93.9. Magdalena von Freiburg, ›Paternoster-Gebetbuch‹
Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser
KdiH-Band 9
Magdalena (Beutlerin) von Freiburg (1407−1458), Klarissin im Freiburger Konvent, war eine Visionärin, die extreme aszetische Übungen pflegte (Vorstellung von ›Heiliger Krankheit‹). Sie war umstritten als angebliche Hysterica, die 1431 ihren eigenen mystischen Tod prognostizierte, der dann nicht eintrat; von ihren Mitschwestern und Zeitgenossen wurde sie aber verehrt und respektiert, auch als Reformerin ihres Konvents. Die zeitgenössische Vita ihres Beichtvaters enthält einen Bericht über ihr Leben und ihre Visionen; Magdalenas eigener Anteil daran ist unklar, zumal der Text bereits vor ihrem Tod geschrieben wurde. Johannes Nider berichtet in seinem ›Formicarius‹ (Buch 3, Kap. 8) skeptisch über Magdalenas geistliche Praktiken und Visionen.
Werke: Das sog. ›Magdalenen-Buch‹ enthält Visionen, Gebetstexte, Prophezeiungen und Briefe Magdalenas, die zum Teil auch einzeln überliefert sind (vgl.
Bescheidene Illustrationen sind nur im ›Paternoster-Gebetbuch‹ enthalten. Der umfangreiche Text besteht aus Gebeten und Meditationen, die ausgehend von den vielfach wiederholten Sätzen des Vaterunsers, aber auch aus dem Credo und dem Ave Maria entwickelt werden; es handelt sich also um keine Auslegung und Erklärung im didaktisch-katechetischen Sinn. Die Bezeichnung des Werkes als ›Erklärung des Vaterunsers‹, die auch im Titel der Ausgabe von
Der Text existiert außer in der unten vorgestellten Karlsruher (ehemals Donaueschinger) Handschrift nur noch in Exzerpten in einer Sammlung von Meditationen und Gebeten in Darmstadt, Hs 193, sowie in einer neuzeitlichen Teilüberlieferung in Einsiedeln, Cod. 470 (906), von 1637. Der aus dem 15. Jahrhundert stammende Karlsruher Textzeuge ist eine Duodezhandschrift, die mit einigen groben Federzeichnungen geschmückt ist.