KdiH

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59.8.7. Wien, Schottenstift, Cod. 169 (Hübl 141)

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

Um 1460–70.

Lokalisierung:

Wien/Wiener Neustadt.

Besitzgeschichte:

Im 16. Jahrhundert im Besitz eines Protestanten (Liedeinträge 177r, Randbemerkungen bezeugen den späteren Gebrauch der Bibel als Lektionar).

Inhalt: Historienbibel IIIb
2*ra–8*va Register
Anfang fehlt
1ra–375rb Alte Ee
1ra–2ra Prolog
2ra–375rb Genesis bis Makkabäer II
mit dem ›Hiob‹ des Österreichischen Bibelübersetzers und dem ›Prophetenauszug‹
375va–442rb Psalter Selig ist der man der nicht gangen ist nach der posen rat …,
mit Cantica, Symbolum Quicumque, Te Deum, Benedictus, Heiligenlitanei
443ra–527vb Neue Ee
443ra–b Prolog I
443rb–444vb Prolog II
444vb–453ra Leben Jesu
bis zum Bericht über den 12jährigen Jesus im Tempel
453ra–492rb Evangelistar: Perikopen vom ersten Adventssonntag bis Pfingsten
492va–527vb Papst-Kaiser-Chronik
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, acht ungezählte und 520 von ehemals 527 Blättern (hier die alte Zählung statt der modernen Bleistiftzählung bis 529 benutzt; diese berücksichtigt fehlende Blätter nicht, bezieht das unfoliierte Register ein und kommt auf 529 beschriebene Blätter!), es fehlt das ungezählte Blatt 1*, ferner die Blätter 11, 12, 23, 24, 35, 36, 134; die Blätter 143–155 [eine Lage] sind fälschlich nach Blatt 238 eingebunden, Defekte mit Textverlust Blatt 181 und 447, Blatt 239 Text teilweise durch Überkleben unleserlich gemacht; 405 × 275 mm, zweispaltig, 38 Zeilen, saubere Bastarda, ein Schreiber (identisch mit Vorau 273 und Wien Kapuzinerkloster [Nr. 59.8.4. und Nr. 59.8.5.]), in der ersten Zeile einer Seite cadellenartig kalligraphierte Oberlängen (ausnahmsweise 110v–111r und an einigen weiteren Stellen mit der Feder dekoriert), abwechselnd rote und blaue, auch zweifarbige Lombarden über drei Zeilen mit Aussparungen, rote Strichel, Überschriften, Seitentitel, Caput-Zeichen.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch.

II. Bildausstattung:

501 erhaltene von ursprünglich ca. 508 vorhandenen Deckfarbenminiaturen und kolorierten Federzeichnungen, davon 411 zur Alten Ee (21 historisierte Initialen, 390 Textillustrationen), eine historisierte Initiale zum Psalter, 89 zur Neuen Ee (eine historisierte Initiale, 88 Textillustrationen); 2r–13v ausschließlich Deckfarbenminiaturen, ab 14r nur die Initialen gänzlich in Deckfarben, die Textillustrationen vorwiegend als kolorierte Federzeichnung. Eine Hand(?).

Format und Anordnung:

spaltenbreite Bilder, quadratisch bis hochrechteckig ca. 93–103 × 82 mm, ohne Beischrift zwischen dem Text. Die historisierten Initialen nicht in den Text eingerückt, sondern wie Miniaturen jeweils die gesamte Spaltenbreite oberhalb des Wortanschlusses einnehmend.

Bildaufbau und -ausführung:

Initialen mit Akanthusranken oder Rankenleiste, 2ra rot-grüner Wechselrahmen mit Rankenmuster, gepunzter Goldgrund, blauer Buchstabenkörper, dreiseitige Rankenleiste mit Flechtbandeinsatz, die Blätter durch Deckweißpunktleiste gehöht, mit Maske und Goldpollen mit vierseitigen Spiralausläufern; 4rb violett-blauer profilierter Wechselrahmen ohne Dekor, der Buchstabenkörper auf gepunztem Goldgrund.

Die Textillustrationen anfangs ähnlich aufwändig gestaltet: 7va, 8vb, 12va mit Goldgrund, sonst mit Deckfarben gemalter Himmel als Hintergrund. Ab Blatt 14 Wechsel zu kolorierter Federzeichnung und vereinfachtem Rahmendekor. Doch zunächst scheint es so, als sei nur die Technik mit dem Wechsel zu feingliedrigerer Zeichnung eine andere; die Konzeption, bis in die Gestaltung der Gesichtszüge hinein, bleibt konstant. Auch Landschaftsformationen wie die von 4rb (zwei Hügel, der eine mit Baumreihe als Saum, dazwischen ein eingeschnittener steiniger Weg) wiederholen sich, einzelne Charakteristika, z. B. flache Nasen mit betonten Nasenflügeln, kunstvoll ineinander verschlungene Turbane, pointillistisch gestrichelter Wiesengrund, aufgeschobene Felsformationen, bleiben erhalten. Zwischendurch wird aber immer wieder auch mit Deckfarben nachgearbeitet, z. B. 96vb Tabernakel, 95v Bundeslade mit Gold, 251va das Haus, 274rb das Gebüsch. Die Initialen dagegen fast alle (Ausnahme: 40v in kolorierter Federzeichnung) nach wie vor in Deckfarben mit punziertem Blattgold, vielfach mit Randdekor: entweder Ranken, die sich, den Initialrahmen gewissermaßen unterlaufend, aus dem Buchstabenkörper entwickeln, oder mit den Initialen unverbundene Rundstäbe mit Knäufen, aus denen sich Akanthusranken entwickeln; die Stäbe und Ranken endend in Blüten oder Phantasieformen, auch eingestreute Goldkugeln.

In den Textillustrationen agieren marionettenhafte Figuren steif auf der vorderen oder mittleren Bildebene. Ihre Mimik ist stereotyp, Gesichter mit großen Augen und heruntergezogenen Mundwinkeln scheinen stets Erschrecken auszudrücken, auch das gestische Repertoire ist beschränkt. Die Körper sind umhüllt von Gewändern, deren Falten durch Farbabstufungen hart markiert sind. Standfläche ist ein einfaches Bodenstück oder eine leicht hügelige Wiesenlandschaft mit Wegen, auf denen einzelne Feldsteine liegen; wo vom Text verlangt, auch mit kompakten Architekturkulissen; nur gelegentlich setzt sich die Landschaft in die Tiefe des Hintergrunds hinein fort (77rb, 216vb, 280va). Innenräume sind in markanter Draufsicht gestaltet, zuweilen bilden Bauelemente den Bildrahmen (103ra, 225ra). Manchmal kommt es zu Antagonismen: Die Enthauptung des Holofernes durch Judit (279rb) wird quasi freischwebend in den Raum gestellt, die wohl vorgesehene Innenraumkulisse wird ersetzt durch Zelte, die durch einen vorgeschobenen Bodenstreifen mit Weg in den Hintergrund versetzt werden.

Bildthemen:

Bildauswahl vor allem im alttestamentlichen Teil weitgehend übereinstimmend mit der Vorauer Historienbibel (Nr. 59.8.4.), auch einzelne Motive meint man wiedererkennen zu können, z. B. die kontinuierende Darstellungsweise: Batseba bittet für Adonija/Adonijas Tod (Wien 191va, Vorau 184vb), die Gestaltung des Ölfasses: Elischa und das Öl der Witwe (Wien 211vb, Vorau 204vb); signifikant ist auch, dass beide Handschriften die römische Geschichte mit einer Initiale beginnen, die einen römischen König zeigt (Wien 222vb, Vorau 215vb). Vielfach werden jedoch unterschiedliche Motive ins Bild gesetzt (z. B. im Bericht über Jiftach: Wien 144vb wählt das konventionellere Bildthema der Tochter Jiftachs, die ihrem Vater musizierend entgegentritt, Vorau 139va dagegen die Opferung der Tochter Jiftachs). In der Text-Bild-Zuordnung manche Unsicherheiten bzw. Verschiebungen, z. B. 225ra–b: irrtümlich oder vorsätzlich zwei Freiräume im Kapitel über die Venusverehrung angelegt, der eine für die Darstellung zweier Venuspaare im Tempel genutzt, der zweite für die Darstellung der Jupiterverehrung, die jedoch zum vorhergehenden Absatz gehört. Missverständlich ist 132ra die Landverteilung Josuas dargestellt: Zu sehen sind zwei Menschengruppen, die – offenbar jeweils auf einem Tisch(?) stehend – miteinander debattieren. Auch auf den Bericht über die Zerstückelung Nebukadnezzars geht der Buchmaler 264ra nicht schlüssig ein: Nebukadnezzar wird aufrecht stehend und lebendig dargestellt, obwohl laut Text seine Zerstückelung erst nach Exhumierung stattfand. Im neutestamentlichen Teil gibt es aufgrund der abweichenden Textvorlage für den Perikopenteil starke Abweichungen; von der Taufe Jesu bis zur Vertreibung der Händler aus dem Tempel sind die Bildprogramme identisch, danach entwickelt jede Handschrift ihre Bilderfolge eigenständig weiter.

Farben:

laviert und deckend; v. a. helles Kupfergrün, Rot, Violettrot, Blau, Grau, Ocker.

Literatur:

Hübl (1899) S. 149. – Vollmer (1912) S. 157–162, Nr. 64; Schöndorf (1967) S. 85; Ross (1971) S. 120, Abb. 172 (269ra); Kornrumpf (1991) S. 361. 367 u. ö.; von Bloh (1993) S. 319–322 u. ö., Abb. 70 (1ra). 71 (5ra). 72 (7va). 73 (8v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 41: 137v. Ehud ersticht König Eglon.

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Abb. 41.