Im Jahr 1520 ließ Albrecht von Brandenburg (1490–1545), Erzbischof von Magdeburg und Mainz, Bischof von Halberstadt und seit 1518 auch Kardinal, in Halle ein Heiltumsbuch seiner beträchtlichen Reliquiensammlung drucken (52.4.a.). Wenige Jahre später, kurz nach 1525, ließ er den Reliquienschatz erneut aufzeichnen, diesmal in eine Pergament-Handschrift (Nr. 52.4.1.), als persönliche Dokumentation seiner Sammlung.
In der Handschrift wurde die Auswahl der Reliquiare gegenüber dem Druck stark verändert, besonders im ersten Gang sind viele Stücke dazugekommen; auch die Reihenfolge wurde leicht abgewandelt (vgl. hierzu das Register von Térey [1892] S. 67–76). Es ist auffällig, dass Druck und Handschrift sehr unterschiedlichen ästhetischen Idealen folgen: Der häufig frei ausdeutenden Wiedergabe der Reliquiare im Druck steht in der Handschrift das Ziel von Wirklichkeitsnähe gegenüber. Dennoch sind beide Medien über den Auftraggeber, den Inhalt und nicht zuletzt auch über Bildliches (wie die kalligraphischen Flechtwerk-Elemente) aufeinander bezogen.
Im Unterschied zum Druck enthält die Vorrede zur Handschrift Auszüge aus den Worten, die der Heiltumsschreier zu sprechen hatte. Das hat Redlich (siehe unten Literatur) S. 245 zu der Annahme veranlasst, die Handschrift sei zum Gebrauch bei Heiltumsweisungen durch den Schreier konzipiert worden. Dem muss in Hinblick auf das Format und die Kostbarkeit der Ausstattung sowie grundsätzlich wegen des Vorhandenseins von Abbildungen in der Handschrift widersprochen werden (vgl. auch die Einleitung zu 52.2.). Anders als der Druck sollte die Handschrift vielmehr gerade nicht den Bezug zu einer Öffentlichkeit herstellen, sondern ihre Funktion lag in der Privatheit. Albrecht ließ sich ein persönliches Exemplar in Luxus-Ausstattung anfertigen, nachdem durch Einwirken Luthers nach 1521 weitere Heiltumsweisungen oder Drucke politisch nicht mehr haltbar waren.