KdiH

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59.8.6. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2766

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

Drittes Viertel 15. Jahrhundert (um 1460–70?).

Lokalisierung:

Wohl Wien.

Besitzgeschichte:

1r in der Rahmenornamentik das bislang nicht identifizierte Allianzwappen des Erstbesitzerpaars (Wappen des Mannes heraldisch rechts: roter Schrägbalken auf weißem Grund, Wappen der Frau, die aus einem den Habsburgern verwandten Haus stammt: heraldisch rechts Bindenschild, links Gold). Aus der Sammlung von Prinz Eugen von Savoyen (1663–1736) (Einband mit dessen Wappen), die 1738 in die Wiener Hofbibliothek übernommen wurde.

Inhalt: Historienbibel IIIb
1ra–231va Alte Ee
1ra–va Prolog
1va–231va Genesis bis Makkabäer II
mit dem ›Hiob‹ des Österreichischen Bibelübersetzers und dem ›Prophetenauszug‹
231vb–258vb Neue Ee
231vb–232ra Prolog I
232ra–232vb Prolog II
232vb–258vb Leben Jesu und Papst-Kaiser-Chronik
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 258 Blätter, dazu je zwei neue Papierblätter vorn und hinten, 475–480 × 340–346 mm, zweispaltig, 46–47 Zeilen, Bastarda, ein Schreiber, 52rb unten Notarzeichen kuntz kwͤrmrewter (15. Jahrhundert), das auf den Schreiber verweisen dürfte; rote Überschriften, Strichel, Unterstreichungen, Caput-Zeichen, Seitentitel (recto) mit Blattzählung, rote, blaue, grüne und violette Lombarden über zwei Zeilen, manchmal mit Fleuronnée. 4v oberer Blattrand Schriftband mit Eintrag Junkfraw Sant Cecilia. 58v Bleistiftnotiz des 16. Jahrhunderts: Hannß hat auch so lang geluederet das er ganß weiß worten ist.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch.

II. Bildausstattung:

58 Deckfarbeninitialen über fünf bis zehn Zeilen, davon zwei historisierte Initialen (1ra, 207rb), vielfach mit Ranken, auch Rankenleisten oder -stäben, gelegentlich den gesamten Schriftspiegel rahmend (1r), 222 Deckfarbenminiaturen, davon 198 zur Alten Ee, 24 zur Neuen Ee, mindestens zwei oder sogar fünf und mehr (Im Anfang war das Wort [2003]) Hände, die sich zum Teil in die Nähe des in den 1450–1460er Jahren in Wien tätigen Lehrbüchermeisters rücken lassen.

Format und Anordnung:

spaltenbreit, quadratisch bis rechteckig (durchschnittlich 100–125 × 95–105 mm), zwischen dem Text, in unmittelbarer Nähe der Bezugsstelle. Die einzige halbseitige Illustration kommt durch die Verbindung zweier zunächst separat gedachter Bildräume (51ra und 51rb) zustande. Ab 207rb hat die Wiener Handschrift wie Berlin, Ms. germ. fol. 1108 (Nr. 59.8.2.) neben der Ornamentinitiale jeweils ein Eingangsbild (217ra aus Raumgründen nicht vor dem Prophetenbuch, sondern im Text).

Bildaufbau und -ausführung:

Die Deckfarbeninitialen auf quadratisch oder rechteckig gerahmtem Ornamentgrund (Ranken, Rauten o. a., charakteristisch der Strahlenrahmen), Rankendekor weniger aus der Initiale herauswachsend, vielmehr unverbunden mit dieser (meist schlingen sich lediglich die Buchstabenschäfte um den berankten oder unberankten [173rb] Stiel), oft ausgehend von einem schlanken Ast oder Stab mit Goldknäufen, der sich – manchmal symmetrisch entfaltend – in langgestreckte Akanthusblätter und Ranken verzweigt, Rankenausläufer häufig in prachtvollen Blüten endend; eher selten opulente Rankenverschlingungen wie 183v oder 169r mit stachelig gezackten Blättern. Eingestreut sind Goldpollen und sternförmige Blüten; gelegentlich Tierdrolerien (1r, 18v, 44r, 104rb u. ö.), 1r zwei Wappen in einem Vierpassrahmen (s. o.).

Die Miniaturen in sorgfältig ornamentierten, profilierten Kastenrahmen, in Deckfarben oder Blattgold. Kleinteilige Handlungsdarstellungen in sorgfältiger Deckfarbenmalerei, meist in eher gedämpften Farben, oft auf Ornamentgrund (vorwiegend Rautenmuster), vielfach aber auch vor einem Landschaftshintergrund mit fast genrehaften Nebenszenen und Natur- oder angedeuteten, im Dunst verschwindenden Stadtsilhouetten am Horizont. Möbel, Bauten, auch Tiere sind oft in starker Schrägstellung wiedergegeben. Nur selten überschneiden Motivdetails minimal den Rahmen ( 110va). Dieser ist gelegentlich um einen inneren Architekturrahmen ergänzt, der eine auf die Bildmitte konzentrierte Darstellung umfasst (z. B. 56rb, 185va, 232ra, 237rb, 245vb). Häufig wird der Ausdruck der eher steif, selbst in Hinrichtungsszenen emotionslos agierenden Figuren von der Wirkung des dekorativen Hintergrunds überlagert (z. B. 32rb, 84ra, 118ra, 258ra). Manchmal sind Protagonisten wie Requisiten vom Rahmen so beschnitten, dass ihre Teilansicht eine besondere Fokussierung des Betrachterblicks bewirkt (z. B. 91ra, 113rb, 120va, 161va, 195vb). Die Miniaturen bis ungefähr Blatt 147 weisen eine andere Figurenkonzeption (schlanker, kleinere Köpfe) auf als die folgenden; auch die Farbgebung wechselt; gewählt werden meist gebrochene, gelegentlich gar düster wirkende Töne, die sich aber zuweilen auch pastellig aufhellen (54va); manchmal dagegen ist die Farbzusammenstellung auch auffallend kontrastreich, z. B. 85vb–86ra: Vordergrund sehr dunkel, im Hintergrund am Horizont strahlend helle Landschaftssilhouette unter wieder düsterem Himmel; ähnlich auch in den durch ihre Farbigkeit sich besonders abhebenden Bildern zu Elija und Elischa (130ra–135vb: Vordergrund besonders düster, Grün mit Schwarz ausgemischt, auch das Himmelsblau hat viel Weiß- und Grauanteile). Die Bilder 235va–236rb wirken merkwürdig schwammig, unfertig, als ob dort die Nachzeichnung fehlt, im letzten Bild 258ra fallen besonders große Köpfe auf, die Gesichter haben braunes Inkarnat und ungewohnt weit auseinanderstehende, große Augen.

Alle ausführenden Hände gehören in einen gemeinsamen Werkstattzusammenhang, die Konzeption des Bildprogramms ist einheitlich, es gibt keine wirklichen Nahtstellen oder Bearbeitungsbrüche. – Umrisse sind häufig mit der Feder nachgearbeitet.

Bildthemen:

Aufgrund ihrer Themenwahl rückt die Handschrift in enge Nähe zu Berlin Ms. germ. fol. 1108 (Nr. 59.8.2.). Mit der Berliner Handschrift teilt die Wiener vor allem den Wechsel von rein ornamentalen Initialen zu historisierten Initialen ab 207r (Jeremia), wobei Wien im Folgenden stattdessen Eingangsbilder und Schmuckinitialen einsetzt; bemerkenswert ist hier die von Berlin 1108 abweichende Motivwahl zum Buch Daniel: Das Eingangsbild zeigt nicht Daniel mit Schriftband (so Berlin 218va), sondern Gefangene (Männer, nicht Knaben) auf einem Wagen in der Obhut eines Wachmanns (218vb). Überhaupt zeigt Wien in Fällen, wo die Bildthemen voneinander abweichen, zuweilen die individuellere Variante: Wo Berlin im Buch Josua die Eroberung von Ai zeigt (68vb), ist in der Wiener Bildbeigabe zu dieser Passage zu sehen, wie der gehängte König von Ai vor die Stadt geworfen und mit Steinen überschüttet wird (79vb); wo Berlin in der Neuen Ee wie andere Handschriften das Motiv der Beschneidung wählt (236rb), illustriert Wien die anschließende Textstelle, die von der Ankunft der Drei Könige bei Herodes berichtet (235rb).

Farben:

reiche Palette mit sorgfältig ausgemischten Farben, selten ungebrochene Töne, Blattgold.

Literatur:

Menhardt 1 (1960) I, S. 270. – Merzdorf (1870) S. 63 f. (Hs. U); Vollmer (1912) S. 156 f., Nr. 63, Taf. XVI (51r); Holter (1939) Nr. 101; Kornrumpf (1991) S. 361 u. ö.; von Bloh (1993) S. 318 f. u. ö., Abb. 82 (1r). 83 (3r). Im Anfang war das Wort (2003) S. 272–281, Abb. S. 243 (68vb). S. 272 (54va). S. 273 (5va Detail). S. 274 (1r). S. 276 (39v, 51r). S. 277 (59va). S. 278 (70r beide, 113r beide). S. 279 (143ra). S. 280 (207r und 231v). S. 281 (228rb Detail).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 36: 228r. Prophet Jona / Jona im Wal.

Abb. 37: 51r. Mose teilt das Rote Meer.

Abb. 38: 247r. Papst Gregorius.

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