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102. ›Pontus und Sidonia‹

Bearbeitet von Nino Nanobashvili

KdiH-Band 10

Der höfische Roman ›Pontus und Sidonia‹ fand im 15. Jahrhundert eine besondere Beachtung im deutschsprachigen Raum. Als Vorlage diente ›Ponthus et Sidoine‹, dem französischen Grafen Geoffroi de La Tour Landri (1322–1402/06) zugeschrieben. Dieser Text gilt als Zusammenführung und Neuinterpretation von Sagen- und Romanmotiven (Lähnemann [1999] S. 7). Die Geschichte handelt von dem galicischen Königssohn Pontus, der um die bretonische Prinzessin Sidonia wirbt. Im Laufe des Geschehens muss er sich mehrfach in Kriegen und Ritterturnieren vor der Königstochter beweisen und sie vor der Zwangsvermählung mit dem listigen Genelet bewahren. Zum einen ist der Text geprägt von tugendhaften Vorbildern und Lebensführung, zum anderen wird der Kampf der christlichen mit der heidnischen Welt thematisiert, indem Pontus nicht nur den Sultan von Babylon aus Galicien, sondern schließlich die Sarazenen aus ganz Spanien vertreibt.

Ins Deutsche wurde der Roman aus dem Französischen zwei Mal übersetzt. Beide Übersetzungen A und B folgen eng dem französischen Text (zum Vergleich der Fassungen siehe Schneider [1961] S. 10–28). Die Übersetzung A wird Eleonore von Österreich zugeschrieben und ist in einer Handschrift (Gotha, Chart. A 590) und mehreren Drucken erhalten. B stammt von einem anonymen Übersetzer und ist in fünf Handschriften überliefert: M = München, Cgm 577; K1 = Köln, Historisches Archiv der Stadt, Best. 7020 (W*) 30; K2 = Köln, Historisches Archiv der Stadt, Best. 7020 (W*) 46; St = Stuttgart, HB XIII 3; H = Heidelberg, Cod. Pal. germ. 142. Unter ihnen ist nur H illustriert (Nr. 102.0.1.), während K1 mit Bildlücken unvollendet blieb (Nr. 102.0.2.). Im 15. Jahrhundert muss es weitaus mehr Abschriften gegeben haben, denn die Handschriften der Übersetzung B weisen keine direkten Verbindungen zueinander auf, sondern gehen jeweils auf verschollene Handschriften zurück (Schneider [1961] S. 36–38).

Unter den fünf Handschriften der Übersetzung B stellt H durch seine redaktionelle Anpassung eine Besonderheit dar (Lähnemann [1999] S. 15–17). Diese Art der Überarbeitung war für die Werkstatt von Ludwig Henfflin üblich, den Inhalt im Hinblick auf die Gesamtwirkung anzupassen und darin die Handlungskomplexe äußerst sorgfältig zu bebildern (Lähnemann [1999] S. 19f.). Die Illustrationen entstanden in Konkurrenz mit dem neuen Medium der Druckgrafik. Durch das Wissen um die neuen Mittel erfand die Henfflin-Werkstatt eine eigene Bildsprache, bei der insbesondere die Höhepunkte der Handlung und ihre Dynamik hervorgehoben wurden (Lähnemann [2010a]). Über Ludwig Henfflin ist nur wenig bekannt. Einzig die in Heidelberg erhaltenen reich ausgestatteten Handschriften verraten die Arbeitsweise seiner Werkstatt (siehe hierzu Nr. 102.0.1.). Sie sind vermutlich zwischen 1470 und 1479 in der Residenzstadt Stuttgart für Margarete von Savoyen, ihren Interessen und Vorlieben entsprechend, ausgeführt worden (Höger [2013]).

Besonders große Nachfrage nach dem Roman zeigte sich mit der Drucklegung der Übersetzung A durch den Augsburger Drucker Johann Schönsperger. Allein in seiner Werkstatt wurde das Werk vier Mal gedruckt (1483, 1485, 1491, 1498; Nr. 102.0.a. mit Anm.). Wie die Henfflin-Werkstatt konnte er dabei auf keine Vorbilder zurückgreifen (die französische Erstausgabe des Genfer Druckers Simon Du Jardin erschien um 1480 ohne Illustrationen [GW 12716]; der bebilderte Druck bei Guillaume Le Roy in Lyon, um 1484/85 [GW 12717], erschien nach Schönsperger). Als Marktstrategie erfand Schönsperger für seine Drucke seit 1487 prägnante Titel mit Titelblättern. So erhielt auch der Roman in seiner dritten Auflage von 1491 den Titel ›Pontus und Sidonia‹ und einen eigenen Titelholzschnitt (Hahn [1997] S. 17–19). Der Straßburger Drucker Martin Flach übernahm 1509 den Text der vierten Ausgabe von Schönsperger und illustrierte ihn zum größten Teil mit Vorlagen aus seiner Werkstatt (Nr. 102.0.b.).

Unter den späteren, nicht mehr im KdiH berücksichtigten Drucken von ›Pontus und Sidonia‹ zeichnen sich zwei Ausgaben durch ihr Folio-Format und ihre großen detailreichen Abbildungen aus. In dem Druck des Straßburgers Sigmund Bund von 1539 finden sich unter den 32 Abbildungen Heinrich Vogtherr d. J. zugeschriebene Vorlagen (VD16 P 4243). Die Ausgabe von Christian Eggenolff aus Frankfurt von 1548 (VD16 P 4244) überragt diese mit 43 über den Satzspiegel hinausgehenden Holzschnitten (Hahn [1997] S. 23–25). Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts erschienen acht weitere Ausgaben in Frankfurt, jedoch alle in einem handlichen Oktav-Format. Die Nachfrage nach dem Roman ›Pontus und Sidonia‹ hielt bis weit ins 18. Jahrhundert.

Editionen:

Schneider (1961); Hahn (1997) (Fassung A und Erstdruck 1483).

Literatur zu den Illustrationen:

Siehe Nr. 102.0.1.