KdiH

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101.0.3. Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. germ. 18

Bearbeitet von Réjane Gay-Canton

KdiH-Band 10

Datierung:

Um 1455 (Wasserzeichen).

Lokalisierung:

Rheinfränkischer Raum.

Besitzgeschichte:

Aus dem Besitz des Büchersammlers Zacharias Conrad de Uffenbach (1683–1734, vgl. Exlibris), danach Verkauf an den Philologen und Bibliothekar Johann Christian Wolf (1690–1770, vgl. weiteres Exlibris). Schenkung 1767 an die Staatsbibliothek Hamburg (Burg [1901] S. 40). 1945 in die Sowjetunion gebracht, 1998 Rückgabe durch den armenischen Staat an die Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek (Eva Horváth, in: Bodemann [1998] S. 6).

Inhalt:
S. 1–333 ›Pilgerfahrt des träumenden Mönchs‹
›Pilgerfahrt h‹, Prosabearbeitung (einzig das ABC-Gebet ist in Versen abgesetzt)
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 167 + 2 Blätter erhalten, Textverlust (die zwei ersten und das elfte Blatt der ersten Lage sowie das erste, dritte, vierte und elfte Blatt der Lage XIV fehlen), ca. 288 × 201 mm, Cursiva currens, eine Hand (wenige Korrekturen vom Schreiber sowie eine einzige Leserreaktion aus dem 16. Jahrhundert [S. 3]), einspaltig, 31–35 Zeilen, erhaltene Titel des zweiten (S. 125 lateinisch), dritten (S. 222 deutsch) und vierten (S. 283 lateinisch) Buches sowie Bildüberschriften rot umrahmt, rote Lombarden zur Strukturierung des Textes, Rubrizierung vom Schreiber (unsystematische Hervorhebung von Satz- und Nebensatzanfängen als Lektürehilfe).

Schreibsprache:

rheinfränkisch nahe dem Moselfränkischen, nördlich der appel/apfel-Grenze (Haubrichs [2019] S. 136).

II. Bildausstattung:

97 kolorierte Federzeichnungen erhalten, darunter ein neutrales Einstiegsbild zum dritten Buch (S. 222). Vermutlich zwei Maler, Werkstatt unbekannt.

Format und Anordnung:

Die Bilder nehmen etwa ein Drittel der Seite ein. Sie sind meist dem zugehörigen Text vorangestellt und auf unterschiedlicher Höhe positioniert; S. 122 und 128 enthalten je zwei Bilder. Der Schriftspiegel wird im Verlauf der Handschrift immer häufiger überschnitten, sodass die Bilder z. T. die gesamte Bildbreite einnehmen (z. B. S. 225). Dies ist systematisch der Fall bei den Darstellungen des Schiffes GEISTLICHKEIT und der darauffolgenden Ereignisse (vgl. Nr. 101.0.2.; Paris, Bibliothèque de l’Arsenal, ms. 5071, 78v–85r).

Bildaufbau und -ausführung:

Die Bilder sind ungerahmt und ohne farbigen Hintergrund (Ausnahmen S. 49 und S. 92). Durch die sorgfältige Ausführung mit präzisen Konturlinien und Farbnuancen sind die Figuren sehr ausdrucksstark. Sie stehen auf einem zunächst bräunlichen, dann grünen Rasenstück, das plastisch dargestellt ist und so Tiefenraum erzeugt. Die Innenraumszenen zeichnen sich durch Kacheln in Grün, Rot, Weiß und Grau aus und erzeugen ebenso räumliche Tiefe.

Bildthemen:

siehe Einleitung. Durch Blattverlust fehlen höchstwahrscheinlich folgende Bilder: Der Mönch in seinem Bett; Cherubin vor Jerusalem; Augustinus predigt; Der Pilger befragt die erschrockene VERNUNFT (ursprünglich auf Schaltzettel); Der Pilger und GOTTES GNADE auf beiden Seiten der Hecke (ursprünglich auf Schaltzettel); GOTTES FURCHT vor dem Schiff GEISTLICHKEIT; ARMUT und REINHEIT; GEHORSAM und ZÜCHTIGUNG; ÜBERWINDUNG; ENTHALTSAMKEIT; GEBET; GOTTESDIENST; ARMUT und REINHEIT; KRANKHEIT und ALTER neben dem liegenden Pilger; BARMHERZIGKEIT. Ein Wappenbild am Ende des Textes (Lange-Mauriège [2014] S. 490–492) kann es nicht gegeben haben, da die Handschrift an dieser Stelle (Bl. 12–14 des letzten Septernion) nicht beschädigt ist.

Am Anfang der Handschrift orientiert sich der erste Maler mehrmals genau an der Bildüberschrift (S. 1–3, 21, 35, 60 [durch Überklebung korrigiert], 129). Z. T. wird dem Text dadurch eine neue Interpretation gegeben, wie im Falle der drei dargestellten Predigtszenen am Anfang der Handschrift (S. 1–3). Anstatt die Heiligen dabei darzustellen, wie sie ihren Anhängern helfen, die hohen Mauern des himmlischen Jerusalems zu überwinden (vgl. ›Pilgerfahrt d‹ [Nr. 101.0.2.], Benediktus mit Leiter, Franziskus mit Seil und Petrus mit Schlüssel), wird die dargebotene Hilfe der Heiligen gemäß dem Bildtitel (Hie brediget [...]) geistig verstanden (vgl. Pommel [2012] S. 210; Lange-Mauriège [2014] S. 473–483). Eine ähnliche Auflösung der Bildallegorie lässt sich in einigen Handschriften wie Brüssel, ms. 10197-98, 1vb oder Paris, ms. fr. 824, 2ra finden (Veysseyre [2012] S. 508, 540f.), indem die Rubrik gemäß des Textes (›Pilgerfahrt d‹, 3v; defekt in ›Pilgerfahrt h‹) darauf hindeutet, dass die Heiligen die Leute enseignoient, sich ihre eigenen Flügel herzustellen. Die Absicht, einen Akzent auf die Predigtunterweisung zu setzen, lässt sich auch im zweiten Bild von VERNUNFT predigend (S. 30) ablesen, indem der Maler von der ›Pilgerfahrt h‹ als Einziger eine Versammlung anstelle des Pilgers darstellt. In allen Predigtszenen der Handschrift sowie bei der Darstellung des Offertoriums (S. 34) und der Weihe (S. 35) passt der Maler die Zuhörerschaft bzw. Versammlung den intendierten Rezipienten der Handschrift an, indem er unüblicherweise ausschließlich Laien darstellt.

Farben:

Grün, Braun, Grau, Weiß, Altrosa, Blau, Rot, Inkarnat, Ocker, blasses Gelb.

Literatur:

Burg (1901). – Bömer (1915) S. XV–XIX; Schenk zu Schweinsberg (1941) S. 131; Bodemann (1998) S. 9–22; Krawehl/Neubacher (1999) S. 142; Haubrichs (2002) S. 546–553; Horváth/Stork (2002) S. 112f. (Nr. 46), 146f.; Peters (2008) S. 153–162; Haubrichs (2014); Kunz (2014) S. 541–556; Lange-Mauriège (2014) S. 439–451, 472–507; Peters (2014) S. 80f.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 16: S. 265. Der Pilger betend vor Maria mit dem Kind.

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Abb. 16.