KdiH

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26A.31.2. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 156

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 3

Datierung:

Um 1495 (Wegener), nach 1490 (Zimmermann).

Lokalisierung:

Bayern.

Besitzgeschichte:

Wegener (S. VII) erwägt Herkunft aus der Bibliothek des Kurfürsten Philipp des Aufrichtigen von der Pfalz (1448–1508).

Inhalt:
1v–170v Johannes de Thurocz, ›Chronica Hungarorum‹, deutsch
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier (4* Pergament), 189 Blätter (modern foliiert 1** [ehemals Spiegelblatt], 1*–5*, 1–170, 171*–183* [183* ehemals Spiegelblatt]; außerhalb des Lagenverbunds eingeheftet sind 4*, 1 und 5), 314 × 210 mm, einspaltig, Bastarda, ein Schreiber, 36–38 Zeilen, rote Strichel, in Buch 1 (bis 16r) ausschließlich Blattgoldinitialen über zwei Zeilen mit Perl- und Fadenfleuronnée in Grün und Violett, danach nur noch sporadisch Blattgoldinitialen, statt dessen einfache rote und blaue Initialen über zwei, gegen Ende auch über drei Zeilen (133r über fünf Zeilen), vor allem zum Schluß mehrfach fehlend.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch.

II. Bildausstattung:

41 kolorierte Federzeichnungen (1v, 5r, 18r, 19v, 20r, 20v, 21r, 21v, 22r, 27r, 30v, 31v, 38r, 40v, 53r, 56r, 61r, 64v, 67v, 70r, 72r, 73r, 73v, 74r, 74v, 76r, 77r, 77v, 79r, 80v, 82r, 83v, 91r, 104v, 111r, 116r, 129v, 132v, 134v, 145v, 164r), dazu auf jeder Bildseite Rankenwerk in Deckfarbenmalerei, auf zwei Bildseiten Randzeichnungen ohne Verbindung mit dem Rankenwerk: 19v (Fliege), 22r (Fliege und springender Hund). Wohl zwei Hände (gegen Wegener, der vorschlägt, das Wort gray/grau [zimmermann: graner] im Bild 132v als Name des einzigen Zeichners zu deuten), I: die meisten Porträtzeichnungen und deren Lavierung, II: Rankenwerk, Randzeichnungen, Teile der Porträtkolorierung (Rankengrund, 5r, 164r).

Format und Anordnung:

Eingangsbild auf separatem Einzelblatt 1v, mit nicht farbig ausgefülltem Kastenrahmen, 150 × 230 mm (quer!); die folgenden Herrscherporträts in der Regel halb- bis dreiviertelseitig, bei weitem nicht so konsequent zu Kapitelbeginn eingesetzt wie im Druck; auch die Einbindung in den Schriftspiegel nach dem Vorbild des Drucks gelingt nicht immer (72r/v: der anstelle des zu knappen Freiraums nach der Kapitelüberschrift auf der Rectoseite freigelassene Bildraum auf der Versoseite bleibt leer, das Porträt wird doch auf der Rectoseite eingefügt und ragt weit in den Fußsteg hinein) bzw. ist so auch nicht vorgesehen: Mit ca. 5 mm breiter, einfarbig gefüllter und profilierter Umrahmung, die häufig an einer oder zwei Seiten fehlt, sind die Bilder deutlich weniger als schriftspiegelbreit, so daß an den Randstegen noch Raum für Blattranken bleibt (ca. 145–185 × 130–140 mm); das Rankenwerk erstreckt sich jedoch auch – ohne Verbindung mit den Bildern – auf die gesamten äußeren Randstege der Bildseiten. Ausnahmen: 5r Porträt im Medaillon (Dm 115 mm), umgeben von Rankenwerk, ganzseitig, mit freibleibender Versoseite, 111r Porträt mit Rankenwerk ebenfalls ganzseitig mit freibleibender Versoseite, 164r Porträt in auffallend kleinformatigem Hochrechteck (133 × 82 mm), statt durch farbige Balken nur durch eine dünne violette Pinsellinie eingefaßt, Rankenwerk ganzseitig, der Versoseite ist jedoch beschrieben.

Bildaufbau und -ausführung:

Einzelbilder in enger Anlehnung an die Holzschnitte des Drucks Brünn: Konrad Stahel und Matthias Peinlein 1488 (GW M14782), die bis hin zu gleichem Ansatz von Stricheln und Schraffen genau kopiert sind. Wie im Brünner Druck sind drei Motive wiederholt (111r wiederholt 82r, 129v wiederholt 40v, 134v wiederholt 32v), an die Stelle der vierten Holzschnittwiederholung des Drucks (d5r wiederholt d3r; dritter und fünfter Hauptmann) wandelt die Handschrift die Darstellung des dritten Hauptmanns (20r, von Boreczky [2010, S. 77] als Entlehnung aus dem Augsburger Druck der lateinischen Chronik erkannt [GW M14775, d3r]) ab, bringt aber an anderer Stelle eine neue Motivwiederholung (77v Ladislaus IV. entspricht 111r und 82r). Gegenüber dem Druck fehlt (wohl versehentlich) die Darstellung von Bela I. (Brünn f5v). Dem Druck folgt das querformatige Eingangsbild mit der Darstellung der Landnahme 1v, diese jedoch mit größeren Abweichungen von der Vorlage: Die Personen sind größer, daher mußte ihre Anzahl reduziert und ihre Anordnung verdichtet werden; auch die Burg im Hintergrund fehlt. Gänzlich neu konzipiert sind nur die Darstellungen des Attila (5r) und des Matthias Corvinus (164r). Ansonsten sind gelegentlich Attribute leicht verändert, insbesondere bei János Hunyadi (145v), der abweichend vom Druck (Hunyadi mit erhobenem Schwert, die linke Hand auf einen Setzschild [Pavese] gestützt) hier an Stelle des Schwertes eine Lanze mit Fähnlein, anstelle des leeren Schildes ein geviertes Wappen (Patriarchenkreuz und ungarische Balken) mit sich führt.

Die großen, meist über die Einfassung hinausragenden Herrscherfiguren thronend (Ausnahme 145v János Hunyadi als Feldherr, stehend) in stets unterschiedlichen Sitzposen, die die Bildreihe trotz des gleichbleibenden Motivs recht lebendig machen: Anfangs sehr variantenreiche Gestik, ab 27r (Stephan I.) bringt die Beigabe von Herrschaftsinsignien mehr Gleichförmigkeit in die Bildreihe, doch Haltung, Beinstellung etc. bleiben stets unterschiedlich. Proportionen und Bewegungen stark verzeichnet, voluminöse Gewänder, Falten durch Schraffen und Farbabtönungen plastisch modelliert; Gesichter großflächig und plump, in Profilansicht mit markanter Hakennase, charakteristisch die »zusammengekniffenen« Münder und die großen, starren Augen mit meist aus den Augenwinkeln blickenden Pupillen. Thron als Hocker, Sessel oder Schemel mit Tierkopfwangen und Tierfüßen (Löwen, Drachen).

Die Federzeichnungen sind in meist blassen Wasser- und Deckfarben koloriert, geringe Modellierung in dunklerem oder anderem Farbton. Lichter mit Deckweiß oder Gelb aufgesetzt. Gegenüber dem Druck ergänzt ist in den meisten Bildern ein Bodenstück (grün laviert, manchmal – wie 1v – mit gemalten Gräsern: 132v, 145v), dazu vielfach Wappenschilde im Hintergrund sowie die Hintergrundausfüllung mit blauen und roten Federranken (nur gelegentlich als Raum ausgestattet: 27r Stephan, 38r Andreas I.; 104v Rankengrund in Deckfarbenmalerei). Dabei sind die Herrscherfiguren mit einer linearen Randung umgeben, die sie von dem ornamentalen Grund wie ausgeschnitten abheben. In der Farblavierung wie der Hintergrundausfüllung mit Ranken bleiben gelegentlich Partien ausgespart, was darauf hindeuten könnte, daß zu diesem Zeitpunkt der Kolorierung die Vorlage nicht mehr zur Verfügung stand und die Federzeichnung nicht als eindeutig empfunden wurde (40v Bodenstück nicht ausgefüllt, 79r Bodenstück, Hintergrund und Rückenlehne des Thrones nicht ausgefüllt, u. ä.). Nicht nur durch eigenständige Komposition und abweichendes Format, sondern auch durch ihre weitaus sorgfältigere Kolorierung zeichnen sich die Porträts 5r (Attila) und 164r (Matthias Corvinus) aus (insbesondere Inkarnat in feiner Farbabstimmung, weiche Farbmodellierung).

Von den Bildrahmen ausgehend stets schmale, wellig fließende Ranken mit akanthusähnlichen Blättern und Blüten an den eingerollten Enden, Federwerkausläufern und Goldpunkten mit spiraliger Federwerkrahmung; die Ranken oft locker miteinander verflochten mit Tendenz zu symmetrischer Anlage. 5r zusätzlich rechts und links Spruchbänder, Medaillonrahmen aus Zweig gebildet, von dem in runden Schwüngen die ganze Seite füllende Ranken mit Blüten und Goldpollen ausgehen; 164r im Rankenwerk zusätzlich acht Wappenschilde in Medaillons.

Bildthemen:

Das Eingangsbild (1v Reiter mit Phantasiestandarten und unterschiedlichen orientalisch wirkenden Hüten hinter einem Flüchtlingszug, der sich durch den Vordergrund des Bildes nach links in den Hintergrund bewegt, Männer gefesselt, Frauen Haushaltsutensilien und Kinder tragend, zum Schluß zwei Männer, die Vieh vor sich her treiben; unten rechts ungarischer Balkenschild) ist für den Brünner Druck stets als Darstellung der Landnahme interpretiert worden. Es ist jedoch auch als warnende Erinnerung an den Zusammenbruch Ungarns im Mongolensturm 1241 deutbar: In seiner abgewandel-ten Aufnahme in den Augsburger Neudruck wird es mit dem Titel Ingressus tartarorum versehen und dem ›Carmen miserabile‹ zugeordnet, das Motiv wird aufgenommen als Illustration der ›Tartarenlegende‹ im Druck der deutschen Hedwigslegende (Breslau: Konrad Baumgarten 1504, VD16 L 969, Siehe Nr. 51.14.a.). In der Heidelberger Handschrift liegt hingegen wegen der unmittelbaren Nähe zum Text (der genau mit der Beschreibung der Landnahme einsetzt) die erste Auffassung näher.

Die Reihe der Herrscherporträts wird eröffnet und beschlossen durch die beiden gegenüber dem Druck durch Format und besondere Ausführung hervorgehobenen Darstellungen Attilas (5r Rundscheibe mit zwei Spruchbändern: ATTILA PRI und MUS. R. VNGARIE, umgeben von zwei gevierten Wappen: Patriarchenkreuz und ungarische Balken, sowie zwei Büffelhörnerwappen [?]) und Matthias’ Corvinus (164r Hochrechteck, umgeben von Wappenmedaillons: oben geschacht verzierter Adler [Mähren], Rabe mit Ring im Schnabel [Hunyadi], gekrönter Löwe [Böhmen], rechts und links Patriarchenkreuz und rotweißes Balkenwappen [Ungarn], unten drei bekrönte Leopardenköpfe [Dalmatien], zwei Kronen übereinander [Galizien], Löwe mit Krone in der Pranke auf Balkengrund [Hunyadi]). Durch die bildliche Hervorhebung des Ahnherren der ungarischen Dynastie und des vom ungarischen Landtag 1458 zum König erklärten Matthias Hunyadi wird der herrschaftslegitimierende Anspruch der Chronik deutlicher unterstrichen als in der gedruckten Vorlage, was eine Datierung noch vor dem Tod Matthias’ Corvinus im April 1490 nicht unwahrscheinlich macht. – Zwischen den beiden programmatischen Rahmenbildern Herrscherdarstellungen wie in der gedruckten Vorlage, jedoch häufig mit gegenüber der Vorlage ergänzten Wappen. 18r, 19v, 20r, 20v, 21r, 21v, 22r die sieben Hauptmänner, 27r Stephan I. (mit Balkenwappen), 30v Petrus (mit geviertem Wappen: Patriarchenkreuz und ungarische Balken), 31v Aba, 38r Andreas I. (mit Patriarchenkreuzwappen und Balkenwappen), 40v Salomon (mit Patriarchenkreuzwappen), 53r Géza I., 56r Ladislaus I. (mit Patriarchenkeuzwappen), 61r Koloman, 64v Stephan II. (mit Patriarchenkreuzwappen), 67v Bela II. (mit Patriarchenkreuzwappen und Balkenwappen), 70r Géza II. (mit Patriarchenkreuzwappen und Balkenwappen), 72r Stephan III., 73r Béla III., 73v Emerich, 74r Ladislaus III., 74v Andreas II., 76r Béla IV. (mit Balkenwappen), 77r Stephan V., 77v Ladislaus IV., 79r Andreas III., 80v Wenzeslaus, 82r Otto, 83v Karl I. (mit geviertem Wappen: Patriarchenkreuz und ungarische Balken), 91r Ludwig I. (mit Patriarchenkreuzwappen), 104v Königin Maria, 111r Karl III., 116r Siegmund, 129v Albrecht, 132v Ladislaus postumus, 134v Wladislaus, 145v János Hunyadi (mit geviertem Wappen: Patriarchenkreuz und ungarische Balken). Die Wappenbeigaben könnten u. U. vom Augsburger Druck angeregt worden sein: Auch dort gibt es – wenn auch abweichend von der Heidelberger Handschrift – Wappen bei den Herrscherporträts, die acht Wappen im Corvinus-Bildnis 164r entsprechen weitgehend denen des Wappenholzschnitts zu Beginn des Augsburger Drucks (vgl. Schramm 21 [1943] Abb. 291).

Farben:

laviert und deckend; Grün, Kobaltblau, Chromgelb, Ocker, Karmin, Zinnober, Grau, Violett, Hellbraun, Oliv (164r), Pinselgold, Blattgold, Blattsilber (z. T. schwarz oxydiert), Deckweiß.

Literatur:

Bartsch (1887) S. 40, Nr. 96; Zimmermann (2003) S. 351 f., Abb. 9 (1v). – Baer (1903) S. 151 f.; Wegener (1927) S. 102; Boreczky (2010) Abb. 1 (164r). 2 (1v). 3 (5r). 4 (104v). 5 (11r). 7 (27r). 12 (20r). 15 (82r). 16 (77v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 187: 145v. János Hunyadi.

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Abb. 187.