Text und Bild in deutschsprachigen Handschriften des Mittelalters
Die Illustration von Handschriften entwickelte von ihren Ursprüngen (in Deutschland um die Mitte des 12. Jahrhunderts) bis ins 16. Jahrhundert hinein eine starke Tradition, die sogar von Drucken übernommen wurde. So zeigen die Inkunabeln (das sind Drucke bis 1500) in Design und Text-Bild-Arrangement oft noch verblüffende Übereinstimmungen mit den illustrierten Handschriften vergangener Jahrhunderte.
Bilder und Texte begegnen in den Handschriften in unterschiedlichem Zusammenspiel: Illustrationen konnten die Texte gewichten oder erläutern, sie konnten eine gliedernde oder ausschmückende Funktion haben.
Illustrierte Handschriften im KdiH
Der Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters (KdiH) beschreibt alle bis ca. 1520 entstandenen Handschriften, in denen deutsche Texte gemeinsam mit Bildern überliefert sind. Er berücksichtigt dabei auch die illustrierten Inkunabeln und Postinkunabeln jener Texte und Stoffe, die in ihrer handschriftlichen Überlieferung Illustrationen enthalten. Insgesamt erfasst der KdiH etwa 2500 Handschriften, thematisch sortiert in rund 150 Stoffgruppen.
Erzählen, strukturieren, interpretieren: Bild und Text im Wechselspiel
Der KdiH untersucht die Beziehungen zwischen Bild und Text und vergleicht verwandte Handschriften miteinander. Manche Handschriften haben ein durchgehendes Bildprogramm, das darauf schließen lässt, dass die Ausstattung der Handschrift mit Text und Bild zur Grundkonzeption gehörte. Wenn vereinzelte Bilder vorkommen, stellt sich jeweils die Frage, wie das Verhältnis zum Text einzuordnen ist: War das Bild vorgesehen oder ist es nachgetragen worden? Hat es die Funktion, den Text zu ergänzen oder zu kommentieren? Steht es zu Beginn eines Textes, steht es in der Nähe zum Text der dargestellten Szene? Auch historisierende Initialen werden untersucht ebenso wie Bildlücken, aus denen man schließen kann, dass eine Handschrift zur Illustration vorgesehen war.