KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

27a. Ulrich von Lilienfeld, ›Concordantiae caritatis‹

Bearbeitet von Martin Roland

KdiH-Band 4/1

Die monumentalen ›Concordantiae caritatis‹ des Lilienfelder Abtes Ulrich (1345–1351 Abt; gestorben wohl vor 1358: vgl. Roland [2002] S. 11 f.) gehören zu den Spätwerken der typologischen Literatur des Mittelalters. Bei vielen typologischen Werken wie der ›Biblia pauperum‹ oder dem ›Speculum humanae salvationis‹ (zu den deutschsprachigen Fassungen siehe Stoffgruppen 16. und 120.) war das Bild eine primäre und grundlegende Komponente des Gesamtwerkes. Dies gilt auch für die ›Concordantiae‹, deren Hauptteil freilich nur lateinisch überliefert ist, also nie übersetzt wurde.

Den Hauptteil der ›Concordantiae‹ bilden 248 typologische Gruppen, die jeweils eine Bildseite (verso) einer erläuternden Textseite (recto) gegenüberstellen. Die Bildseiten bestehen aus dem Antitypus und vier Prophetenhalbfiguren oben sowie darunter zwei biblischen Typen und zwei Naturbeispielen. Das ›liturgisch‹ geordnete Werk beginnt mit dem Abschnitt de tempore, dann folgen de sanctis und einige weitere Gruppen, u. a. zum commune sanctorum und zum Dekalog.

Abgeschlossen werden die ›Concordantiae‹ mit einem Tugend- und Lasteranhang, der nach einem lateinischen Etymachietraktat verschiedene teilweise tabellarisch oder noch stärker graphisch aufbereitete Seiten enthält (zu den lateinisch und deutsch bzw. ausschließlich deutsch abgefaßten Teilen siehe unten). Die ›Unterschrift‹ hec Ulricus und die Erwähnung im Vorwort bestätigen, daß Ulrich diesen Abschnitt als integrativen Teil der ›Concordantiae‹ verstand.

Die in den 1350er Jahren entstandene ›Urhandschrift‹ hat sich in der Stiftsbibliothek Lilienfeld erhalten (Cod. 151). Von den drei derzeit bekannten illustrierten Abschriften des Gesamtwerks sind zwei sicher in Wien entstanden (Budapest, Zentralbibliothek der Piaristen, CX 2, 1413 datiert, und deren Abschrift Paris, Bibliothèque nationale de France, Ms. nouv. acq. lat. 2129, 1471 datiert), bei der unten beschriebenen (New York, The Morgan Library, M 1045, um 1460) ist es wegen der Stadtansichten von Wien und Wiener Neustadt mit guten Gründen anzunehmen; zu weiteren illustrierten Teilabschriften siehe Roland (2002) S. 17 f. und Roland, Konkordanz.

Die – lateinischen – ›Concordantiae caritatis‹-Handschriften enthalten einige deutschsprachige Abschnitte:

1. Mittelhochdeutsche Bildbeischrift: Zur Gruppe der Conversio (s. Pauli) tritt als zweites Naturbeispiel ein gelehriger Hund auf, der ›Männchen‹ macht. Neben dem lateinischen Bildtitulus wird der Befehl des Menschen wiedergegeben: Lilienfeld 167v (auf und dienet paͤrtel); Budapest 166v (auf und din parczl); New York 168v (Nyder stübl stich, hier mit veränderter Illustration: Der Mann hält einen Vogel, während der Hund einem [dessen?] Küken nachspürt); Paris 145v (auf und dien porczl). Die offenbar auf das Grundkonzept zurückgehende Verwendung der Volkssprache im Bereich der Bildbeschriftung ist auf diesen Einzelfall beschränkt.

2. Der jeweils recto neben den Bildseiten stehende erläuternde Text enthält zu den Naturbeispielen (und wohl noch an anderen Stellen) deutsche Begriffe. Lilienfeld 20r steht zum ersten Naturbeispiel nach dem lateinischen Begriff allecia der deutsche Hering, beim zweiten Naturbeispiel nach lateinisch mugil deutsch Parwe (Meeräsche), 55r nach lateinisch cervus das deutsche Hierzz. Noch während des Entstehungsprozesses der Lilienfelder Urhandschrift wurden einzelne volkssprachliche Bezeichnungen in frei gelassene Felder des Textes ein- bzw. seitlich beigefügt, so z. B. Lilienfeld 7r zum ersten Naturbeispiel der deutsche Begriff swalben seitlich neben dem lateinischen hirundines im Text und zum zweiten lembel neben agnellus; Lilienfeld 78r (Naturbeispiel Hase) der Terminus has seitlich neben lepus im Text. Bei den entsprechenden Bildern wurden keine Ergänzungen vorgenommen; die volkssprachlichen Randbemerkungen fehlen im New Yorker Exemplar.

Auch im Tugend- und Lasteranhang werden bei den lateinischen Begleittexten zum Tugend- bzw. Lasterwagen (Lilienfeld 254v und 255r, s. Roland [2002] Abb. 60 f.) die Teile des Wagens zuerst lateinisch und dann deutsch benannt; die Stange, an der die Zugpferde angeschirrt werden (Richtbalken) wird nur deutsch als gerihtpaum bzw. gerihtpem bezeichnet.

3. Deutsch/lateinische bzw. deutsche Abschnitte im Tugend- und Lasteranhang:

a. Bebilderte Tabelle zu den sieben Todsünden (Lilienfeld 255v–256r; Budapest 254v [der zweite Teil fehlt wegen Blattverlusts]; New York 256v–257r; Paris: Blattverlust). Jeder Todsünde wird ein Tier, eine Pflanze, ein Körperteil, ein Dämon und ein ›barbarisches‹ Volk zugeordnet. Die deutschen Beischriften werden durch einen lateinischen Absatz ergänzt.

b. ›Rat der Vögel‹ (Lilienfeld 256v–257r; Budapest: Blattverlust; New York 257v–258r; Paris: Blattverlust bzw. 217r). Zu diesem siehe Stoffgruppe 126.

c. Turris virtutum (Lilienfeld 258v; Budapest 255v; New York 259v [mit Nennung des Erstbesitzers Leonhard Dietersdorfer]; Paris 216v). Die Bildseite ist lateinisch, die in direkter Rede wiedergegebenen Äußerungen der Tugenden sind jedoch volkssprachlich.

d. Bebilderte Tabelle mit Moralgeboten (Lilienfeld 259r; Budapest 256r; New York 260r; Paris 218r); lateinisch/deutsch.

e. Acht Seiten mit Baumschemata (Lilienfeld 259v–263r; Budapest 256v–260r; New York 260v–263r, 254r [das Schema zum Pater noster fehlt]; Paris 218v–222r). Dieser Abschnitt enthält lateinische und deutsche Abschnitte.

Literatur zu den Illustrationen:

Gustav Heider: Beiträge zur christlichen Typologie aus Bilderhandschriften des Mittelalters. Jb. der k.k. Centralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale 5 (1861), S. 26–32; Hans Tietze: Die typologischen Bildkreise des Mittelalters in Österreich. Jb. der k. k. Zentral-Kommission N.F. 2/2 (1904), Sp. 21–88, bes. Sp. 67–69. 79–88; Hans Tietze: Die Handschriften der Concordantia Caritatis des Abtes Ulrich von Lilienfeld. Jb. der k.k. Zentral-Kommission N.F. 3/2 (1905), Sp. 27–64; Hans Rost: Die Bibel im Mittelalter. Beiträge zur Geschichte und Bibliographie der Bibel. Augsburg 1939, S. 237–246; A[lfred] A. Schmid: Concordantia caritatis. In: RDK 3 (1954), Sp. 833–853; L. H. D. van Looveren: Concordantia caritatis. In: LCI 1 (1968), Sp. 459–461; Gerhard Schmidt: Kunst um 1400. Forschungsstand und Forschungsperspektiven. Kunsthistorisches Jahrbuch Graz 24: Internationale Gotik in Mitteleuropa (1990), S. 34–49, bes. S. 45–47 (zu Budapest); Martin Roland in: Gotik. Hrsg. von Günter Brucher. München 2000 (Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 2), S. 151, 515 f., Kat.-Nr. 254 (Lilienfeld) und S. 261 f., Kat.-Nr. 262 (Budapest); Gerhard Schmidt in ebd. S. 482–484; Hedwig Munscheck: Die Concordantiae caritatis des Ulrich von Lilienfeld. Untersuchungen zu Inhalt, Quellen und Verbreitung mit einer Paraphrasierung von Temporale, Sanktorale und Commune. Frankfurt am Main 2000; Anna Boreczky: Imitation und Invention. Beobachtungen zur Entstehungsgeschichte der Illustrationen der Budapester Concordantiae Caritatis-Handschrift. Acta Historiae Artium 41 (1999/2000), S. 1–62; Martin Roland: Die Lilienfelder Concordantiae caritatis. Graz 2002 (Codices illuminati 2); Ferdinand Opll/Martin Roland: Wien und Wiener Neustadt im 15. Jahrhundert. Unbekannte Stadtansichten um 1460 in der New Yorker Handschrift der Concordantiae caritatis des Ulrich von Lilienfeld. Innsbruck u. a. 2006 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 45); Martin Roland: Konkordanz der Bildseiten der Handschriften von Udalricus Campililiensis (Ulrich von Lilienfeld), Concordantiae caritatis (http://www.univie.ac.at/paecht-archiv-wien/cc_html/cc-startseite.html) (Version 1 ab 1. Juni 2007).