27a. Ulrich von Lilienfeld, ›Concordantiae caritatis‹
Bearbeitet von Martin Roland
KdiH-Band 4/1
Die monumentalen ›Concordantiae caritatis‹ des Lilienfelder Abtes Ulrich (1345–1351 Abt; gestorben wohl vor 1358: vgl.
Den Hauptteil der ›Concordantiae‹ bilden 248 typologische Gruppen, die jeweils eine Bildseite (verso) einer erläuternden Textseite (recto) gegenüberstellen. Die Bildseiten bestehen aus dem Antitypus und vier Prophetenhalbfiguren oben sowie darunter zwei biblischen Typen und zwei Naturbeispielen. Das ›liturgisch‹ geordnete Werk beginnt mit dem Abschnitt de tempore, dann folgen de sanctis und einige weitere Gruppen, u. a. zum commune sanctorum und zum Dekalog.
Abgeschlossen werden die ›Concordantiae‹ mit einem Tugend- und Lasteranhang, der nach einem lateinischen Etymachietraktat verschiedene teilweise tabellarisch oder noch stärker graphisch aufbereitete Seiten enthält (zu den lateinisch und deutsch bzw. ausschließlich deutsch abgefaßten Teilen siehe unten). Die ›Unterschrift‹ hec Ulricus und die Erwähnung im Vorwort bestätigen, daß Ulrich diesen Abschnitt als integrativen Teil der ›Concordantiae‹ verstand.
Die in den 1350er Jahren entstandene ›Urhandschrift‹ hat sich in der Stiftsbibliothek Lilienfeld erhalten (Cod. 151). Von den drei derzeit bekannten illustrierten Abschriften des Gesamtwerks sind zwei sicher in Wien entstanden (Budapest, Zentralbibliothek der Piaristen, CX 2, 1413 datiert, und deren Abschrift Paris, Bibliothèque nationale de France, Ms. nouv. acq. lat. 2129, 1471 datiert), bei der unten beschriebenen (New York, The Morgan Library, M 1045, um 1460) ist es wegen der Stadtansichten von Wien und Wiener Neustadt mit guten Gründen anzunehmen; zu weiteren illustrierten Teilabschriften siehe
Die – lateinischen – ›Concordantiae caritatis‹-Handschriften enthalten einige deutschsprachige Abschnitte:
1. Mittelhochdeutsche Bildbeischrift: Zur Gruppe der Conversio (s.
2. Der jeweils recto neben den Bildseiten stehende erläuternde Text enthält zu den Naturbeispielen (und wohl noch an anderen Stellen) deutsche Begriffe. Lilienfeld 20r steht zum ersten Naturbeispiel nach dem lateinischen Begriff allecia der deutsche Hering, beim zweiten Naturbeispiel nach lateinisch mugil deutsch Parwe (Meeräsche), 55r nach lateinisch cervus das deutsche Hierzz. Noch während des Entstehungsprozesses der Lilienfelder Urhandschrift wurden einzelne volkssprachliche Bezeichnungen in frei gelassene Felder des Textes ein- bzw. seitlich beigefügt, so z. B. Lilienfeld 7r zum ersten Naturbeispiel der deutsche Begriff swalben seitlich neben dem lateinischen hirundines im Text und zum zweiten lembel neben agnellus; Lilienfeld 78r (Naturbeispiel Hase) der Terminus has seitlich neben lepus im Text. Bei den entsprechenden Bildern wurden keine Ergänzungen vorgenommen; die volkssprachlichen Randbemerkungen fehlen im New Yorker Exemplar.
Auch im Tugend- und Lasteranhang werden bei den lateinischen Begleittexten zum Tugend- bzw. Lasterwagen (Lilienfeld 254v und 255r, s.
3. Deutsch/lateinische bzw. deutsche Abschnitte im Tugend- und Lasteranhang:
a. Bebilderte Tabelle zu den sieben Todsünden (Lilienfeld 255v–256r; Budapest 254v [der zweite Teil fehlt wegen Blattverlusts]; New York 256v–257r; Paris: Blattverlust). Jeder Todsünde wird ein Tier, eine Pflanze, ein Körperteil, ein Dämon und ein ›barbarisches‹ Volk zugeordnet. Die deutschen Beischriften werden durch einen lateinischen Absatz ergänzt.
b. ›Rat der Vögel‹ (Lilienfeld 256v–257r; Budapest: Blattverlust; New York 257v–258r; Paris: Blattverlust bzw. 217r). Zu diesem siehe Stoffgruppe 126.
c. Turris virtutum (Lilienfeld 258v; Budapest 255v; New York 259v [mit Nennung des Erstbesitzers Leonhard Dietersdorfer]; Paris 216v). Die Bildseite ist lateinisch, die in direkter Rede wiedergegebenen Äußerungen der Tugenden sind jedoch volkssprachlich.
d. Bebilderte Tabelle mit Moralgeboten (Lilienfeld 259r; Budapest 256r; New York 260r; Paris 218r); lateinisch/deutsch.
e. Acht Seiten mit Baumschemata (Lilienfeld 259v–263r; Budapest 256v–260r; New York 260v–263r, 254r [das Schema zum Pater noster fehlt]; Paris 218v–222r). Dieser Abschnitt enthält lateinische und deutsche Abschnitte.