35.0.1. Göttweig, Stiftsbibliothek, Cod. 222 (rot), 198 (schwarz) (olim XV. 198)
Bearbeitet von Martin Roland
KdiH-Band 4/1
2. Viertel 15. Jahrhundert.
Österreich.
Der Eintrag auf dem Spiegel des Vorderdeckels (wir Gerg Prandsteder purgermeister – 1508/09–1574; Wiener Bürgermeister 1558/59, 1568/69 und 1572/73; vgl.
1r–365v |
›Klosterneuburger Evangelienwerk‹
Erstfassung |
Papier (Wasserzeichen Waage im Kreis, nach
Rubriken, rote Unterstreichungen, rot gestrichelte Satzanfänge, zwei- bis fünfzeilige rote, blaue oder grüne Lombarden mit rotem, blauem, grünem oder braun-schwarzem Fleuronnée. In den Binnenfeldern vor allem Knospenreihen; die oft schnabelartigen Knospen mitunter innen gestrichelt. Besatz mit Begleitlinien, links Perlenreihen. Mitunter in der Sorgfalt der Ausführung schwankende Profilmasken (37r mit seltsamem Hut; 108r mit Zeigefinger im Mund, 276v und 281v mit Mitra), mitunter auch Tierköpfe: wohl Esel (z. B. 16r, 147r, 259v, 277v, 349v) und weitere Tiere: Schwein (90r, 350r), Vogel (209v [?]), Hund (265v). 17r sorgfältig ausgeführter Profilkopf mit Bart. Fadenfortsätze mit Knotenschlinge (z. B. 5v) oder Herzblatt als Ende. Vier größere Initialen, so 1r ein 90 mm hohes A mit aus dem Buchstabenkörper ausgesparter Palmettenranke; übliches Fleuronnée jedoch reicher: Besatz mit Linienpyramide bereichert; zusätzlich zu den Fadenfortsätzen rot/grüne Silhouettenblattranke. Acht- bis elfzeilige Fleuronnée-Lombarden 28r, 288r (mit Frontalmaske im Binnenfeld), 334r.
bairisch-österreichisch (
Fleuronnée-Lombarden mit figürlichem Schmuck, der in den Dekor außerhalb der Lombarde eingebunden ist. Die Figuren sind untersetzt und – vor allem verglichen mit dem nur wenig älteren Exemplar in Klosterneuburg (Nr. 35.0.2.) – nicht mehr von subtil »ziselierter« Feinheit, sondern von bodenständigem Zuschnitt, den auch die einfache Technik der kolorierten Federzeichnung unterstützt. Merkmale wie der Einband, die (nicht nachvollziehbare) Wasserzeichendatierung
Aufgenommen wurden nur Motive, die durch Kolorierung hervorgehoben sind bzw. über Textbezug verfügen:
10v | Kopf (Christustyp) mit Dornenkrone (?). Zu den Prophetien zur Verkündigung. [Schaffhausen 4r] |
21r | Weibliche Büste mit Kopftuch (wohl Elisabet) im Wolkenkranz. Zu Lc 1,57–80 (Geburt und Beschneidung Johannes’ des Täufers). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 26v mit Initiale] |
34r | Kopf eines Königs. Zu Prophetien zum Unglauben der Juden. [In der Zweitfassung vor der Passion: Schaffhausen 221r] |
38v | Halbfigur eines Engels, Wolken und Strahlenkranz. Zur ersten Prophetie zur Darstellung im Tempel (Mal 3,1 mit Erwähnung eines Engels). [Schaffhausen 16r] |
41v | Vorderer Teil eines Esels mit Maria und dem Kind auf dem Arm. Zu Mt 2,13–18 (Flucht nach Ägypten und Kindermord). [Schaffhausen 19r] |
68v | Bildverlust (wohl Tanz der Herodias). Zu Mc 6,21a–31a (Hinrichtung Johannes’ des Täufers). [Schaffhausen 53r] |
68v | Kopf des Herodes. Zur zugehörigen Glosse. [Schaffhausen 53r] |
69r | Kopf mit Bart und phrygischer Mütze. Zu Lc 5,1–11 (Berufung der ersten Jünger). [Schaffhausen 38r] |
73v | Bildverlust. Zu Lc 4,31–37 (Heilung eines Besessenen). [Schaffhausen 56v] |
79v | Profilmaske wie üblich, hier jedoch koloriert. Zu Lc 4,40–41 (Heilungen). [Schaffhausen 67v] |
86v | Tänzerisch bewegter nackter Jüngling. Zur Glosse zu Io 6,22–36 (Brot vom Himmel). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 91r–91v mit Initiale beim Evangelium] |
99v | Als Buchstabenausläufer ein großer Profilkopf mit Krone. Zu Lc 18,1–8 (ungerechter Richter und unbequeme Witwe). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 129r] |
100v | Profilkopf mit Schnurrbart oben leicht beschnitten (Bildverlust ?). Zur Glosse zu Lc 11,1–4 (Vater unser). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 130r] |
134r | Kelch mit Hostie. Zu Io 6,37–71 (Jesus als Brot vom Himmel). [In der Zweitfassung an ganz anderer Stelle: Schaffhausen 192r] |
149v | Kolorierte Profilmaske (ebenso 152v, 155v). |
157v | Vorderteil eines aufgezäumten Pferdes. Zu Mt 17,14–20 (Jesus heilt einen besessenen Knaben; Textbezug ?). [Schaffhausen 87v] |
160r | Aus dem Buchstabenkörper ragt ein Hahn. Zu Mt 18,1–9 (Wer ist der Größte?). [Schaffhausen 114v–115r] |
161v | Kolorierte Dreiviertelprofilmaske. |
178v | Dreiviertelprofil des hl. Johannes mit Nimbus. Zur Glosse zu Mc 9,38–40 (fremde Wundertäter). [Schaffhausen 139r] |
181r | Kolorierte Profilmaske. |
212v | Zwei kolorierte Profilmasken (eine mit merkwürdigem Hut, vgl. auch 37r). |
213v | Kolorierte Profilmaske (Hut wie 212v). |
214v | Bildverlust. Zu Lc 13,1–35 (Mahnung zur Umkehr). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 217v] |
226v | Kolorierte Dreiviertelprofilmaske mit Mitra (vgl. 276v). Zu Lc 19,41–44 (Klage um Jerusalem). [Schaffhausen 178r] |
231v | Jesus stehend mit dem auf dem Baum sitzenden Zachäus. Zu Lc 19,1–28. [Schaffhausen 183r] |
243r | Weibliche Figur mit Kinnschal und Kopftuch in reich drapiertem Gewand, darüber Jesus mit lehrender Geste. Zu Io 8,1–20 (Jesus verurteilt die Ehebrecherin nicht). [Schaffhausen 198r] |
252v | Kolorierter Dreiviertelprofilkopf (mit Krone?). Zu Io 10,22–42 (Jesus als Gottes Sohn). [Schaffhausen 203r] |
281v | Nicht kolorierter Dreiviertelprofilkopf mit Mitra. Dem Typus nach zum Fleuronnée gehörend, hier jedoch mit Textbezug. Zu Io 11,47–54 (die Führer des Volkes beschließen den Tod Jesu). [Schaffhausen 223r] |
282r | Dreiviertelkopfbüste mit Kappe. Zu den Prophetien zur Passion. [Schaffhausen 230v] |
332v | Dreiviertelprofilmaske mit Bart. Zu den Prophetien zur Auferstehung. [Schaffhausen 273r] |
342r | Altar mit Kelch und Lamm mit Kreuznimbus. Das Blut aus der Brust des Lammes fließt in den Kelch. Zu Apc 4,3–11 (Lamm Gottes). [Schaffhausen 274v] |
344v | Wohl Bildverlust. Zu Io 21,1–25 (Jesus erscheint in Galiläa). [Schaffhausen 284r] |
Die Zeichnung und Kolorierung vor allem in Rot, Grün, Braun, Gelb.
Taf. IXb: 231v. ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹: Jesus und der auf dem Baum sitzende Zachäus.
Abb. 61: 342r. ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹: Blut vom Lamm Gottes fließt in einen Altarkelch (Randzeichnung zur S-Initiale).
Abb. 62: 41va. ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹: Maria mit Kind auf einem Esel (Randzeichnung zur D-Initiale).