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67.8. Dietrich Kolde (Coelde), ›Der kerstenen spiegel‹

Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser

KdiH-Band 7

Dietrich Kolde (auch Dietrich von Münster; von Osnabrück) wurde 1435 in Münster/Westfalen geboren. Nachdem er in den Orden der Augustinereremiten eingetreten war, studierte er an der Universität Köln und wurde ein angesehener Prediger im Rheinland und in den Niederlanden. Zwischen 1483 und 1486 trat er zu den Franziskanerobservanten der Kölner Ordensprovinz über. Er übte in diesem Orden das Amt des Guardians in Brüssel, Antwerpen und Löwen aus, wo er 1515 starb (vgl. Nordhoff [1875] S. 67–75, 166–173, 351–359; Benjamin de Troyer: Kolde, Dietrich. In: 2VL 5 [1985], Sp. 19–26; Schmitz [2011] S. 811–813).

Das am weitesten verbreitete Hauptwerk Koldes – neben Predigten und einer Reihe kleinerer Werke in der Volkssprache – war ›Der kerstenen spiegel‹ (›Christenspiegel‹). Kolde gab bereits in seiner Zeit als Augustinereremit eine kürzere Vorfassung in niederländischer Sprache im Druck heraus (Een scoon spieghel der simpelre menschen, GW 7135, Löwen, um 1480 oder um 1470 nach Drees [1954] S. 16*f. und Groeteken [1955] S. 62; dort als ›Kleiner Katechismus‹ bezeichnet; 24 Kapitel mit sechs Metallschnitten). Der Autor erweiterte danach das Werk unter dem Titel Der kerstenen spegel auf 46, mit Anhängen bis auf 52 Kapitel. Es bot katechetische Lehren für Laien, Glaubensbekenntnis, Gebete, die Zehn Gebote und die Gebote der Kirche, Sündenlehren, Lebensregeln, Werke der Barmherzigkeit, Sakramente, Gaben des Hl. Geistes, Acht Seligkeiten u. a., dazu einen Marienpsalter, Ablassregeln und -gebete und eine Sterbelehre, zum Teil mit weiteren Gebeten und Betrachtungen (Überschrift in Münster, G12 210 [Nr. 67.8.1.], 3r: Der kerstenen spegel uth genomen ghecorigert vnd vorbetert van broder Dirick van Münster van der mynnrebroder orden; 9r Inc. Want als sunte Augustinus secht dat de gheloue is en fundament alre dogenden […]). Groeteken (1955, S. 57, 189ff.), der dieses Werk als ›Mittlerer Katechismus‹ benennt, postuliert als Adressaten die Mitglieder der Kölner Salvator- und der Rosenkranzbruderschaft.

Groeteken (1955, S. 388–395) schreibt Kolde außerdem die Autorschaft des niederdeutsch und niederländisch überlieferten ›Spigel des kersten gheloven‹ zu, den er als ›Großen Katechismus‹ bezeichnet; vgl. auch Rita Schlusemann: Bibliographie der niederländischen Literatur in deutscher Übersetzung. Bd. 1. Niederländische Literatur bis 1550. Berlin 2011, S. 60, Nr. C-008D1. Zu dem in Handschriften und Drucken verbreiteten Text Dagmar Gottschall: ›Spiegels des Christenglaubens‹. In: 2VL 9 (1995), Sp. 100–104 (ohne Hinweis auf Kolde; mit weiterer Literatur).

Der ›Christenspiegel‹ fand im Spätmittelalter und darüber hinaus (bis 1708) in den Niederlanden und im norddeutschen Raum vor allem im Druck weite Verbreitung; vermutlich erschien zuerst ein heute verlorener Kölner Druck von Arndt van Aich um 1480 (vgl. Drees [1954] S. 18*, Nr. 2). Drees beschreibt insgesamt 34 Textzeugen, darunter nur eine einzige Handschrift; Groeteken (1955) spricht von 43 Ausgaben, de Troyer (1985) Sp. 20 geht von zwei Handschriften und mindestens 45 niederländischen und deutschen Drucken aus, davon 17 in Deutschland erschienenen (die meisten ripuarische in Köln; je zwei niederdeutsche in Lübeck und Rostock; eine hochdeutsche Bearbeitung des 17. Jahrhunderts in Mainz). Schmitz (2011, S. 813f. Anm. 9) listet allein 16 Kölner Drucke bis 1570 auf; neu hinzu fügt er den Druck Köln 1493 (siehe unten Nr. 67.8.c.).

Neben der unten vorgestellten Münsteraner Handschrift existiert nur ein weiterer handschriftlicher Textzeuge, ebenfalls in westfälischer Schreibsprache, der jedoch keinen figuralen Schmuck aufweist (Trier, Stadtbibliothek, Hs. 833/ 1368 8o, 135r–158r [nur Kap. 1–11], um 1500). Die Münsteraner Handschrift wird von Drees (1954, S. 69*–86*), der zwei Überlieferungsklassen (x und y) unterscheidet, der y-Gruppe zugerechnet, der neben einigen niederländischen auch die niederdeutschen Lübecker und Rostocker Druckausgaben angehören; er nimmt für die westfälische Handschrift und für den niederländischen Druck [Deventer: Richard Paffraet, um 1499] (GW 7143) eine gemeinsame Textvorlage an (allerdings unterscheiden sich Handschrift und Druck auf der Bildebene).

Viele der kleinformatigen Drucke, sowohl die niederländischen als auch die deutschen, wurden mit Holz- oder Metallschnitten versehen, zum Teil nur mit einem Initialbild, zum Teil auch mit mehreren Bildern, jedoch ohne besondere Abstimmung mit konkreten Textstellen. Sie beziehen sich inhaltlich auf die angesprochenen Grundthemen des christlichen Glaubens, vor allem auf die Passion Jesu (Kreuzigung, Geißelung), auf Maria, die Trinität usw., einige zeigen einen büßenden Sünder vor Christus, beichtende Menschen in der Kirche u. ä. Von den heute nachweisbaren deutschen Drucken sind neun Inkunabeln und Frühdrucke bis 1520 mit Holz- oder Metallschnitten verziert; es handelt sich hierbei sämtlich um Kölner, d. i. ripuarische Textausgaben. Dabei wurden mehrmals dieselben Bilder verwendet (zum Verhältnis der Kölner Drucke zueinander zuletzt Schmitz [2011] S. 822–825). Als Titelbild findet sich meist eine Darstellung Christi am Kreuz; in einigen Fällen Marienbilder zu Beginn der integrierten Mariengebete. Möglicherweise hat Kolde selbst auf die textliche und bildliche Gestaltung der Kölner Drucke Einfluss genommen. Das einzige Bild der Münsteraner Handschrift zeigt hierzu keine Parallele: Die Darstellung des hl. Franziskus rückt vielmehr die Zugehörigkeit des Autors zum Franziskanerorden ins Bewusstsein.

Eine andere Franziskus-Darstellung (der Heilige empfängt kniend die Wundmale) findet sich auch auf 1r in dem niederländischen Druck Löwen: Johann von Paderborn, [1482?/um 1496?], GW 7136; 1v folgt ein zweiter Holzschnitt, eine Augustinus-Darstellung (dieser auf einem Thron sitzend, mit einem Bild der Trinität im Schoß). Die zwei Darstellungen spiegeln die beiden Ordenszugehörigkeiten des Autors (vgl. Drees [1954] S. 24*f.; Abb. bei Jan Willem Holtrop: Monuments typographiques des Pays-Bas au quinzième siècle. Collection de Fac-Simile d’après les originaux conservés à la Bibliothèque Royale de la Haye et ailleurs. La Haye 1868, S. 50); textlich gehört dieser Druck jedoch zur x-Gruppe. Weitere Heiligendarstellungen (Bernhard, Martin, Anna Selbdritt) in niederländischen Drucken nennt Groeteken (1955) S. 410.

Die bei Drees (1954) S. 18*, 33* und 35* als Nr. 2, 20 und 24 aufgeführten Drucke Köln: Arnd von Aich, 1480 (vgl. auch Nordhoff [1875] S. 361ff., Nr. 2), Lübeck: [Georg Richolff], 1501 und Köln: Heinrich von Neuß, 1508 sind weiterhin nicht nachweisbar; über eine mögliche Illustrierung ist daher nichts bekannt. Zwei illustrierte Kölner Drucke (GW 0714520N, von 1493; siehe unten Nr. 67.8.c.; und VD16 C 4483, von 1520; Nr. 67.8.i.) sind andererseits bei Drees noch nicht genannt.

Bei dem Druck Borchling/Claussen (1931) Nr. 657, der bei Schmitz (2011) S. 814 Anm. 9 genannt wird, handelt es sich nicht um den ›Christenspiegel‹, sondern um ein anderes Werk Koldes, einer Messauslegung mit aszetisch-erbaulichen Betrachtungen des Leidens Jesu: Dat Boychelgyn der ewiger selicheit […]. Köln: Arnd van Aich, 1520; VD16 C 4483.

Editionen:

Clemens Drees: Der Christenspiegel des Dietrich Kolde von Münster. Werl 1954 (Franziskanische Forschungen 9), S. 3–372 (S. 3–27 ›Een scoon spieghel der simpelre menschen‹; S. 29–372 ›Der Kerstenen spiegel oft Hantboecxken wt gegeuen by Broeder Dierick van Munster‹ [synoptische Wiedergabe der x-Fassung der Kölner Drucke und der y-Fassung, die in niederländischen und niederdeutschen Textzeugen vertreten ist]).

Neuhochdeutsche Übersetzung des ›Scoon spieghel der simpelre menschen, Löwen 1480/ 1470: Albert Groeteken: Der älteste gedruckte deutsche Katechismus des sel. Dietrich Kolde. Franziskanische Studien 37 (1955), S. 53–74, 189–217, 388–410, hier S. 62–74.

Literatur zu den Illustrationen:

Josef Bernhard Nordhoff: P. Dederich Coelde und sein ›Christenspiegel‹. Monatsschrift für rheinisch-westfälische Geschichtsforschung und Altertumskunde 1 (1875), S. 67–75, 166–173, 351–365, 560–575. – Albert Groeteken: Der älteste gedruckte deutsche Katechismus des sel. Dietrich Kolde. Franziskanische Studien 37 (1955), S. 53–74, 189–217, 388–410, hier S. 408–410. – Wolfgang Schmitz: Eine unbekannte Ausgabe von Dietrich Coeldes Christenspiegel aus dem Jahre 1493. In: Ortskirche und Weltkirche in der Geschichte. Kölnische Geschichte zwischen Mittelalter und Zweitem Vatikanum. Festgabe für Norbert Trippen zum 75. Geburtstag. Hrsg. von Heinz Finger, Reimund Haas und Hermann-Josef Scheidgen. Köln u. a. 2011 (Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte 28), S. 811–826.