KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

90.0.a. [Basel]: [Bernhard Richel], [1473/1474]

Bearbeitet von Heidrun Stein-Kecks

KdiH-Band 9

Beschreibung:

2o, 100 Blätter, ohne Zählung, a–k10, k9b–k10b leer, Blocksatz einspaltig, 27–35 Zeilen.

Bildausstattung:

67 ganzseitige, mit Tituli auf der Seite freigestellte Holzschnitte von 67 Stöcken, ca. 175 × 130–135 mm, mit dem breiten Randsteg des Holzstocks gerahmt; a1r zweiteilige Winkelleiste aus mit Blüten und Knospen besetzten Laubranken, in der Kopfleiste mittig eingeschlossen die Stadtwappen von Basel und Nürnberg (seitenverkehrt); Incipit mit Inhaltsangabe in Rotdruck; S-Initiale zur Vorrede, quadratisch über acht Zeilen, Füllornament Halbpalmetten; quadratische Freiräume über vier Zeilen für nicht ausgeführte Initialen zu Beginn der auf den Holzschnitt folgenden Seite; Tituli überwiegend zweizeilig (ein- bis vierzeilig).

Bildthemen:

Die einheitlich konzipierte Bildfolge der 67 für diesen Druck entworfenen Holzschnitte gilt als der Standard, an dem Abweichungen gemessen werden (Bildthemen siehe Einleitung, Nr. 90.). Die Abweichungen beziehen sich vor allem auf den Augsburger Druck Johann Bämlers (Nr. 90.0.b.), dessen wohl in kurzem zeitlichen Abstand auf den Markt gekommene erste Ausgabe weitgehende motivische und ikonografische Übereinstimmungen aufweist, in der Bildsprache, der Bildfolge und der Position der Illustrationen in der Textfassung aber signifikant abweicht. Die Verteilung der Bildseiten im Text lässt mit Prolepsen und Analepsen nicht dieselbe Regelmäßigkeit erkennen, die die Bilderzählung über das Format suggeriert. Die Holzschnitte weisen teilweise voraus auf erst danach im Text ausgeführte Situationen, schieben sich in den Erzählfluss oder schließen Episoden ab (Drittenbass [2011] S. 243–310). Es ist gut möglich, dass die Einfügung von Tituli und die Entscheidung für ganzseitige Holzschnitte ohne eine passgenaue Vorlage erfolgte, was die Verschiebungen der Text-Bild-Beziehungen gegenüber den überlieferten Vergleichsausgaben erklären kann. Mit ihrer sparsamen Binnenzeichnung in der für die Entstehungszeit altertümlich wirkenden Tradition der Einblattdrucke sowie mit den teilweise konturlosen Formen scheinen die Holzschnitte auf manuelle farbige Nachbearbeitung und eine entsprechende Käuferschicht angelegt zu sein, die das gedruckte Buch einer illuminierten Handschrift angleichen wollte und über die nötigen Mittel dazu verfügte. Tatsächlich weisen mehrere Exemplare Kolorierungen auf. Die »ikonische Klarheit« (Hespers [2010] S. 156) der Komposition geht mit determinierten »Rezeptionsvorgaben« (Hespers [2010] S. 161) einher, was als ein Hauptcharakteristikum des Richel-Druckes gelten kann.

Von den 67 Holzschnitten weisen 34 motivische und kompositorische Übereinstimmungen mit der Basler Handschrift von 1471 (Nr. 90.0.1.) auf, deren kolorierte Federzeichnungen seitenverkehrt und oft mit reduziertem Bildpersonal im abweichenden Format der Holzschnitte wiedererkennbar sind. Vier der 38 Miniaturen in der unvollständig überlieferten Handschrift wurden nicht übernommen, darunter der Bau von Schloss Lusignan und (mindestens) eine Kindbettszene. Richel ändert zudem mit der Einführung von Bildtiteln an markanten Stellen die Positionierung der Illustrationen im Erzählfluss, wie beispielsweise im Erzählabschnitt der Geburt von Geoffroy und dreier weiterer Söhne bzw. deren erste Ausfahrten. In der Basler Handschrift kommt den Bildern mangels Tituli eine stärker den Text gliedernde Funktion zu. Richel hatte offenbar mit Schwierigkeiten bei der Anpassung unterschiedlicher Vorlagen für Text, Titel und Ikonografie zu kämpfen wie auch Bämler in seiner ersten Druckausgabe von 1474 (Nr. 90.0.b.). Im Unterschied zu den Handschriften zeigen aber beide Drucke einen Holzschnitt zur Bestrafung des unehrenhaften Gis von Armenien im Sperberschloss (Richel Nr. 63). Diese Beobachtungen bestärken die Annahme von verlorenen illustrierten Vorlagen mit ikonografischen, mikro- und makrotypografischen Varianten mit und ohne Tituli und sprechen gegen eine direkte Abhängigkeit der im übrigen unterschiedliche Textfassungen aufweisenden Basler ›Melusine‹-Ausgaben, aber auch zwischen dem Richel- und dem Bämler-Druck (vgl. Behr [2014] S. 100–103). Die im Zuge der neuen Edition (Schnyder/Rautenberg [2006]; Rautenberg [2006] S. 72–77) zu Gunsten von Bernhard Richel entschiedene Frage nach der editio princeps unter Verweis auf die mögliche Frühdatierung der Wasserzeichen (Sack [1985] Bd. 2, S. 74f.), auf finanzielle Belange Bernhard Richels sowie auf die künstlerisch geringer eingeschätzten Holzschnitte der bis dahin als Erstdruck geltenden Augsburger Ausgabe Johann Bämlers (Nr. 90.0.b.) blieb nicht unwidersprochen (Vöhringer [2008]; Schmidt [2009] Absatz 17–19). Die zuletzt herausgearbeitete, je eigenständige Bildsprache beider Drucke (Hespers [2010] S. 146–163) liefert weitere Argumente gegen eine direkte Abhängigkeit beider Drucke.

Digitalisat:

Darmstadt ULB Inc. IV 94; Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, St. Peter pap.23 INKA 11001531); München, BSB 2 Inc.s.a. 668 (INKA 24002980); Olomouc Státní Vĕdecká Knihovna 48704; Washington DC, Library of Congress, Incun. X.C82.

Faksimile:

Schnyder (2006a) (Teilfaksimile der Bildseiten des Exemplars Karlsruhe, fehlende Seiten nach Exemplar München); Stein-Kecks/Hespers/Feraudi-Denier (2012) S. 40–175 (Teilfaksimile der Bildseiten des Exemplars Darmstadt).

Literatur:

GW 12656, elf Exx. nachgewiesen; ISTC im00476000. – Butz (1987) S. 35, 42–71; Backes (2004) S. 178–180; Rautenberg (2006) S. 61–86; Domanski (2010) S. 260–277; Hespers (2010) S. 146–163; Drittenbass (2011) S. 243–310; Stein-Kecks/Hespers/Feraudi-Denier (2012); Bock (2013) S. 352–360; Feraudi-Denier (2013) S. 270–280; Stein-Kecks (2015); Zeldenrust (2016) S. 19–41; Colwell (2012) S. 293f.; Zeldenrust (2020) S. 71–74.

Anmerkungen:

Die Holzschnitte des Richel-Drucks wurden in verschiedenen Formaten nachgeschnitten, stilistisch oft eigenständig und motivisch im Einzelnen leicht verändert:

Veränderte Nachschnitte der Richelstöcke begründen die französische Drucktradition der ›Melusine‹ mit dem Text des Jean d’Arras:

Wiederverwendung der Druckstöcke Richels (teilweise unvollständig) u. a. in folgenden Ausgaben:

Weitere Materialien im Internet:

GW; Vöhringer (2008a) online; Schmidt (2009) online.

Abb. 119: Karlsruhe, BLB, Cod. St. Peter Pap. 23, f1r. Reymond sieht Melusine im Bad.

90.0.a._Abb._119.jpg
Abb. 119.