martin Merz, Kunst aus Büchsen zu schießen

›Hie hebt sich an ain bewerte warhaffte kunst die aus den püxsen zu schissen ffast enttlich wol dient‹

67r–96r Jeweils recto Zeichnungen von Kreissegmenten, schrittweise Konstruktion eines Quadranten, Abschnitten, Büchsen mit Visierlinien, mit nebenstehenden meist lat. Beischriften (streckenweise ähnlich Frankfurt, Ms. germ. qu. 14 [siehe Nr. 39.8.2.], 151ra–161ra, jedoch keine Textübereinstimmungen)

95v Autobiographische Notizen Vnd jch marte Mertz jn den nachgeschr. tzwaien jaren nach xpi gepurt tausent vierhundert vnd in dem lxx vnd lxxi jaren vor den hienach geschr. befessen drei hundert vnd xxvii tunnen puluer auß grossen wergk selbst verschossen (Leng [2002] Bd. 2, S. 202)

96v Aufstellung von Personal, Munition und Werkzeug für das Bedienen von Geschützen, zwölf Anleitungen zum Laden und Schießen

99r Salpeter-, Schwefel- und Pulverrezepte

100v Anleitungen für Feuerkugeln mit 101r drei Schemazeichnungen von Sprengkörpern

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 135 Blätter (zu herausgerissenen Seiten und Unregelmäßigkeiten der Foliierung Schneider [1978] S. 225 f.; Leng [2002] Bd. 2, S: 201 f.), 295 × 210 mm, Teil I (1r–47h) Bastarda, Hand I: längere Texte, einspaltig 29–44 Zeilen, Hand II: Bildunterschriften 63r–65v, Hand III: 62v Textergänzungen und Notizen (19. Jahrhundert); Teil II (48r–101v) Hand IV, Bastarda, einspaltig, 23–26 Zeilen (nach 95v Autograph Martin Merz, fraglich).

Schreibsprache:

Teil I nordbairisch, Teil II ostfränkisch.

II. Bildausstattung:

Insgesamt 85 Seiten mit meist einer, teils mehreren aquarellierten Federzeichnungen 2v, 3v–10v, 14r–15r, 16v–36v, 37v–46r, 47r, 63r–65v; dazu 33 nicht kolorierte und nur gegen Ende teilweise leicht lavierte schematische Federzeichnungen 67r–96r (jeweils nur recto) und 89v, 107r; 66r elfzeilige aufgeklebte silberne Initiale, von rotem Rankenwerk umrahmt, teils verschmiert; zu unterscheiden sind mehrere Zeichner; Zeichner I: 2v–47r, dazwischen von Zeichner II die mit reicheren Schraffuren in den Schatten und mit Hintergründen versehenen Zeichnungen 2v, 16v–18r, 19r–20v, 36rv, 45v; Zeichner I ähnlich Heidelberg, Cod. Pal. germ. 126 (Philipp Mönch [siehe Nr. 39.6.3.]) und übereinstimmend mit dem Zeichner von Wien, Liechtenstein Museum, Bibliothek, Hs. 8 (Nr. 39.6.7.), Zeichner II nahe an der in Cod. Pal. germ. 126, 44r nachträglich eingebrachten Skizze mit übereinstimmendem Motiv; Zeichner III: grobe Schemazeichnungen 63r–65v; Zeichner IV: Schemazeichnungen 67r–107r.

Format und Anordnung:

Größe wechselnd von 25 × 25 mm im laufenden Text (nur 107r) bis zur vorherrschenden ganzseitigen Darstellung (Hoch- und Querformat wechselnd), selten auch doppelseitig (16v/17r, 17v/18r, 33v/34r, 42v/43r); alle Zeichnungen rahmenlos; 2v–47v auf eigener Seite ohne Text, 63r–65v über kleiner Beischrift, 67r–107r mit wenigen Beischriften unter oder innerhalb der Zeichnung, ausführlichere Texte hier auf der Gegenseite.

Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

Zeichner I präzise gezeichnete Geräte in Seitenansicht oder leicht erhöhter Perspektive, wenig Schraffuren, durchgehende Holzmaserung, keine Hintergründe nur selten angedeutete Schatten, auffällig die durchgehende Nietung der Eisenbänder; Zeichner II ähnlicher Zeichenstil, aber mit deutlich mehr Schraffuren in den Schattenpartien und Hintergründen oder Rasengründen; Zeichner III nur ganz grobe und flächig kolorierte Skizzen; Zeichner IV zeichnerisch relativ unbegabt mit perspektivischen Schwächen, allerdings mit gutem Verständnis für Konstruktion und geometrische Zeichnungen (meist Schemazeichnungen mit Zirkel, Lineal und Winkel); der Bildkatalog von Teil I weist in einigen Teilen (bes. bei den Karrenbüchsen) Ähnlichkeiten zu den Formschneider-Hss. auf (bes. München, Cgm 734 [siehe Nr. 39.5.4.], 60v–71r); einige Abbildungen stimmen sehr gut mit dem ›Mittelalterlichen Hausbuch‹ überein; engere Verbindungen auch zu Heidelberg, Cod. Pal. germ. 126; Vorlagen für diese Handschrift vermutlich aus den Jahren 1471 (Martin Merz) und 1479 (Bildkatalog, vgl. Jähns [1889] S. 411) ehemals in der Fürstlich Liechtenstein’schen Bibliothek in Vaduz bzw. Wien (Kristeller 4 [1989] S. 316, *165-4-3 [jetzt siehe Nr. 39.6.1.]; Berg/Friedrich [1994] S. 180, Anm. 46); der Bildkatalog unter Nr. 1 stimmt präzise mit der Handschrift Nr. 8 der Liechtenstein’schen Bibliothek in Wien überein (siehe Nr. 39.6.7.) und die Anmerkungen zu Ms. 4 der Hauslab-Bibliothek bei Schneider [1868] S. 129f.); Pauskopie im Auftrag des Hans von Aufseß in Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 2995.

Farben:

Grau.

Literatur:

Schneider (1978) S. 225–226. – Essenwein (1972) Abb. Tafeln A LIII–LX; Jähns (1889) S. 409–411; P. Sixl: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen. Zeitschrift für historische Waffenkunde I (1897/99) S. 225–306. III (1903/05) S. 231–236 (mit Nachzeichnungen); Hassenstein (1941) S. 86 (Nr. b4); Gille (1964) S. 66. 235; Schmidtchen (1977) S. 182f.; Volker Schmidtchen: Merz, Martin. In: 2VL 6 (1987), Sp. 442 f.; Berg/Friedrich (1994) S. 178–181; Leng (2000a) S. 20; Berninger (2000) S. 67 f.; Leng (2002) Bd. 1, S. 243 f. u. ö., Bd. 2, S. 201–204.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 107: 85r. Martin Merz, Kunst aus Büchsen zu schießen: Schemazeichnung zu ballistischen Grundlagen des Schießens auf verschieden hohe Ziele.

Abb. 108: 7v. Anonymus, Büchsenmeisterbuch: Mörser.

39.6.4._Abb._107.jpg
Abb. 107.
39.6.4._Abb._108.jpg
Abb. 108.