Pergament, 396 Blätter, 380 × 280 mm, Schriftspiegel: 235 × 160 mm, 33 Zeilen (Angaben nach Dolch [1910]). Schleifenlose Bastarda. Rote Überschriften, rot gestrichelte Satzanfänge, rote Paragraphenzeichen und Seitentitel (Foliierung). Cadellenartig vergrößerte Majuskeln in der ersten Zeile, zweizeilige rote Lombarden.
Schreibsprache:
bairisch-österreichisch (Gärtner/Schnell [1987/1988] S. 157).
II. Bildausstattung:
Deckfarbeninitialen. Von Dolch (1910) sind folgende Initialen dokumentiert: 6v: zwanzigzeilige Initiale am Beginn eines zusätzlichen Prologs (zwei viel kleinere auf 37r und 120v). Der Beginn des eigentlichen Prologs auf 7r historisiert: Gottvater zwischen zwei Engeln, Rankenfortsätze mit zusätzlichen figürlichen Elementen (Fliege, Jäger und Bär, später hinzugefügtes Wappen); 54r historisiert: Jesaja. Die Initiale 120v enthält im Buchstabenkörper die Initialen W. S. und die Zahl 82, so daß eine Entstehung des Buchschmucks aus stilistischen Gründen 1482 als gesichert gelten kann (Gärtner/Schnell [1987/1988] S. 157: 1382).
Kolorierte Federzeichnungen als Randillustrationen. Dolch (1910) erwähnt die Illustrationen, beschreibt sie jedoch nicht. Die erhaltenen Detailphotos dokumentieren zahlreiche Illustrationen des Codex, die dem Exemplar in Schaffhausen bis in kleine Details folgen; nur die historisierten Initialen haben dort kein Vorbild. Die dokumentierten Illustrationen sind in der Illustrationsliste der Schaffhausener Handschrift (Nr.35.0.5.) vermerkt.
Illustrationen auf den über den Antiquariatshandel wieder aufgetauchten Blättern: Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Hdschr. 395: Alte Foliierung 19. Illustration: verso Halbfigur Prophet Jesaja (zu Is 16,1; vgl. Klosterneuburg 14r). Siehe Tilo Brandis: Mittelalterliche deutsche Handschriften. 25 Jahre Neuerwerbungen der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. In: Die Präsenz des Mittelalters in seinen Handschriften. Ergebnisse der Berliner Tagung in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, 6.–8. April 2000. Hrsg. von Hans-Jochen Schiewer und Karl Stackmann. Tübingen 2002, S. 303–335, hier S. 314 (Nr. 29); ebd., Ms. germ. fol. 1716: alte Foliierung 7. Historisierte Initiale und Randdekor zum Beginn des Prologs (siehe oben). Siehe London, Auktionskatalog Sotheby’s, 4. Dez. 2007, Nr. 25c. – Boston, Public Library, Ms. Med. 179 (Ms. 1604): Alte Foliierung 22. Illustration: verso seitlich Halbfigur Prophet Jesaja (zur Glosse von Is 4,1); ebd., Ms. Med. 187 (Ms. 1613): Alte Foliierung 9. Illustration: recto seitlich Symbole der Evangelisten Markus, Lukas und Johannes (zum Prolog; vgl. Klosterneuburg 7r). – Louisville/Kentucky, University of Louisville, University Library, Acc.-Nr. 58.5: Alte Foliierung 21. Illustration: Halbfigur Prophet Jesaja (zu Is 2,2–3; vgl. Klosterneuburg 15v).
Der Stil der Illustrationen ist von der graphischen Grundhaltung des Illustrators (vgl. die vereinfachten Gesichtsformen) und den in kantigen Graten umbrechenden Falten geprägt, die jedoch phasenweise von den weicher fließenden Formen der Vorlage abgemildert werden. Für die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts fehlt die Materialkenntnis zur österreichischen Buchmalerei abgesehen von einigen Spitzenstücken weitgehend, so daß kaum Stilvergleiche möglich sind. Sowohl was die Technik als auch was die allgemeinen Stilmerkmale betrifft kann am ehesten auf den dritten Meister einer ›Concordantiae caritatis‹-Handschrift (s. Stoffgruppe 27a.), die 1471 in Wien entstand, verwiesen werden (Paris, Bibliothèque nationale de France, ms. nouv. acq. 2129, Meister drei ab 21v). In beiden Fällen müßte der Zeichner ein wesentlich älteres Vorbild adaptieren; Parallelen ergeben sich z. B. bei der konsequenten Modernisierung der Rüstungen.
Literatur:
Walter Dolch: Beschreibung für die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin 1910 (http://www.bbaw.de/forschung/dtm/HSA/Neisse_700409480000.html). – Heinrich Jerchel: Beiträge zur österreichischen Handschriftenillustration. Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 2 (1935), S. 312; Schmidt (1967) S. 146 (Wiederabdruck in Schmidt Bd. 1 [2005] S. 52); Gärtner/Schnell (1987/1988) S. 155–167; Kornrumpf (1991a) S. 119.