KdiH

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65.2.6. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2730

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 7

Datierung:

Um 1520/30 (eventuell früher, vgl. Smeyers [s. u. Literatur] S. 473).

Lokalisierung:

Flandern.

Besitzgeschichte:

Nach Thoss (s. u. Literatur: 1987) Stundenbuch einer bayerischen Prinzessin (vgl. 89v, 117r, 129v); danach im Besitz der Erzherzogin Maria von Österreich († 1608: Eintrag des Todesjahrs auf 198r); anschließend im Damenstift Hall in Tirol; seit 1783 in der Hofbibliothek Wien. Smeyers schreibt, dass Graf Gerhard von Manderscheid-Gerolstein († 1548) das Stundenbuch 1537 erwarb (Smeyers S. 473). Nachträge des 18. Jahrhunderts (?) auf 1r–5r und 195v−197r.

Ausführliche Beschreibung der Handschrift siehe Nr. 43.1.194. und Thoss (1987) Nr. 84.

Inhalt:
Stundenbuch
6r−11v Kalender der Diözese Straßburg oder Bamberg mit Angaben zu verworfenen Tagen, Sonntagsbuchstaben, Heiligenfesten
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, I + 198 Blätter, hinter Blatt 112, 113, 115, 118 ein Blatt herausgeschnitten (vermutlich mit Miniaturen), moderne Bleistiftfoliierung, 195 × 133 mm, Textualis formata, ein Schreiber (?), einspaltig, 24 Zeilen (Schriftraum 120 × 75 mm, im Kalender 32–34 Zeilen), gelbe Versalien, rubriziert.

Schreibsprache:

bairisch.

II. Bildausstattung:

Zwölf illustrierte Kalenderseiten, des Weiteren: 21 ganzseitige Miniaturen mit Bordüren, zahlreiche weitere kleinere Miniaturen und Bordüren, zahlreiche ein- bis dreizeilige Initialen sowie vier- bis sechszeilige Initialen. Die flämische Werkstatt (ebenso bei Nr. 65.2.7.) wurde mit der Werkstatt von Simon Bening in Verbindung gebracht (Thoss [s. u. Literatur: 2004] S. 101).

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung:

Im Kalender (6r−11v, eine Seite pro Monat): ein Monatsbild, jeweils unten auf den Seiten, der schmale Rahmen der Monatsbilder hat oben abgerundete Ecken. Die Monatsbilder sind in eine weite Landschaft gesetzt, wo im Hintergrund entweder kleine Häuschen und/oder Baumreihen zu sehen sind. Immer an der Außenseite des Blatts, relativ mittig: ein ebenso dünn gerahmtes Medaillon mit dem entsprechenden Tierkreiszeichen (Durchmesser 23 mm), das in eine kleine Landschaft oder grünen Untergrund gesetzt wurde. Ober- und unterhalb der Medaillons als trompe l’œil gestaltete Blütenzweige und Früchte der jeweiligen Jahreszeit, die einen Schatten auf die Buchseite werfen und manchmal illusionistisch mit kleinen Nadeln oder Bändern befestigt oder durch ein ›Loch‹ im Pergament gesteckt wurden (7r, 8r–v, 9r–v, 10r); vergleichbar wären die trompe l’œil-Darstellungen der Pflanzen beispielsweise mit denen im sog. Blumen-Stundenbuch von Simon Bening: München, Clm 23637.

Bildthemen:

siehe Bildthementabelle Einleitung der Stoffgruppe 65. Die abgebildeten Pflanzen werden hier gesondert aufgeführt: 6r zwei blühende Haselzweige; 6v Sanddornzweig?, Weidenzweig; 7r Veilchen, Osterglocke; 7v Schlehdornzweig, Apfel- oder Kirschblütenzweig mit Apollofalter?; 8r Ehrenpreis, Maßliebchen (vgl. 88r), Ginster; 8v Erdbeere, Lavendel mit Levkojen? zusammengebunden, zwei Rosenknospen; 9r Kirschen, Nelke; 9v Kornblume mit Schmetterling (Pfauenauge?), Ähren; 10r Birne, Pflaume, Apfel, Haselnüsse; 10v Weintrauben, Mispel; 11r Rettich, Kraut, Eicheln; 11v kahler Ast, Eichenzweig.

Bemerkenswert ist, dass sich diese Pflanzen kaum mit religiöser Symbolik aufschlüsseln lassen, wie man es in einem Stundenbuch vermuten möchte. Vielmehr folgen sie ihrer Blütezeit im Kalenderjahr, sind sogar teilweise mit den Monatsarbeiten verbunden und verweisen damit auf ihren irdischen Gebrauch. Beispielsweise werden im Weinmonat Oktober Trauben und im November Eicheln dargestellt, die zur Schweinemast verwendet wurden. Optisch setzen sich die Kalenderblätter von den Streublumenbordüren ab, die nur wenige Seiten später folgen (13v–14r). Insbesondere leben die Seiten durch das Changieren zwischen den sich ganz nahe am Betrachter befindenden realistischen Pflanzen und den tiefen Landschaften, die den Blick in die Ferne öffnen (vgl. Thoss [s. u. Literatur: 2004] S. 102f.).

Farben:

Blau, Rot, Gelb, Grün, Braun, Grau, Inkarnat, Schwarz, Weiß.

Literatur:

Menhardt 1 (1960) S. 225f. – Dagmar Thoss: Georg Hoefnagel und seine Beziehungen zur Gent-Brügger Buchmalerei. Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 82/83 (1986/87), S. 199–211, Abb. 215, 221 (7r, 7v); dies.: Flämische Buchmalerei. Handschriftenschätze aus dem Burgunderreich [Ausstellungskatalog Wien]. Graz 1987, S. 130f., Nr. 84, Abb. 103 (7r); Maurits Smeyers: Flämische Buchmalerei. Vom 8. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Welt des Mittelalters auf Pergament. Stuttgart 1999, Abb. 79 (7r); Dagmar Thoss: ›Close-up‹ und ›Distant view‹ in der flämischen Buchmalerei. Codices Manuscripti 48/49 (2004), S. 101–105 [Textband], S. 91–96 [Tafelband], Abb. 9 (Detail von 7r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XXVIII: 8v. Kalenderseite Juni: Krebs, Schafschur, Erdbeeren, Lavendel mit Levkojen (?), Rosenknospen.

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Taf. XXVIII.