KdiH

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38.3.8. Wien, Kunsthistorisches Museum, Hofjagd- und Rüstkammer, KK 5342 (bisher P 5342 B; olim Österreichische Nationalbibliothek, Ambras 55)

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Datierung:

Ca. 1480–1500, Wasserzeichen ähnlich Piccard XIV, I,830 ff.: Süddeutschland ab 1483 (1459 Hergsell [1889, Ambraser Codex] und Wierschin [1965] S. 36, Mitte 15. Jahrhundert Hils [1985a] S. 124, vor 1459 Hils [1983] S. 102).

Lokalisierung:

Oberdeutsch.

Besitzgeschichte:

Auftraggeber und Erstbesitzer unbekannt; die Handschrift war ursprünglich zusammengebunden mit einem lat. ›Bellifortis‹ (KK 5342 A), Elsaß, um 1430, stammt jedoch nicht aus demselben Entstehungszusammenhang; im Ambraser Verlassenschaftsinventar Erzherzog Ferdinands zusammen mit dem ›Bellifortis‹ als Kampfbuech Künsegg verzeichnet (Boeheim [1888] S. CCLXXXIX), demnach vor 1596 auf Schloß Ambras, beim Abtransport der Ambraser Handschriften nach Wien 1665 vom Ambraser Schloßhauptmann verheimlicht und deshalb erst 1806 vor den anrückenden französischen Truppen nach Wien verbracht, dort jedoch nicht in die Bibliothek, sondern in die Kunstsammlungen des Kaiserhauses gelangt.

Inhalt:
1r–64r Hans Talhoffer, Fechtbuch

1r Fechtlehre

›Item Es ist zw wissen des Ersten wen byderman zeschaffen‹

1v Johannes Liechtenauer, Merkverse

›Jung man nuͦn lern / Got lieb han vnd ern‹

2r–23v Kampf Gewappneter mit dem langen Schwert, Bilderfolge beginnend mit dem Gebet eines knieenden Gewappneten mit leerem Spruchband an einem Katafalk, gefolgt von Kampfszenen, 9v–11r Einzug der Kämpfer in den Kampfring, tödlicher Ausgang, Gebet des Siegers 23r und Übergabe des Schwerts von Talhoffer an Leutold 23v

24r–34v Kampf Ungewappneter mit dem Dolch, beginnend mit der Übergabe des Dolchs von Talhoffer an Leutold

35r–37v und 42r–47v Ringen

48r–52r Bloßfechten zu Fuß mit Stange und Spieß

52v–64r Kampf Gewappneter zu Pferd mit Spieß und langem Schwert einschließlich Ringen, Schlußbild Leutold und Talhoffer zu Pferd mit Fechterwappen: zwei gekreuzte Schwerter durch Krone

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 66 Blätter (modern mit Blei foliiert, daneben mehrere weitere neuere Bleistift- und ältere Tintenfoliierungen, nach 37 ein Blatt teilweise herausgetrennt und mit Blei 37a foliiert), 310 × 215 mm, heute einbandlos und ungebunden in zwei Lagen zu 21 bzw. 12 Doppelblättern, Hand I: 1rv Bastarda mit stark kursiven Elementen, 1r einspaltig 29 Zeilen, 1v zweispaltig 28 Zeilen, Hand II: Bastarda mit 3r–34v mit 1–4zeiligen Beischriften; keine Initialen oder Lombarden, nicht rubriziert.

Schreibsprache:

schwäbisch.

II. Bildausstattung:

108 aquarellierte und lavierte Federzeichnungen von der Hand eines mitunter sehr flüchtig arbeitenden Zeichners.

Format und Anordnung:

Überwiegend ganzseitige bis 300 × 210 mm große Illustrationen, Beischriften entweder darüber oder in das Bild integriert, ungerahmt, 5v/6r, 6v/7r, 7v/8r, 8v/9r, 9v/10r, 10v/11r, 11v/12r, 12v/13r doppelseitige Illustrationen, 43r Illustration auf mißlungener und mit Deckweiß getilgter Zeichnung.

Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

160–200 mm hohe Kämpferpaare auf kräftig koloriertem Rasengrund, mit bildbegrenzendem Kampfring nur 10r–22r, 48r–64r im Querformat jeweils auf den linken Seitenrand gestellt, grobe Skizzen mit reichlichen Schraffuren, gelegentliche Schwächen bei Proportionen, Körperhaltungen und Rüstungsdetails, rasche und flüchtige Arbeit, die Rasengründe mit dickem Pinsel koloriert, die Figuren in der ersten Lage etwas sorgfältiger schattierend bis füllend aquarelliert, in der zweiten Lage nur noch in höchstens zwei Tönen schattierend laviert und koloriert, häufig insbesondere die Rasengründe durch rasches Zusammenlegen der feuchten Blätter auf die gegenüberliegende Seite durchgeschlagen; unvollständige und rasche Kopie des Codex Königseggwald, Gräfl. Schloß, Hs. XIX, 17–3 (Nr. 38.3.5.); nach Hils (1985a) S. 124 als Werkstattexemplar bei dessen Herstellung entstanden, tatsächlich jedoch spätere Kopie.

Farben:

Grün, Ocker, Blau, Schwarz, Grau, Braun und Mischungen.

Faksimile:

Hergsell (1889, Ambraser Codex), verkleinerter Neudruck mit französischer Übersetzung bei Gaurin (2006) S. 137, 343–446.

Literatur:

von Sacken (1855) S. 243; Primisser (1972) S. 286; Wierschin (1965) S. 36 (Nr. 36); Thomas / Gamber (1976) S. 66 f.; Hils (1983) S. 97–109 (TO A); Hils (1985a) S. 124 f. (Nr. 49); Müller (1992) S. 271–274; Keil (1995) Sp. 593.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. Vb: 2r. Hans Talhoffer, Fechtbuch: Knieender Gewappneter vor leerem Katafalk.

Abb. 26: 23r. Hans Talhoffer, Fechtbuch: Gebet des Siegers.

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Taf. Vb.
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Abb. 26.