KdiH

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29.6.2. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 324

Bearbeitet von Norbert H. Ott

KdiH-Band 4/1

Datierung:

Zwischen 1445 und 1455.

Lokalisierung:

Hagenau im Elsaß, Werkstatt Diebold Laubers.

Besitzgeschichte:

Wegeners (1927) Zuweisung der Handschrift in den Besitz Ludwigs III. von der Pfalz (S. 112) nach Fechter (1938) S. 132 bloße Vermutung. Im Katalog der älteren Schloßbibliothek von 1556/59 (Cod. Pal. lat. 1937, 22r) verzeichnet als Dieterich von Bern. Auͦf Papir geschrieben, mit figuͦren; im Inventar der Heiliggeistbibliothek 1581 (Cod. Pal. lat. 1931, 306v) als Der Heldenbuͦch. Dieterich von Bern, Papir, reimen mit figuren […] aufgeführt. 1r Allacci-Ranaldi-Signatur 1645.

Inhalt:
1r–352v ›Virginal‹, Version h
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 358 Blätter (1*–3*, 1–352, 353*–355*), 1*–3*, 353*–355* leer, je fünf moderne Vorsatz- und Nachsatzblätter, Reihenfolge durch Verbinden des Doppelblattes 305/306 in Lage 26 und der drei inneren Doppelblätter 327–332 von Lage 28 gestört (korrekt: 1–302, 305, 303, 304, 307, 308, 306, 309–326, 330–332, 327–329, 333–352), 267 × 219 mm, Bastarda, 1r Textura, drei Hände (I: 1r–95r, II: 95r–103r, III: 103v–352v [Hoc liberus schripsit Johannes port unus schriptor et magister in ardibus de argetyna (352v)], einspaltig, Verse abgesetzt, 22–27 Zeilen, rote Bildbeischriften und Abschnittsüberschriften, rote Strichelung der Anfangsbuchstaben, rote zwei- bis vierzeilige Lombarden zu Beginn jeder Strophe.

Schreibsprache:

elsässisch.

II. Bildausstattung:

46 kolorierte Federzeichnungen (5r, 14v, 21r, 32r, 43r, 51r, 58r, 67v, 77v, 92v, 96r, 99v, 106v, 117v, 138v, 153r, 163v, 171r, 177v, 184r, 191r, 199v, 207v, 211r, 215v, 221v, 224v, 228v, 235v, 240r, 247r, 251r, 259v, 264r, 272v, 278r, 282r, 286v, 296v, 303r, 309v, 316v, 323v, 329v, 343r, 348v). 107r unkolorierte Federzeichnung eines weiblichen Kopfes am Außenrand.

1r neunzeilige D-Initiale: Roter Buchstabenkörper vor grünen Blattranken, rechteckig gerahmt von schmaler roter und grüner Pinsellinie, aus der grüne Blattranken mit weiß-roten Blümchen wachsen; im Buchstaben-Innenraum nach rechts schreitender Wildmann mit Keule in graublau laviertem Fell, daneben Textbeginn in Textura.

Maler C und Malergruppe F der Lauber-Werkstatt (Saurma-Jeltsch [2001], Bd. 2, S. 64).

Format und Anordnung:

Ganzseitige, hintergrundlose, ungerahmte kolorierte Federzeichnungen, darüber rote, z. T. mehrzeilige Bildbeischriften (z. B. Also her dietherich wart nider geslagen von dem risen wickeram 96r, hie stritet bitterolff vnd hoher muͦt etc 282r) in gleicher Diktion wie die abschnittsgliedernden Zwischenüberschriften (z. B. Also her helfferich vnd partholaphe die hoͤrtzogin rentwin jren suͦn vnd den von berne vn̄ her hiltebrant enpfing 54r). Die Illustrationen leiten meist größere Erzählabschnitte ein; der vorausgehende Text endet oft auf der Blattmitte, der der Zeichnung folgende beginnt stets mit einer vierzeiligen Initiale.

Bildaufbau und -ausführung:

Beschränkung auf das Handlungspersonal und die zur Verortung der Handlung notwendigen Architektur- und Landschafts-Requisiten. Die Szene spielt stets auf einem unregelmäßig ausgezackten, oft Felsformationen imitierenden, aus wenigen Federlinien und -schraffen konstruierten Bodenstück, das mit kreidigem, leicht deckendem Blaugrün über stellenweise brauner Untermalung koloriert ist. Lediglich 191r zeigt den Blick in einen gewölbten Innenraum durch ein als Bildrahmen fungierendes Fenster. Für die ersten fünf Illustrationen (Maler C) sind die mit dünner Feder und nervösem Strich durchgezogenen Umrißlinien charakteristisch, ebenso die relativ kleinen Köpfe mit kantigem Kinn, gerader Nase, hochgezogenen Brauen und drahtigen Locken. Baumwipfel (z. B. 51r) werden durch grün übermalte, horizontale Parallelschraffen angegeben. Die für die Zeichnung der übrigen Bilder zuständige Malergruppe F zeichnet sich durch kräftigere, gerade, durchgezogene Umrißlinien und weitgehenden Verzicht auf Binnenzeichnung und Schraffuren aus. Die untersetzten Figuren haben stets zu große Köpfe mit runden Gesichtern und großen Nasen mit markanten Nasenflügeln, wie überhaupt auf die Durcharbeitung der Gesichter, Haare und Bärte größerer Wert als auf die der Körper gelegt wird. Die Männer tragen meist breite, barettähnliche Kopfbedeckungen, oft mit Federschmuck. Architekturen, Bäume und Pferde sind immer maßstäblich zu klein wiedergegeben. Die mit den Recken kämpfenden Riesen sind maßstäblich nicht hervorgehoben, Bibung wird nur 259v als Zwerg dargestellt. Bei Begegnungs- und Dialogszenen ausgeprägte Handgebärden. Modellierung wird durch die Übermalung heller Farbflächen mit dunkleren Farbstreifen erzielt.

Die Zeichnungen ab 58r wurden von der Malergruppe F entworfen und von dem seit der frühen Produktionsphase für die Werkstatt tätigen Maler C koloriert, der wiederum die Initiale 1r und vermutlich die ersten fünf Illustrationen (5r–43r) schuf, die ein Mitglied der Gruppe F überarbeitete (Saurma-Jeltsch [2001] S. 124).

Bildthemen:

Hauptsächlich Kampfszenen (mit Drachen und Riesen), Gespräche, Begegnungen und Ausritte. Architekturdarstellungen (maßstäblich stets zu klein) 21r (Brunnen), 67v (Burg), 99v (Turm), 163v (Burg), 207v (Zelt), 264r (Burg), 296v (Stadt Jeraspunt), 316v (Burg); Reisewagen 251r, 303r. An zwei Stellen ist für die Darstellung der Enthauptung des Gegners im Kampf gegen den Text und die Bildüberschrift der der christlichen Ikonographie entlehnte Bildtyp der Enthauptung eines Märtyrers verwendet: 14v (Also der heiden vnd her hiltebrant mit ein ander stritten vnd ime das hoͮbet abesluͦg) erhebt Hildebrand das Schwert, um einen knienden und betenden Hände Gerüsteten zu köpfen, 224v (Also wittich wolffhart dz houbt abe sluͦg) holt Wittich zum Schwerthieb gegen den ebenfalls im Gebetsgestus knienden Riesen Wolfrat aus.

Farben:

Bläuliches, leicht deckendes Grün, häufig über hellbrauner Untermalung; rötliches Hellbraun, warmes Grau, Sepia, Purpurrosa, blasses Gelb, Hellocker und Blau laviert; Zinnober deckend.

Literatur:

Bartsch (1887) S. 7 f.; Miller/Zimmermann (2007) S. 84 f. – Kautzsch (1895) S. 80 f.; Wegener (1927) S. 36 f.; Fechter (1938) S. 128 Anm. 5; Stammler (1967) Sp. 842; Frühmorgen-Voss (1975) S. 12, Abb. 13 (14v); Heinzle (1978) S. 333; Koppitz (1980) S. 39; Traband (1982) S. 84; Ott (1982/1983) S. 4 Anm. 6; Ott (1984) S. 372 f., Abb. 12 (43r); Ott (1987a) S. 249 f.; Ott (1995) S. 72 u. Anm. 82; Ott (1997) S. 43 u. Anm. 21; Händl (1999) S. 91 Anm. 14; Heinzle (1999) S. 136; Saurma-Jeltsch (2001) 1 S. 112 f. 123–128. 130 u. ö.; 2 S. 64 f., Abb. 143 (92v). 145 (117v). 146 (296v). 148 (21r), Taf. 21/1 (1r). 21/2 (14v). 21/3 (5r). 27/1 (58r); Ott (2002) S. 161 u. Anm. 38.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. Vb: 224v. ›Virginal‹: Wittich im Begriff, den Riesen Wolfrat zu enthaupten.

Abb. 49: 51r. ›Sigenot‹: Dietrich kämpft mit einem Drachen, Hildebrand und Rentwin schauen zu.

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Taf. Vb.
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Abb. 49.