KdiH

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35.0.1. Göttweig, Stiftsbibliothek, Cod. 222 (rot), 198 (schwarz) (olim XV. 198)

Bearbeitet von Martin Roland

KdiH-Band 4/1

Datierung:

2. Viertel 15. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Österreich.

Besitzgeschichte:

Der Eintrag auf dem Spiegel des Vorderdeckels (wir Gerg Prandsteder purgermeister – 1508/09–1574; Wiener Bürgermeister 1558/59, 1568/69 und 1572/73; vgl. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Bd. 4. Wien 1999, S. 591) ist nicht als Besitzvermerk zu werten. Sehr wohl als Besitzvermerk anzusprechen ist ein Eintrag auf 269v: daß puͤch gehört Habs dem Aberham zuͦ (gleicher Schreiber wie am vorderen Spiegelblatt); auf derselben Seite auch: puch gehert dem Basl purger hals in zu (ähnlicher Eintrag auch 275r). Die Notiz auf 304r: […] gott unnd geistlichen hernn herrm Wullhalmb Geir von Oss_erwurg (?) wohl kein Besitzvermerk. Wann der Codex nach Göttweig gelangte, ist ungewiß.

Inhalt:
1r–365v ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹

Erstfassung

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier (Wasserzeichen Waage im Kreis, nach Werl [1843/1844] 1437), 365 Blätter (Blattverlust nach Blatt 4 [Doppelblatt ?], herausgerissenes Blatt nach 199, ein fehlendes Blatt vor 358, drei fehlende Blätter nach 365), 293 × ca. 217 mm, Schriftspiegel 210–215 × 140–145 mm, zweispaltig, 38–43 Zeilen, Bastarda-artige Buchschrift ohne Schlaufen, die Schwellschäfte nicht besonders betont. Das Spiegelblatt des Vorderdeckels mit Federproben (15./16. Jh.) und Anmerkungen zum Text (u. a. wann die betreffenden Perikopen zu lesen sind) von gleicher Hand. – Brauner Ledereinband über Holzdeckeln (der Hinterdeckel fehlt etwa zur Hälfte), Streicheisenrahmung und -rautung. Die Blindstempel erweisen ihn als Werk des von 1446–1476 von Holter nachgewiesenen Wiener Buchbinders Mathias (vgl. Kurt Holter: Verzierte Wiener Bucheinbände der Spätgotik und Frührenaissance. Werkgruppen und Stempeltabellen. Codices manuscripti 1977, Sonderheft, S. 427 f., 463, Stempel B 1, 5–9, 11, 28, 29, 33). Kreisförmige Mittelbeschläge, rhomboide Eckbeschläge. Die Schließenbänder der beiden Schließen fehlen. Vier Doppelbünde. Mit gelblichem Spagat umstochene Kapitale.

Rubriken, rote Unterstreichungen, rot gestrichelte Satzanfänge, zwei- bis fünfzeilige rote, blaue oder grüne Lombarden mit rotem, blauem, grünem oder braun-schwarzem Fleuronnée. In den Binnenfeldern vor allem Knospenreihen; die oft schnabelartigen Knospen mitunter innen gestrichelt. Besatz mit Begleitlinien, links Perlenreihen. Mitunter in der Sorgfalt der Ausführung schwankende Profilmasken (37r mit seltsamem Hut; 108r mit Zeigefinger im Mund, 276v und 281v mit Mitra), mitunter auch Tierköpfe: wohl Esel (z. B. 16r, 147r, 259v, 277v, 349v) und weitere Tiere: Schwein (90r, 350r), Vogel (209v [?]), Hund (265v). 17r sorgfältig ausgeführter Profilkopf mit Bart. Fadenfortsätze mit Knotenschlinge (z. B. 5v) oder Herzblatt als Ende. Vier größere Initialen, so 1r ein 90 mm hohes A mit aus dem Buchstabenkörper ausgesparter Palmettenranke; übliches Fleuronnée jedoch reicher: Besatz mit Linienpyramide bereichert; zusätzlich zu den Fadenfortsätzen rot/grüne Silhouettenblattranke. Acht- bis elfzeilige Fleuronnée-Lombarden 28r, 288r (mit Frontalmaske im Binnenfeld), 334r.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch (Kornrumpf [1991] S. 120).

II. Bildausstattung:

Fleuronnée-Lombarden mit figürlichem Schmuck, der in den Dekor außerhalb der Lombarde eingebunden ist. Die Figuren sind untersetzt und – vor allem verglichen mit dem nur wenig älteren Exemplar in Klosterneuburg (Nr.35.0.2.) – nicht mehr von subtil »ziselierter« Feinheit, sondern von bodenständigem Zuschnitt, den auch die einfache Technik der kolorierten Federzeichnung unterstützt. Merkmale wie der Einband, die (nicht nachvollziehbare) Wasserzeichendatierung Werls, aber auch der Charakter der schleifenlosen Bastarda und des Fleuronnée sichern die Datierung in das 2. Viertel des 15. Jahrhunderts ab.

Bildthemen:

Aufgenommen wurden nur Motive, die durch Kolorierung hervorgehoben sind bzw. über Textbezug verfügen:

10v Kopf (Christustyp) mit Dornenkrone (?). Zu den Prophetien zur Verkündigung. [Schaffhausen 4r]
21r Weibliche Büste mit Kopftuch (wohl Elisabet) im Wolkenkranz. Zu Lc 1,57–80 (Geburt und Beschneidung Johannes’ des Täufers). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 26v mit Initiale]
34r Kopf eines Königs. Zu Prophetien zum Unglauben der Juden. [In der Zweitfassung vor der Passion: Schaffhausen 221r]
38v Halbfigur eines Engels, Wolken und Strahlenkranz. Zur ersten Prophetie zur Darstellung im Tempel (Mal 3,1 mit Erwähnung eines Engels). [Schaffhausen 16r]
41v Vorderer Teil eines Esels mit Maria und dem Kind auf dem Arm. Zu Mt 2,13–18 (Flucht nach Ägypten und Kindermord). [Schaffhausen 19r]
68v Bildverlust (wohl Tanz der Herodias). Zu Mc 6,21a–31a (Hinrichtung Johannes’ des Täufers). [Schaffhausen 53r]
68v Kopf des Herodes. Zur zugehörigen Glosse. [Schaffhausen 53r]
69r Kopf mit Bart und phrygischer Mütze. Zu Lc 5,1–11 (Berufung der ersten Jünger). [Schaffhausen 38r]
73v Bildverlust. Zu Lc 4,31–37 (Heilung eines Besessenen). [Schaffhausen 56v]
79v Profilmaske wie üblich, hier jedoch koloriert. Zu Lc 4,40–41 (Heilungen). [Schaffhausen 67v]
86v Tänzerisch bewegter nackter Jüngling. Zur Glosse zu Io 6,22–36 (Brot vom Himmel). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 91r–91v mit Initiale beim Evangelium]
99v Als Buchstabenausläufer ein großer Profilkopf mit Krone. Zu Lc 18,1–8 (ungerechter Richter und unbequeme Witwe). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 129r]
100v Profilkopf mit Schnurrbart oben leicht beschnitten (Bildverlust ?). Zur Glosse zu Lc 11,1–4 (Vater unser). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 130r]
134r Kelch mit Hostie. Zu Io 6,37–71 (Jesus als Brot vom Himmel). [In der Zweitfassung an ganz anderer Stelle: Schaffhausen 192r]
149v Kolorierte Profilmaske (ebenso 152v, 155v).
157v Vorderteil eines aufgezäumten Pferdes. Zu Mt 17,14–20 (Jesus heilt einen besessenen Knaben; Textbezug ?). [Schaffhausen 87v]
160r Aus dem Buchstabenkörper ragt ein Hahn. Zu Mt 18,1–9 (Wer ist der Größte?). [Schaffhausen 114v–115r]
161v Kolorierte Dreiviertelprofilmaske.
178v Dreiviertelprofil des hl. Johannes mit Nimbus. Zur Glosse zu Mc 9,38–40 (fremde Wundertäter). [Schaffhausen 139r]
181r Kolorierte Profilmaske.
212v Zwei kolorierte Profilmasken (eine mit merkwürdigem Hut, vgl. auch 37r).
213v Kolorierte Profilmaske (Hut wie 212v).
214v Bildverlust. Zu Lc 13,1–35 (Mahnung zur Umkehr). [Schaffhausen Verlust, Klosterneuburg 217v]
226v Kolorierte Dreiviertelprofilmaske mit Mitra (vgl. 276v). Zu Lc 19,41–44 (Klage um Jerusalem). [Schaffhausen 178r]
231v Jesus stehend mit dem auf dem Baum sitzenden Zachäus. Zu Lc 19,1–28. [Schaffhausen 183r]
243r Weibliche Figur mit Kinnschal und Kopftuch in reich drapiertem Gewand, darüber Jesus mit lehrender Geste. Zu Io 8,1–20 (Jesus verurteilt die Ehebrecherin nicht). [Schaffhausen 198r]
252v Kolorierter Dreiviertelprofilkopf (mit Krone?). Zu Io 10,22–42 (Jesus als Gottes Sohn). [Schaffhausen 203r]
281v Nicht kolorierter Dreiviertelprofilkopf mit Mitra. Dem Typus nach zum Fleuronnée gehörend, hier jedoch mit Textbezug. Zu Io 11,47–54 (die Führer des Volkes beschließen den Tod Jesu). [Schaffhausen 223r]
282r Dreiviertelkopfbüste mit Kappe. Zu den Prophetien zur Passion. [Schaffhausen 230v]
332v Dreiviertelprofilmaske mit Bart. Zu den Prophetien zur Auferstehung. [Schaffhausen 273r]
342r Altar mit Kelch und Lamm mit Kreuznimbus. Das Blut aus der Brust des Lammes fließt in den Kelch. Zu Apc 4,3–11 (Lamm Gottes). [Schaffhausen 274v]
344v Wohl Bildverlust. Zu Io 21,1–25 (Jesus erscheint in Galiläa). [Schaffhausen 284r]
Farben:

Die Zeichnung und Kolorierung vor allem in Rot, Grün, Braun, Gelb.

Digitalisat:

manuscripta.at

Literatur:

Vinzenz Werl: Manuscripten-Catalog der Stifts-Bibliothek Göttweig. Göttweig 1843/44 (handschriftlich), Bd. 1, S. 55 (Zeichnung des Wasserzeichens), S. 403 (Beschreibung der Handschrift). – Kornrumpf (1991a) S. 120. 123–126; Kornrumpf (1999) Sp. 1361–1363; Beringer (2006) S. 15–18. 210–262.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. IXb: 231v. ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹: Jesus und der auf dem Baum sitzende Zachäus.

Abb. 61: 342r. ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹: Blut vom Lamm Gottes fließt in einen Altarkelch (Randzeichnung zur S-Initiale).

Abb. 62: 41va. ›Klosterneuburger Evangelienwerk‹: Maria mit Kind auf einem Esel (Randzeichnung zur D-Initiale).

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Taf. IXb.
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Abb. 60.
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Abb. 61.
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Abb. 62.