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29.4B. ›Rosengarten-Spiel‹

Bearbeitet von Norbert H. Ott

KdiH-Band 4/1

Der Rosengarten-Stoff ist nicht nur in wenigstens fünf epischen Versionen überliefert, sondern liegt auch in zwei dramatisierten Fassungen vor: dem auf 1511 datierten Tiroler ›Reckenspiel‹ (Ain vasnacht spill von den risn oder reckhn) in Vigil Rabers Sterzinger Spiele-Sammlung (Sterzing/Vipiteno, Stadtarchiv, Ms. 8) und den sog. ›Berliner Rosengartenspiel-Fragmenten‹ aus einer vermutlich 1533 wohl im nördlichen Bayern entstandenen illustrierten Handschrift. Beide Fassungen beruhen auf derselben Dramatisierung, die mit der Textfassung der Heldenbuch-Drucke verwandt zu sein scheint, wenn sie auch kaum direkt »aus dem bekannten drucke geflossen« ist, wie Georg Holz (Die Gedichte vom Rosengarten zu Worms. Halle 1893. Nachdruck Hildesheim/ New York 1982, S. XCIX) postulierte. Während der Sterzinger Text nur sechs der zwölf Zweikämpfe auswählt, überliefert das Berliner Fragment noch acht Paarungen, deren drei auch in Rabers Spiel vorkommen. Anders als in der Druckfassung aber bestreiten im Tiroler ›Reckenspiel‹ – wie in der Version, die auch der Heidelberger Cod. Pal. germ. 359 (Nr. 29.4A.2.) tradiert – Hildebrand und Gibich (nach Dietrich und Siegfried) den Schlußkampf. Gegen die direkte Abhängigkeit des ›Rosengarten-Spiels‹ von der Druckfassung sprechen auch die Illustrationen. Denn hätte der Bearbeiter das um 1479 bei Johann Prüss in Straßburg gedruckte Heldenbuch (Nr. 29.4A.a.) als Textvorlage benutzt – oder, falls die Datierung der Berliner Handschrift in der Illustration auf Bl. 6r zutrifft, einen der beiden vor 1533 erschienenen Folgedrucke (Augsburg: Johann Schönsperger, 1491: Nr. 29.4A.b.; Hagenau: Heinrich Gran für Johann Knobloch in Straßburg, 1509: Nr. 29.4A.c.) –, wäre es naheliegend, daß auch die Handschriftenillustrationen, wie in vergleichbaren Fällen solchen Medienwechsels häufig zu beobachten, sich die Ikonographie der Druckholzschnitte angeeignet hätten. Dies aber ist, trotz ihres linearen, der Druckgraphik, besonders dem Kupferstich verwandten Stils, nicht der Fall.

Die Handschrift des Berliner ›Rosengarten-Spiels‹ war konzipiert als Lese- und »Schau«-Handschrift von einigem Anspruch, wie schon das Layout vermittelt: Die zweispaltigen, in sorgfältiger Kurrentschrift angelegten Sprechtexte werden von einspaltigen zweizeiligen Sprechanweisungen in penibel geschriebener und mit Zierschnörkeln versehener Fraktur auf der Blattmitte eingeleitet, die mitunter die Handlung knapp referieren oder, falls sie über oder unter den Illustrationen stehen, zugleich als Bildtituli fungieren. Dominiert werden die Seiten jedoch von den großen, unkolorierten Federzeichnungen, deren künstlerischer Anspruch nicht nur in der souveränen Nutzung einer »neuen«, graphischen, auf Farbe verzichtenden, dem Kupferstich verwandten Illustrationstechnik liegt, sondern auch aus der variationsreichen, ja üppigen Schilderung von Sachdetails wie den luxuriösen Plattenrüstungen und Helmen der Kämpfer spricht. Mit dem Berliner und dem Kopenhagener Weltgerichtsspiel (Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 722; København, Det Kongelike Bibliotek, Mscr. Thott 112,4°), dem Schwäbischen Weihnachtsspiel (Cambridge, Mass., Harvard University, Houghton Library, Ms. Ger. 74) und Fragmenten des Donaueschinger Weltgerichtsspiels (Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Donaueschingen 136), das nur Leerräume für Illustrationen enthält, gehören die Berliner Fragmente zu den wenigen illustrierten Spiele-Handschriften.

Editionen:

Wilhelm Grimm: Bruchstücke einer Bearbeitung des Rosengartens. ZfdA 11 (1859), S. 243–253. Wieder abgedruckt in Wilhelm Grimm: Kleinere Schriften. Bd. 4. Gütersloh 1887, S. 468–478; Christiane Krusenbaum/Christian Seebald: Maximilian im Rosengarten. Materialität und Funktionalität der ›Berliner Fragmente eines Rosengartenspiels‹ (Ms. germ. fol. 800). PBB 128 (2006), S. 92–132, hier S. 108–118 [Transkription].