101.0.2. Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek, Hs 201
Bearbeitet von Réjane Gay-Canton
KdiH-Band 10
Um 1460 (Wasserzeichen, vgl.
Rheinfränkischer Raum.
Nachgewiesene Besitzer waren nassauisch-oberhessische Familien, entweder von Nordeck zu Rabenau oder von Dernbach (Wappen 3r), später von Döring (Wappen übermalt 171v; 173v). Zumindest seit 1717/1718 in der Darmstädter Hofbibliothek (›Catalogus universalis Librorum...‹, Hs. 921, 13r; vgl.
2r–173r |
›Pilgerfahrt des träumenden Mönchs‹
›Pilgerfahrt d‹, Prosabearbeitung (einzig das ABC-Gebet ist in Versen abgesetzt)
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Papier (Bl. 1 und 176 Pergament), 176 Blätter erhalten, Textverlust (zwei Doppelblätter fehlen im siebten Sexternion), 271 × 192 mm, Cursiva currens, eine Hand, 48 zeitgenössische Marginalien, die sich auf das ganze Buch verteilen (die Angabe Matrimonium auf 13v mag aus der Vorlage stammen, vgl. Paris, Bibliothèque de l’Arsenal, ms. 5071, 6va; neben Hervorhebung theologisch-katechetischer Passagen für künftige Leser auch sorgfältige Korrekturen, die z. B. Fehler im Gespräch zwischen WEISHEIT und ARISTOTELES tilgen [40v: icht anstatt nit] oder die theologische Tragweite eines Ausdrucks ändern [der Schlag, den HOFFART der Seele gibt, ist nicht nur scherfflich sondern sterf[lich] [sterblich], 94v]), einspaltig, 34–37 Zeilen, rote Buchtitel und Bildüberschriften von der Schreiberhand, größere Initialen vom Maler, rote Lombarden, Rubrizierung, Fremdwörter unterstrichen.
rheinfränkisch, nördlich der appel/apfel-Grenze, mit mittelrheinischen Formen (
109 kolorierte Federzeichnungen erhalten sowie ein Wappenbild (173r, ebenfalls eine kolorierte Federzeichnung). Zwei Maler, Werkstatt unbekannt.
Die Bilder nehmen etwa zwei Fünftel der Seite ein, sind auf unterschiedlicher Höhe positioniert und gehen häufig leicht über den Schriftspiegel hinaus. Meist sind die Bilder dem zugehörigen Text vorangestellt und mit roten Bildüberschriften versehen. Diese stehen über dem Bild oder nötigenfalls auf der vorangehenden Seite.
Die Bilder sind ungerahmt, der Hintergrund ist freigelassen mit Ausnahme von fünf Bildern zu den klösterlichen Tugenden (159v–160v, 161v). Diese Hervorhebung der Szenen innerhalb des Schiffes GEISTLICHKEIT – noch systematischer in der ›Pilgerfahrt h‹ (Nr. 101.0.3.) –, lässt sich in manchen französischen Handschriften wiederfinden.
siehe Einleitung. Durch Blattverlust fehlt einzig das Bild von VERNUNFT, während sie die Seele des Pilgers herausnimmt, sodass der Bildzyklus ursprünglich 110 Bilder enthielt (plus das Wappenbild). Absichtlich ausgelassen – vgl. das Fehlen von Freiraum bzw. einer Bildüberschrift – wurde das Bild vom Teufel am Meer fischend, obwohl dieses vom Text gefordert wird (siehe Einleitung). Eine bildliche Darstellung Satans muss dem Auftraggeber oder Schreiber der ›Pilgerfahrt d‹ unerträglich gewesen sein; vgl. dazu fünf weitere Handschriften, in welchen gerade dieses Bild verstümmelt oder gar ausradiert wurde (
Die Anlage der Bilder bezeugt im Allgemeinen die Textkenntnis des Buchmalers, so etwa bei der Darstellung eines schlafenden Zisterziensermönchs in Anlehnung an Digullevilles Ordenszugehörigkeit (2r) oder bei der Darstellung der Bruchfestigkeit des Panzers trotz falscher Rubrik (50v). Als Einziger in der deutschen Überlieferung unterscheidet auch der Maler konsequent die Mönchs- und Pilgerattribute entsprechend der Erzählung (46v, 48r; vgl. dagegen ›Pilgerfahrt b‹ [Nr. 101.0.1.], 37v, 80r oder ›Pilgerfahrt h‹ [Nr. 101.0.3.], S. 79f.). Auf 36r und 48r aber stellt er VERNUNFT dar, obwohl beide Rubriken gemäß des Textes GOTTES GNADE ankündigen. Zumindest die erste Unstimmigkeit muss auf seiner Vorlage beruhen, da man sie in der ›Pilgerfahrt h‹ (S. 65) wiederfindet, nicht aber in der ›Pilgerfahrt b‹ (80r).
Grün, Altrosa, Rot, schmutziges Gelb, Dunkelbraun, Inkarnat, Blau, helles Graubraun.
Abb. 15: 133r. Der Pilger betend vor Maria mit dem Kind (Mondsichelmadonna).