KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

76.4.1. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 329

Bearbeitet von Nicola Zotz

KdiH-Band 8

Datierung:

1414/15.

Lokalisierung:

Steiermark.

Besitzgeschichte:

Hergestellt im Auftrag Hugos von Montfort (1357–1423) während seiner Zeit als Landeshauptmann der Steiermark (1414/15). Bereits unter Ottheinrich in der Heidelberger Schlossbibliothek nachgewiesen (Katalogisierung 1556/59). Zur Provenienz vgl. auch Werner (1988).

Inhalt:
1ra–48va Hugo von Montfort
Reden, Lieder und Briefe (1ra–48va); Ps.-Hugo von Montfort, zwei Lieder (48vb–52va); Autorsignatur, Devise und Wappen (53vb–54r)
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 3 + 55 + 5 Blätter (Vor- und Nachsatzblätter Papier; die Zählung der Pergamentblätter beginnt auf dem zweiten Blatt mit 1r, das Schmutzblatt davor ist als 1*** gezählt; ganz vorne und hinten ist zusätzlich ein ungezähltes modernes Pergamentblatt eingebunden; ein Blatt fehlt nach Bl. 34), 203–210 × 150–158 mm, Kursive, vier Hände (A: 1ra–12vb, B: 13ra–46vb, C: 47ra–48va, D: 48vb–52va und 45va, Z. 6f.; vgl. Hugo von Montfort [1988]), zweispaltig, 27–32 (selten bis 42) Zeilen, Schmuckinitialen (siehe unten II.), 14 in der ersten Zeile nach oben auskragende Cadellen mit Fleuronné (nur auf Bl. 1–10), einzeilige, abwechselnd rote und blaue Lombarden zu Strophenbeginn, Rubrizierung der Versanfänge, sieben Melodien.

Schreibsprache:

»südbairisch-österreichisch (steirisch) mit zahlreichen niederalemannischen Formen (Vorlage?) (Hände A–C); südbairisch-österreichisch (steirisch) mit niederalemannischen und wenigen westmitteldeutschen Formen (Hand D)« (Miller/Zimmermann [2007] S. 93).

II. Bildausstattung:

Fünf historisierte (1ra, 16rb, 20rb, 20va, 35ra) und 32 Schmuckinitialen, ein Wappen (54r). Künstler: Heinrich Aurhaym (zu ihm siehe zuletzt Krenn [2010] S. 70f.).

Format und Anordnung:

Regelmäßig Initialen am Anfang jedes Textes (fehlend nur auf 10ra, hier stattdessen Cadelle), vier bis zehn Zeilen hoch (das I kann spaltenhoch werden). Das Wappen am Ende der Handschrift ist ganzseitig und gerahmt.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Figuren in den Initialen zeichnen sich durch gelängte Körper mit abfallenden Schultern, eine leicht steife Haltung sowie volle, reich gefältelte Gewänder aus. Ein »duftig gestrichelter Farbauftrag« kann als Merkmal des weichen Stils gelten (Krenn [2010] S. 71).

Initialen mit weiß gehöhtem Blattwerk auf dem Buchstabenkörper, der Grund meist golden, das Binnenfeld golden oder farbig damasziert oder mit Fleuronné (3rb, 9vb, 11vb, 17ra, 22ra, 37ra, 42vb) oder Rankenwerk (47ra) versehen, dazu volles vegetabiles Rankenwerk oder Fleuronné (ausführliche Beschreibung bei Miller/Zimmermann [2007] S. 92).

Bildthemen:

1ra (A) zeigt eine gekrönte Frauengestalt in grauem Gewand, die, ein Lilienzepter in den Händen, auf einem von Löwen flankierten Thron sitzt. Sie ist als Frau Ehre (Miller/Zimmermann [2007] S. 92) oder Frau Minne (Krenn [2010] S. 74) gedeutet worden. Zwar wird fraw eer in der durch die Initiale eingeleiteten Minnerede zweimal genannt (1rb, 1vb), doch die im Lied Angesprochene ist zweifellos die Geliebte: Sie – und nicht eine Personifikation, wie aus der Ermahnung zur Tugendhaftigkeit deutlich wird – wird (in der Zeile unmittelbar unter der Initiale) trut kayserin genannt, und der Frau Ehre kommt die Aufgabe zu, die Geliebte zu úberkrónen (1rb). Insofern weisen gerade die Krone und der Löwenthron die Dargestellte als die Geliebte aus, die auch in den Initialen auf 16rb und 20va begegnet. Über der Initiale steht Hugos Wappen (rote dreilätzige Kirchenfahne an Ringen auf silbernem, heute oxidiertem Grund, darüber goldener Turnierhelm mit roter Kappe, vgl. unten zu 54r), das gleichzeitig als Besitzvermerk wie auch als Verweis auf die Persona des Dichters fungiert (in letzterer Funktion ähnlich den Wappen- und Helmdarstellungen, die wesentlich zu den Dichterbildern in der Manesse-Tradition [Untergruppe 76.2.] gehören). Die Initiale auf 20va (D) zeigt eine in Figur (sitzende, nach rechts gewandte Frau in grauem Gewand mit einem Lilienzepter in den Händen) und Farbgestaltung (blauer Buchstabenkörper, rosafarbenes Binnenfeld) auffällige Nähe zu der Initiale auf 1ra; statt der Krone trägt diese Figur ein blaues und ein grünes Tuch, die um ihren Kopf gewunden sind und in langen Enden ihren Rücken herabfallen. Wie der Kopfschmuck zeigt, ist die Geliebte hier also in ihrer Rolle als Ehefrau dargestellt, was insofern sinnfällig ist, als Hugo die meisten seiner Texte an seine Ehefrau richtet.

Die Initiale auf 16rb zeigt eine junge Frau in grünem Gewand, die vor dem Mittelschaft des M steht und in der Hand einen Kranz hält. Dieser ist als Dichterkranz zu deuten (vgl. die Dichterbekränzungen durch die Dame im Codex Manesse [Nr. 76.2.2.] auf 22v, 54r oder 151r), denn in der nächsten Initiale auf 20rb ist ein bekränzter Mann dargestellt, der in den Händen zwei Enden eines (leeren) Schriftbands hält, das die Form des M wiederholt und ihn als Dichter kennzeichnet. Auch er ist grün gekleidet und steht vor dem Mittelschaft des M; die Farbgestaltung seiner Initiale (blauer Buchstabenkörper, rotes Binnenfeld) dreht diejenige von 16rb um (rosa Buchstabenkörper, blaues Binnenfeld). Damit sind die beiden Initialen formal wie inhaltlich (Dichterkrönung) aufeinander bezogen (Krenn [2010] S. 73f.).

In der letzten historisierten Initiale, dem F auf 35ra, begegnet wieder eine grau gewandete Frau, diesmal mit einem üppigen Blumen-Kranz im Haar. Als einzige der fünf Figuren der Handschrift ist sie nach links gewendet, was den Zyklus der fünf Figuren schließt. Dass mit dieser Frau nicht die Geliebte gemeint ist, macht ein Spruchband deutlich, das sie als fraw werlt ausgibt, an die auch das hier beginnende Lied gerichtet ist. Entgegen der üblichen Ikonografie (von Nattern und Gewürm zerfressene Rückseite, vgl. etwa die Darstellung in Nr. 76.7.1.) ist hier nur die schöne Seite der Frau Welt zu sehen, so dass ihre Darstellung eine Reihe mit den anderen Frauenfiguren der Handschrift bildet (1ra, 16rb, 20va).

54r: Wappen Hugos von Montfort: eine rote dreilätzige Kirchenfahne (Gonfanon) an Ringen auf silbernem Grund. Darüber ein goldener Turnierhelm mit einer roten Kappe (Inful), deren zwei Zipfel mit silbernen Perlen besetzt sind, und einer roten Helmdecke. Vom Wappenschild herab hängt an einer Kette ein goldener Fisch (Zeichen für die Mitgliedschaft in der ›Turniergesellschaft vom Fisch‹), am Turnierhelm ist ein sich in den Schwanz beißender Salamander in Gold befestigt (Kleinod der seit 1394 belegten ›Gesellschaft vom Salamander‹). Das Ensemble steht vor einem gelb damaszierten blauen Hintergrund und ist rot und golden umrahmt. Am Ende der vorhergehenden Spalte (53vb) steht in goldener Auszeichnungsschrift Hugos Name sowie sein Motto: Comes Hugo de monteforti. Dominus de Brigancia. O wer ich aller sunden fry. So wurd ich in selden gra. Text und Wappen bringen Autorschaft und Besitz zum Ausdruck.

Der reiche Blumen-Dekor der Handschrift ist verschiedentlich als Textbezug auf geblümte Rede und andere im Text genannte Blumen verstanden worden (Vetter [1988c] S. 18; Krenn [2010] S. 77–79).

Farben:

Rosa, Blau, Violett, Grün, Grau, Gold, Silber, weiße Höhungen.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 120: 1r. Die Geliebte als kayserin.

76.4.1._Abb._120.jpg
Abb. 120.