KdiH

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55.0.3. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 46 Novissimi 2º

Bearbeitet von Ute von Bloh

KdiH-Band 6

Datierung:

Zwischen 1455 und 1462.

Lokalisierung:

Lothringisch-saarländischer Raum.

Besitzgeschichte:

Die Handschrift gehört mit Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. 11 und 12 in scrinio zu einer Gruppe von drei in Einrichtung und Ausstattung zusammengehörigen Handschriften, die im Auftrag Johanns III., des Sohnes Elisabeths von Nassau-Saarbrücken, entstanden sind (Hamburg, Cod. 11 in scrin., 1r: Wappen Johanns mit dem Emblem des Ordre du Croissant). 1r ein Besitzvermerk: Ferdinand Albrecht Hertzog zu Brunswyck und Luneburg / Strasburg 1669 / Vor Rth. Unter dem Titel auf dem Buchrücken ein Aufkleber mit der alten Signatur Nro 26. Vom Herzog Anton Ulrich Museum in Braunschweig im Jahr 1929 durch Tausch erworben (Butzmann [1972] S. 453).

Inhalt:
1r–172r Elisabeth von Nassau-Saarbrücken, ›Herzog Herpin‹
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 172 Blätter, 485 × 370 mm, Bastarda, mindestens zwei Schreiber (Text und rote Beischriften von zwei verschiedenen Händen), zweispaltig, 51–53 Zeilen, rote Tituli und Initialen, Rubrizierung, Blattverluste im vorderen Bereich. Die Blätter 1, 5 und 9 wurden im 17. Jahrhundert nach einem Druck ergänzt. Zwei Blattfragmente liegen der Handschrift in einem Umschlag bei, von denen das eine das erste Blatt ist, während das zweite zum dritten oder vierten Blatt gehören könnte (heute: 5).

Schreibsprache:

rheinfränkisch.

II. Bildausstattung:

32 eingeklebte Federzeichnungen, mit überwiegend deckend, bisweilen lavierend aufgetragenen Farben. Aufgrund von Blattverlusten fehlen im ersten Teil elf Bilder. Ab 44r ausgesparte Bildräume (Zählung der nicht ausgeführten Bilder aus dem 15. Jahrhundert: von 44 bis 101; die Zählung endet 107v). Wohl eine Malerhand.

Format und Anordnung:

Einspaltige und zweispaltige Bildformate. Zumeist sind die in schlichte gelbe Rahmen eingefassten Bilder dem Textinhalt vorgeordnet. Die roten Initialen wurden nach dem Einkleben der Bilder ausgeführt (vgl. 3r), wobei die Vorzeichnung oft noch zu erkennen ist. Die roten Tituli, die eigens für die Bilder konzipiert wurden, sind ebenfalls erst nach dem Einkleben der Bilder geschrieben worden (vgl. 2r). Nach dem Abbrechen der Bildfolge fehlen auch die Überschriften. Inhaltlich beziehen sich die Bildüberschriften nicht nur auf die Bildszenen, sondern zumeist auch auf das, was im nachstehenden Kapitel formuliert ist. Dadurch ergibt sich eine große Textnähe. Eine solche Vernetzung ist besonders in französischen und flämischen Handschriften üblich (Wolf [2000] S. 21).

Bildaufbau und -ausführung:

Detailreiche szenische Kompositionen, die häufig mehrere Ereignisse in einer Darstellung erfassen (2r, 14r usw). Besondere Aufmerksamkeit kommt den zu Beginn erzählten aufsehenerregenden Ereignissen zu, die verschiedentlich auf mehrere Phasen ausgedehnt und in mehreren Bildern ausgeführt sind (die Lebensgeschichte der Herzogin mit der Entführung des Säuglings in vier Bildern 2r, 2v, 4r, 4v; die Entdeckung der als Mann verkleideten Frau und ihre Flucht 11v, 12v, 13v, 14r usw.). Bisweilen ist die Identifizierung einzelner Personen anhand der Kleidung möglich (vgl. das graue Kleid der Herzogin 2r und 4r oder das Wams und die blauen Strümpfe des Räubers 2r, dessen Kleidung wiederum die Herzogin 4r trägt). Durch die konsequente Wiederaufnahme der – leicht variierten – Bildkompositionen, Motivkombinationen, Nebenfiguren und Landschaftsmuster schließen sich einzelne Bilder zu einer Erzählsequenz zusammen. Handelt es sich um Szenen in Innenräumen, dann ist zumeist eine befestigte Stadt mit einem Palast oder einer Burganlage zu sehen, die das Ganze mit ihren massiven Mauern und Gesimsen beherrscht. Integriert sind die Anlagen in dahinter verschwindende Landschaftsszenarien (11v, 12v usw.). Der Blick in einen Innenraum wird durch eine Öffnung in die von außen gesehene Architektur geführt (ebd.).

Die eingeklebten Bilder stammen aus der Werkstatt, in der auch die stilistisch und kompositorisch vergleichbaren Bilder in den Handschriften in Hamburg (Cod. 11 und 12 in scrinio) hergestellt wurden. Die Vorlage des »Johann-Malers« könnte aus der Umgebung des Boucicaut-Malers und seiner Nachfolger stammen (Wolf [2000] S. 46).

Bildthemen:

Da nur die ersten 32 Bilder erhalten sind, ist vor allem das spektakuläre Geschehen um die als Mann verkleidete Herzogin in Szene gesetzt, angefangen mit dem Vergewaltigungsversuch der Räuber im Wald, der ihre Verkleidung zur Folge hat, über die begehrliche Liebe der Königstochter Florie bis hin zum Zweikampf mit den Riesen. Vorgelagert ist dem die Geburt des Sohnes Lewe mit dessen Entführung durch einen Löwen (nicht also wie im Text durch eine Löwin), und unterbrochen sind die Darstellungen von Turnier- und Jagdszenen.

Farben:

Lavierend und deckend aufgetragenes Kolorit mit modellierenden Schraffuren und Strichelungen, Zinnoberrot und unterschiedliche Grünklänge, daneben Ocker- und Brauntöne sowie Blau und Grau.

Literatur:

Butzmann (1972) S. 453. – Historie von Herzog Herpin. Übertragen aus dem Französischen von Elisabeth von Nassau-Saarbrücken. Farbmikrofiche-Edition der Handschrift Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 46 Novissimi 2°. Kunsthistorische Einführung und Beschreibung der Handschrift von Eva Wolf. München 2000 (Codices illuminati medii aevi 57) [Mikrofiche-Ausgabe]; von Bloh (2002) S. 407–433, Abb. 3–12 im Anhang.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. 55.II: 9r. Die als Mann verkleidete Herzogin überfällt einen Riesen.

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Taf. 55.II.