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62. Jagdbücher

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Jagdliteratur in deutscher Sprache hat in ihrer handschriftlichen Tradierung keine nennenswerte eigene ikonographische Überlieferung hervorgebracht: Weder das bebilderte Falkenbuch Friedrichs II. noch die in etlichen illustrierten Prachthandschriften erhaltenen Jagdtraktate des Gaston Phébus und des Henri de Ferrières strahlten in die deutschsprachige Überlieferung aus, und auch Bildzeugnisse zu Jagdthemen aus anderen Überlieferungslinien, etwa der höfischen Literatur, wirkten offenbar nicht in die Abschriften jagdpraktischer Gebrauchsliteratur hinein, ebenso wenig wie Jagddarstellungen, wie sie für die Wintermonate in Monatsbildzyklen für Kalender oder Stunden- und Gebetbücher verwendet wurden. Auch Jagdmotive des Drolerien-Fundus der Buchmalerei wie die Motive der »Verkehrten Welt« wurden nicht für die Ausstattung von Jagdliteratur nutzbar gemacht.

Eine Ausnahme bilden einige Erklärungen zu Jagd- und Fangpraktiken und -geräten innerhalb hausbuchartiger Bildersammlungen des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts (siehe Stoffgruppe 49a.; zum Überlieferungskontext auch Gerhard Eis: Jagdkundliche Gelegenheitsfunde in hippologischen Handschriften und Hausbüchern. Zeitschrift für Jagdkunde 11 [1965], S. 12–110). Mit Bildern ausgestattet sind ferner die im Vergleich vor allem mit der französischen Literatur späten und einzelgängerischen Exemplare höfischer Jagdbücher, das Tiroler Jagdbuch und das Tiroler Fischereibuch Maximilians I. (Brüssel, Bibliothèque Royale, ms. 5751-52 und Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 7962): Aufgrund ihrer in Bild und Text ganz auf das Herrschaftsgebiet und die Persönlichkeit Maximilians ausgerichteten Programme sind diese Handschriften in unserem Katalog der Stoffgruppe 86. ›Maximilianea‹ zugewiesen. Bezeichnend ist es immerhin, dass gerade in Maximilians Umfeld auch andere Auftraggeber und Nutzer begannen, mehr Wert auf eine aufwendige oder repräsentative Ausstattung ihrer Jagdliteratur zu legen. So ist Sebastian Rancks Bearbeitung von Hermann Münsingers ›Buch von den Falken‹, die Maximilian dediziert war, deren Abschriften aber nicht im Auftrag Maximilians entstanden, im Wiener Cod. 5213 mit Zierinitialen und Randleisten in Deckfarbenmalerei mit Goldauflage versehen, und Eberhard Hicfelts ›Falkenzucht‹ im Wiener Cod. 2457, der wegen des Rückeneintrags Ir Romischen Kaiserlichen Majestät etc. ebenfalls mit Maximilian I. in eine noch unklare Verbindung zu bringen ist, wird mit einer dekorativen Rankeninitiale (1r) eingeleitet.

Die einzige mit figürlichen Illustrationen ausgestattete deutschsprachige Jagdhandschrift liegt im 8o Cod. ms. 354 der Münchener Universitätsbibliothek (Nr. 62.0.1.) vor. Die Bedeutung dieser Handschrift besteht auch darin, dass die beigegebenen Bilder sich auf die ›Ältere deutsche Habichtslehre‹ und die ›Lehre von den Zeichen des Hirsches‹ beziehen, damit auf die beiden prominentesten Texte der deutschsprachigen Jagdliteratur des Mittelalters: Vermutlich besaß nicht nur das Büchlein von der Hirschjagd ein Titelbild (42v), sondern auf einem heute verlorenen Blatt auch die ›Habichtslehre‹, letzterer ist zudem die Adhoc-Zeichnung eines Hundes mitten im Text beigefügt. Ungeachtet ihrer singulären Stellung könnte deshalb die Münchener Handschrift trotz fehlender weiterer Überlieferungszeugnisse auf eine latente Tradition illustrierter deutschsprachiger Jagdbücher hindeuten. Zwar wird man das äußerst stilisierte Vogeldekor in der Eingangsinitiale der Baseler Abschrift der (aus der ›Älteren deutschen Habichtslehre‹ hervorgegangenen) ›Jüngeren deutschen Habichtslehre‹ (Universitätsbibliothek, D II 30, 245r) kaum als ein wirklich vom Text initiiertes Motiv (Beizvogel?) auslegen können; Indiz für eine vorhandene Bildaffinität könnte aber die Tatsache sein, dass gerade die ›Jüngere deutsche Habichtslehre‹ mit der um 1480 in Augsburg bei Anton Sorg erschienenen Ausgabe (›Beizbüchlein‹) nicht nur das erste gedruckte Jagdbuch überhaupt hervorbrachte, sondern dass dieses ebenfalls mit einem Titelbild versehen wurde (Nr. 62.0.a.).

Wie Anton Sorg für das ›Beizbüchlein‹ greifen dann auch die Drucker des seit ca. 1493 erscheinenden Büchleins über den Fischfang (›Büchlein, wie man Fische und Vögel fangen soll‹, [Heidelberg: Jakob Köbel, um 1493, GW 567910N]) zu wechselnden Holzschnitten für die Titelblattgestaltung. Diverse Holzschnitte, die Jäger oder Fischer in der Ausübung ihrer Tätigkeit zeigen, entstehen in der Folge als Titelbilder für gedruckte Jagdbücher und knüpfen damit auch an die frühen »Jagdstücke« an, die seit Beginn des 16. Jahrhundert in die Repertoires von Malern, Zeichnern und Kupferstechern eingingen. Auch das Jagdbuch des Petrus de Crescentiis (in der ›Ruralia commoda‹, Buch 10) erhält so in zwei beinahe gleichzeitig erschienenen separaten Neuübersetzungen Titelholzschnitte namhafter Künstler: ›Weydtwergk‹, Augsburg: Heinrich Steiner, 1530 (VD16 P 1838), und Straßburg: Christian Egenolff, 1530 (VD16 P 1839) mit einem Titelholzschnitt von Hans Weiditz (Jäger mit Jagdhund); ›Meysterliche stuck von Bayssen vnd Jagen‹, Augsburg: Heinrich Steiner, 1531 (VD16 M 2296), mit einem Titelholzschnitt Jörg Breus des Älteren (Falkner, dazu als weiterer Holzschnitt 22r: Jäger mit Hunden). Das zehnte Buch der ›Ruralia commoda‹ über die Jagd war bereits in der zweiten Ausgabe der Gesamtübersetzung durch den Bruder Franziscus ins Deutsche mit einer Holzschnittserie ausgestattet worden (Speyer: Peter Drach, um 1495 [GW 7832]; in der Erstausgabe von 1493 [GW 7831] hat Buch 10 noch keinen Holzschnitt): Diese Serie kann damit als das einzige Bildprogramm zu einem deutschsprachigen Jagdbuch vor 1500 gelten; eine handschriftliche Rezeption oder Adaptation des Programms ist jedoch nicht belegt.

Editionen:

Siehe unter Nr. 63.0.1.

Literatur zu den Illustrationen:

Kurt Lindner: Bibliographie der deutschen und der niederländischen Jagdliteratur von 1480 bis 1850. Berlin / New York 1976, S. 72f. – Harald Wolter–von dem Knesebeck: Aspekte der höfischen Jagd und ihrer Kritik in Bildzeugnissen des Hochmittelalters. In: Jagd und höfische Kultur im Mittelalter. Festschrift für J. Fleckenstein zum 75. Geburtstag. Hrsg. von Werner Rösener. Göttingen 1997 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 135), S. 493–572. – Ders.: Bildliche Darstellungen der Jagd zwischen Antike und Mittelalter als Teil der Erinnerungskultur und Repräsentation von Eliten. In: Die Jagd der Eliten in der Erinnerungskultur von der Antike bis in die Frühe Neuzeit. Hrsg. von Wolfram Martini. Göttingen 2000 (Formen der Erinnerung 3), S. 39–78. – Martina Giese: Sebastian Ranck († n. 1528) als Besitzer und Schreiber von Handschriften. Ein Beurener Pfarrer im Dienste Maximilians I. In: Von Sachsen nach Jerusalem. Menschen und Institutionen im Wandel der Zeit. Festschrift für Wolfgang Giese. Hrsg. von Hubertus Seibert und Gertrud Thoma. München 2004, S. 345–358. – Dies.: Das Aucupatorium herodiorum des Eberhard Hicfelt – ein veterinärmedizinisches Kompendium des 15. Jahrhunderts. PBB 132 (2010), S. 407–438. – Baudouin Van den Abeele: Texte et image dans les manuscrits de chasse médiévaux. Paris 2013.