59.7.3. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2774
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 7
1448.
Wohl Wien.
IIIv nicht identifizierter Besitzvermerk (Monogramm) von 1553: 15 F 53 / G H G; auf dem Einbandrücken ältere Signaturen: Cod.Ms.Theologicus N.XLIII Olim 739. Seit dem 17. Jahrhundert in der Wiener Hofbibliothek.
1ra–259vb | Historienbibel IIIa, Alte Ee | |
1ra–b Vorrede | ||
1rb–253ra Genesis bis Makkabäer II
mit dem ›Hiob‹ des Österreichischen Bibelübersetzers und einem Teil des ›Prophetenauszugs‹ (Klagelieder Jeremias und Jonas)
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253ra–259vb Register |
Pergament (inneres und äußeres Blatt einer jeden Lage) und Papier, 383 × 280 mm, III + 259 beschriebene Blätter (originale Zählung bis 252), zweispaltig, 37 Zeilen, Bastarda, ein Schreiber (datiert Anno domini millesimo quadringentesimo quadragesimo octauo, 259vb), in der ersten Zeile jeder Seite oft Cadellen (kennzeichnend: ungefähr ab der Mitte vielfach durchbrochene Oberlängen), häufig gelbe Buchstabenfüllungen, besonders in der ersten Zeile einer Seite, abwechselnd rote und blaue Lombarden meist über zwei Zeilen, auch rot-blaue Initialen (mit Aussparungen) über vier bis sechs Zeilen, manchmal mit rotem Fleuronnée, rote Kapitelüberschriften, Caput-Zeichen und Blattzählung. Mehrfach steht am Blattrand (von Schreiberhand) ein nota-Vermerk. Vor der Restaurierung 1915 war der Anfang der Handschrift sehr defekt.
bairisch-österreichisch.
92 kolorierte Federzeichnungen und Deckfarbenminiaturen, 29 Deckfarbeninitialen. Beteiligt sind mehrere Hände, die Haupthände benennt
Die Illustrationen in viertelseitig freigelassenen Bildräumen ca. 80–120 × 80 mm; wo es sich ergibt, mit Überschrift, die aber inhaltlich nicht als Bildüberschrift fungiert, dem Text eines Kapitels vorangestellt, sonst ohne Überschrift zwischen dem Text. 1r–19v ungerahmte kolorierte Federzeichnungen, die gelegentlich über den Bildraum hinausragen, ab 21v gerahmte Miniaturen. Die Deckfarbeninitialen über neun bis elf Zeilen auf rechteckigem Grund zu Beginn der biblischen Bücher, nur die erste Initiale 1r ist historisiert.
Die Eingangsseite durch zwei Initialen mit Rankenwerk besonders herausgehoben; 1ra E-Initiale: Buchstabenkörper aus rosafarbenen Akanthusranken mit Landschaft im Binnenraum vor gepunztem Blattgoldrahmen, ca. 75 × 85 mm, 1rb I-Initiale: Buchstabenkörper Blattgold; Ranken in Hellgrün, Rosa, Blau, Violett, Gelb und Blattgold.
Der im Anfangsbereich der Handschrift tätige Meister entwirft unruhige Federzeichnungen in brauner Tusche mit ausführlicher Binnenzeichnung, sehr zurückhaltend in wenigen Farben laviert (v. a. Blau, Violettrot, viel Oliv-Ocker, Graubraun, nur ausnahmsweise leuchtendes Orangerot: 15r); charakteristisch die Bäumchen mit fast dreieckiger Krone, die wie als Füllsel überall eingefügt werden. Die Figuren, auf deren Körperlichkeit sowohl zeichnerisch wie auch durch die Farblavierung besonderer Wert gelegt wird – die muskulösen Körper, die runden Gesichter mit fülligen Wangen und graubräunlichem Inkarnat erinnern durchaus an die Figurenkonzeption des Codex discissus (Nr. 59.7.1.) – agieren auf vorderster Bildebene, meist auf grasbewachsenen Bodenstücken mit Bruchkante. Im Schöpfungsbild 1r ist der Figur Gottes nachträglich ein Nimbus in Blattgold und ein Hintergrund in blauem Camaieu beigegeben worden.
In nur zwei (oder drei?) Bildern auszumachen ist der Meister der Klosterneuburger Missalien: Er konzipiert sehr viel kleinteiliger, charakteristisch sind seine langgestreckten Figurenzeichnungen (überschlank mit kleinen Köpfen). Ob das dritte Bild (25rb Jakob erschleicht sich Isaaks Segen) ihm zuzuschreiben ist, bleibt unklar: Auffallend sind hier die Modellierung durch Weißhöhung und die mit harter schwarzer Feder nachgearbeitete Konturierung.
Der Josefsmeister setzt mitten in einer Lage ein (26r–38v); Minuskeln a–m am Rand neben den Bildern bezeichnen seinen Illustrationsanteil. Seine Miniaturen sind mit einfachem schwarzen Federstrich oder durch Architekturrahmen eingefasst, kennzeichnend der Detailreichtum (Blümchen, Gewandborten u. a.), besonders markant die Felsformationen im Hintergrund. Insgesamt benutzt er eine dunkle, dennoch bunte Farbpalette, aus der vor allem das leuchtende Orangerot heraussticht (das der Mosemeister und sein Gehilfe überhaupt nicht verwenden!).
Der ab 44v tätige Mosemeister verantwortet – in wohl wechselnder Konstellation mit seinem »Gehilfen« zusammenarbeitend – den überwiegenden Anteil der Bilder. Seine Bildentwürfe sind sehr kleinteilig, ineinandergeschachtelt; auch für Innenräume setzt er Bodenlinien sehr hoch an, Räume verjüngen sich deshalb nach hinten äußerst stark. Er fasst seine Bilder mit Pinselstrichen oder Profilrahmen ein. Ohne ersichtlichen Grund wechselt er zwischen Deckfarbenminiatur und kolorierter Federzeichnung ( 44v–46r Deckfarben, 47r–66r Federzeichnung, 92r ff. vornehmlich Deckfarben, doch 138va, 143rb, 193ra, 251va Federzeichnungen). Sein »Gehilfe« arbeitet ausschließlich in Deckfarben, für ihn dürften die gedrungenen, oft schlecht proportionierten Figuren, wohl auch die nicht so komplizierten Faltenformationen kennzeichnend sein. Seine Bilder haben profilierte Rahmen in Deckfarben, zuweilen auch mit Dekorbesatz (80ra), manchmal ist nur eine Farbfüllung ausgeführt (89vb, 90rb unfertig?). Dem Mosemeister und seiner Werkstatt könnten auch die Initialen (außer 1r) zuzuweisen sein, u. a. entspricht seine Farbwahl der der Initialen (ähnliche Erwägung bei
Der Bilderzyklus ist thematisch weniger breit gefächert als die Anzahl von 92 Darstellungen annehmen lässt: Allein zehn Miniaturen sind den Ägyptischen Plagen gewidmet, die somit einen herausragenden Schwerpunkt bilden (48va–51vb). – Nach dem Bericht über Salomo, zu dem als letztes Bild Salomo und die Königin von Saba (als Negerin) eingefügt ist (151vb), wird die Bebilderung deutlich spärlicher, auf den letzten 100 Blättern finden sich lediglich 14 Bilder, die Bücher Ester und Makkabäer I–II etwa haben überhaupt keine Illustrationen (fehlende Vorlagen/Anregungen?). Ansonsten wirkt die Bildauswahl zwar konventionell, zu etlichen Themen jedoch werden Bildmomente inszeniert, die neben dem vielfach Üblichen liegen. Beispiele: Tod der fünf Könige (Josua): nicht dargestellt durch fünf am Galgen hängende Körper, vielmehr thronender Josua, der seinen siegreichen Heerführern befiehlt, auf den fünf gefangenen Königen herumzutrampeln ( 94ra); eherne Schlange (Numeri): nicht diese ist dargestellt, sondern die von Gott geschickten Giftschlangen und das Volk, das Mose bittet, Gott um Verschonung anzurufen (80ra).
Milchig ausgemischte Palette: Altrosa, Mittelblau, blasses Grün, Ocker, Grau, auch Schwarz (221v); Blattgold.
Abb. 31: 9ra. Kain erschlägt Abel.
Abb. 32: 37v. Joseph weint, während seine Brüder speisen.
Abb. 33: 204r. Vision Ezechiels, der Prophet mit Gottvater und dem Rad mit den vier Lebewesen der Evangelisten.