38.7.5. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 3712
Bearbeitet von Rainer Leng
KdiH-Band 4/2
1556 (95v).
Südwestdeutsch (Augsburg?).
Herkunft unbekannt, das Explizit Jorgens wilhalms huters khunst zu augspurg des langen schwerts 1556 (95v) dürfte auf eine Vorlage Wilhalms, kaum aber auf eine Beteiligung bei der Entstehung der Handschrift schließen lassen; spätere Besitzer Joan Jacob Sponey Straubing (vorderer Innendeckel, nochmals Johan Jacob Spaney [Straubung] Camerdiener S. E. 1730 25r, 48r, 123v, 166v), Johann Ehrnßhaimer geborner zu Ehretshaim Obrister Wachtmeister Comontiret alhir zu Straubing den 2. Juni 1634 (201r); aus Privatbesitz im 18. Jahrhundert in die Bibliothek des Klosters St. Emmeram zu Regensburg gelangt, verzeichnet im Bibliothekskatalog des St. Emmeramer Bibliothekars Koloman Sanftl (1752– 1809) Cbm Cat. 14/3, vgl. den Hinweis im vorderen Innendeckel [Quondam Em. X. 7 [961] Sanftl. Catalog III p. 124], nach 1810 in die Hofbibliothek München überführt.
1. | 1r–23v |
Johannes Liechtenauer, ›Kunst des langen Schwerts‹ (Bearbeitung)
›Maister Liechtennawers Künnstbüech. Junng Ritter Lernen gott lieben / Inn zier dess fechtenns thue dich iben‹ |
2. | 25r–31r |
Martin Hundfeld in der Bearbeitung von Meister Cron, Fechtkunst
›Hie hebt sich an Maister Cron Kunnst fechtenns im harnasch aus den vier huetten zu fües vnnd Kampffe. Wer absinnet fechtens zu fueß beginnet der schickh sein sper‹ |
3. | 31v–37v |
Martin Hundfeld, Fechten mit dem kurzen Schwert
›Hie hebt sich an das Kurtz Schwerdt zum Kampff als Es maister Martin Hundtsfelder gesetzt hatt. Item nim das schwerdt pej der rechten handt‹ |
4. | 38r–42v |
Meister Ott, Ringkunst
›Hie heben sich an die Ringen die Maister Ott gedicht hatt so ein getauff Jud gewest. Item in allen Ringen sollen sein 3 ding, das erst kunst das ander behendigkait‹ |
5. | 43r–51r |
Meister Lew, Fechtkunst zu Roß
›Zu Ross mit Ritterlicher were etc. Item von deiner prust zu seiner rechten handt‹ |
6. | 51v |
Verpflichtungserklärung Lienhart Sollingers
›Der aid Ritterliches kampfs als der von mir doctor wolfgang Huisperg meinen schueler geben wurdt In Eer den aller Edeldst Ritter vnserm vorkempffer Jesu Cristi. Als ich Lienhart Sollinger den kampff zu klernen willens‹ |
7. | 53r–65r |
Hans Lecküchner, ›Kunst des Messerfechtens‹
›Hie hebt sich ann Maister Liechtennauers Kunst des Messervechtenbs wie hernach volgt. Ob du achten / messer vechten betrachten‹ |
8. | 65r–66r |
Johannes Liechtenauer, ›Kunst des langen Schwerts‹ (Merkverse, Bearbeitung, mit eingeschobenen Erläuterungen zum Spießfechten)
›Jung ritter lerne Got lieb haben vnnd frawen ehren‹ |
9. | 66r–66v |
Meister Jobst von Württemberg, Fechten mit dem langen Schwert
›Das ist der klain zettell des langen schwerts‹ |
10. | 66v–68v |
Messerfechtlehre
›Hie fachent an die stuckh im messer. Item stand mit dem linckhen fues für vnd halt dein messer‹ |
11. | 69rv |
Nicolaus Thun (69v), Dolchfechten
›das seindt gueten stuckh in degen. Item sticht dir einer oben nach dem gesicht‹ |
12. | 69v–73r |
Meister Ott, Ringkunst (Bearbeitung)
›Das ist von den ringen. In allen ringen sollen sein drey ding, das erst die kunst‹ |
13. | 73r–78r |
Fechten mit dem Dolch
›das ander stuck degen wider degen. Kumbt aber ainer an dich‹ |
14. | 78r–83r |
Fechten mit dem Schwert
›Das ist von den vier blesen. Die vier bles wisse zu Raümen so schlechstu gwis‹ |
15. | 83r–87r |
Fechten mit unterschiedlichen Waffen (Schwert, Spieß und Dolch)
›Den spies abzuhawen begreifen vnd mit dem schwert zu schiesen. Bistu komen von spiesen vnd von schilten‹ |
16. | 87r–88v |
Ringen
›Arm ringen zu rauffen zu hals vnd zu bein. Item laufft einer zu dir vnd wil mit dir ringen so wart welicher handt‹ |
17. | 89r–95v |
Johannes Liechtenauer, ›Kunst des langen Schwerts‹, mit Glossen von Jörg Wilhalm, ohne Abbildungen
›ein guett gemain ler des langen schwerts. Wiltu kunst schawen so bis lingckhs vnnd rechts mit hawen vnd lingckh mit rechtenn Ist das du starck begerst zuvechtenn‹ |
18. | 97r–136r |
Johannes Liechtenauer, ›Kunst des langen Schwerts‹, mit Glossen von Jörg Wilhalm, mit Abbildungen und Bildkommentaren
›Wiltu kunst schawen so bis lincks vnnd rechts mit hawen Ist das du starck begerst‹ |
19. | 138r–155v |
Jörg Wilhalm, Fechtbuch
138r–155v Kampf zu Pferd im vollen Harnisch (teils ein Gewappneter gegen einen Ungewappneten) mit dem langen Schwert und Lanzen einschließlich Ringen ›Item so du vermercken wilt die riterliche kunst lere zu ros kempf‹ 156r Bild dreier Personen ›Hie stond drey personen ain reicher ain starcker ain schwacher. Man hat reich weder kunst noch wiz‹ 156v Knieender Gewappneter mit Spruchband ›hilf her du ewigs wort hilf hie vnd der sel dort‹ 157r–198v Bildkatalog Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit dem langen Schwert, einschließlich Ringen, Entwinden der Waffen, Wiederaufnahme, Halten und Töten, bis 167v ohne Beischriften, 168r eingeschobene Abbildung zur Einführung des Kämpfers in den Ring unter einem Mantel ›hie fiert der maister sein hern in die schranckhen wie er sy halten sol‹, Beischriften ab 172r ›Das ist die erst hut vnd stand. Item so du aim zu kampf lernen wilt‹ |
20. | 196r–203r | Bildkatalog Bloßfechten zu Fuß mit Kurzschwert und Buckler (Kopien von Holzschnitten?) |
21. | 203v–209v | Bildkatalog Bloßfechten zu Fuß mit Kurzschwert und Buckler zwischem einem Kleriker in halblangem Gewand und einem Schüler |
22. | 210r–211r | Karikatur, Kampf zweier Geistlicher mit Holzschilden und Keulen, Kampf halbnackter Männer zu Fuß mit dem Messer |
23. | 211v | Karikatur, Frau dringt mit einer Schaufel auf einen Mann ein, der nach Waffen greift |
Papier, 212 Blätter (moderne Foliierung, über diverse ältere Foliierungen und Paginierungen, teils mit 1 neu einsetzend), 305 × 225 mm, Hand I: 1r–51v Kursive mit Zwischenüberschriften in Textura; Hand II: 53r–88v Kursive mit Zwischenüberschriften in Textura, Hand III: 89r–123v, 156rv, 168rv, 211v Kursive mit anfänglichen Zwischenüberschriften in Textura, Hand IV: 124r–155v, 172r–195v Kursive; durchgehend einspaltig, 1r–95v bis zu 33 Zeilen, 97r–155v 1–11zeilige Bildbeischriften, keine Initialen oder Lombarden, nicht rubriziert.
bairisch und schwäbisch.
226 nicht kolorierte Federzeichnungen von zwei Zeichnern, Zeichner I: 97r–209v, Zeichner II: 210r–211v.
97r–155v und 157r–195v 120 × 170 mm große Fechter- und Reiterpaare, rahmenlos in der oberen Seitenhälfte mit darunter angebrachten Beischriften und Erläuterungen, 156r 180 × 180 mm und 156v 270 × 170 mm große ganzseitige Zeichnung mit Bildunter- und -überschrift, 196r–203r Zeichnungen in 150 × 130 mm großen Rahmen in der oberen Seitenhälfte, 203v–209v 125–150 mm große Zeichnungen in der oberen Seitenhälfte, mit Linie abgeteilt, 210r–211v 120–140 mm große Zeichnungen in der oberen Seitenhälfte.
Grobe, schematische Federzeichnungen in verschiedenen Stadien der Ausführung, teils nur umrißartig, teils mit detaillierteren Gewändern bzw. Rüstungen und wechselnd intensiver Schraffierung, nur selten Schattenwurf angedeutet, 97r–195v Figuren frei im Raum stehend ohne Rasengrund, Horizontlinie oder Rahmen, jedoch mit durchgehend gutem Sinn für Haltungen, Proportionen und Dynamik; 196r–203r vermutlich vom selben Zeichner, jedoch vorlagenbedingt stilistisch abweichende Figuren mit gebauschter Kleidung in Rahmen vor Horizontlinie und gelegentlich angedeuteten Fußböden; 203v–209v ebenfalls vorlagenbedingt stilistisch abweichende Figuren mit halblangen Gewändern mit reichem Faltenwurf, eine der Figuren jeweils mit Kukulle, die andere wechselnd als Jüngling oder älterer, bärtiger Mann dargestellt.
Fechterpaare, durchgehend nach Vorlagen aus den Handschriften Jörg Wilhalms gestaltet; Textvorlage für die ersten Stücke wahrscheinlich Augsburg, I.6.4º3; Bildvorlage unter Weglassung (bzw. Hintanstellung: 210r–211r) der Fasnachtselemente und Umstellungen wahrscheinlich unmittelbar München, Cgm 3711 (Nr. 38.7.4.); die Kämpferpaare mit Mönchsgewand zeigen entfernte Übereinstimmungen mit Leeds, Royal Armouries, I. 33 (Nr. 38.9.8.) (stilistische Übereinstimmung auch mit einer Zeichnung aus Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. I.6.2º4 [Nr. 38.8.2.], 40r).
Abb. 42: 172r. Jörg Wilhalm, Fechtbuch: Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit dem langen Schwert.
Abb. 43: 210r. Karikatur, Kampf zweier Geistlicher mit Holzschilden und Keulen.