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66.1. Pfaffe Konrad, ›Rolandslied‹

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 7

Historischer Ausgangspunkt für das ›Rolandslied‹ des Pfaffen Konrad ist der Feldzug Karls des Großen im Jahr 778 zur Eroberung des islamischen Spaniens, der letztlich nicht von Erfolg gekrönt war. In rund 9000 Versen beschreibt das Epos die Niederlage des christlichen Heeres bei Roncevalles, die aufgrund einer Verschwörung des abtrünnigen Genelun mit den heidnischen Königen gelingt. Das fränkische Heer unter der Führung Rolands wird in einen Hinterhalt gelockt, in dem außer Karls getreuem Gefolgsmann und Neffen Roland eine Vielzahl weiterer vorbildlicher Kämpfer – unter ihnen auch Turpin, der Bischof von Reims – einen märtyrergleichen Tod findet. Beim letztendlichen Sieg des Kaisers, der mit Verstärkung zu Hilfe eilt, den Heidenkönig Paligan überwindet und zuletzt auch den Verräter Genelun bestraft, handelt es sich um eine fiktionale Ergänzung. Die deutsche Fassung, eine Bearbeitung nach dem Vorbild der französischen ›Chanson de Roland‹, fertigte der Pfaffe Konrad im Auftrag Heinrichs des Löwen und seiner Frau Mathilde, der Tochter der Eleonore von Aquitanien, einer bei den Zeitgenossen berühmten Förderin der Literatur, an. Als Zeitpunkt und historischer Kontext der Übertragung wurden lange Zeit Regensburg und die Zeit nach 1172, nach der Rückkehr Heinrichs von einer Pilgerfahrt ins Heilige Land, angenommen (Eberhard Nellmann, in: 2VL 5 [1985], Sp. 115–131, hier Sp. 120). Jüngere Forschungen stellen diesen Entstehungskontext zunehmend in Frage. Lautsprachliche Untersuchungen betonen die Präsenz niederdeutscher Merkmale gegenüber der Dominanz des Bairischen (Thomas Klein: Untersuchungen zu den mitteldeutschen Literatursprachen des 12. und 13. Jahrhunderts. Habil.-Schr. [masch.] Bonn 1982, S. 384–392, ders.: Ermittlung, Darstellung und Deutung von Verbreitungstypen in der Handschriftenüberlieferung mittelhochdeutscher Epik. In: Deutsche Handschriften 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985. Hrsg. von Volker Honemann und Nigel F. Palmer. Tübingen 1988, S. 110–167, hier S. 130). Paläographische Studien unterstreichen die Nähe der Textzeugen zu Schreibgewohnheiten im Raum Hessen-Thüringen und bieten weitere Hinweise für eine Entstehung in diesem Sprachraum (Barbara Gutfleisch-Ziche: Zur Überlieferung des deutschen ›Rolandsliedes‹. Datierung und Lokalisierung der Handschriften nach ihren paläographischen und schreibsprachlichen Eigenschaften. ZfdA 125 [1996], S. 142–186, hier S. 159–167). Literaturhistorische Argumente schließlich stellen eine Verbindung zur Karlsverehrung im niedersächsischen Raum her und halten eine späte Entstehung im Braunschweiger Umfeld, nach 1185, der Rückkehr Heinrichs aus dem Exil in England und dem Beginn seiner intensiven Stiftungstätigkeit, für möglich (Bernd Bastert: Helden als Heilige. Chanson de geste-Rezeption im deutschsprachigen Raum. Tübingen / Basel 2010 [Bibliotheca Germanica 54], S. 82–84).

Die bislang vorgebrachten Argumente für eine Lokalisierung in den niedersächsischen Raum lassen sich aus kunstgeschichtlicher Perspektive ergänzen und präzisieren. Die materiell fassbare Überlieferung des ›Rolandslieds‹ setzt mit der einzigen nahezu vollständigen, zugleich umfangreich illustrierten Heidelberger Handschrift ein, dem ältesten bebilderten Manuskript eines epischen Textes deutscher Sprache überhaupt (Nr. 66.1.1.). Bei dieser Abschrift handelt es sich allerdings kaum um ein Exemplar, das für den Auftraggeber der Übersetzung hergestellt wurde, auch wenn die Existenz eines solchen wohl angenommen werden kann. Die schlechte Qualität des Pergaments ebenso wie die Ausstattung mit unkolorierten Federzeichnungen liegen deutlich unter dem Niveau der bekannten Prachthandschriften, die für Heinrich den Löwen und seine Gattin im Kloster Helmarshausen angefertigt wurden. Gleichwohl legen stilistische wie auch ikonographische Eigenheiten des Heidelberger Bilderzyklus eine enge Beziehung zu den bekannten Arbeiten aus Helmarshausen nahe und lassen das Heidelberger Manuskript als eine zeitnahe Kopie erscheinen, bei der Material und Aufwand reduziert wurden. Auch die wenigen Bildbelege für das verlorene Straßburger Exemplar des ›Rolandsliedes‹ (Nr. 66.1.3.) verweisen eher auf eine Entstehung der Illustrationen im Umfeld des Braunschweiger Hofes, bzw. in einem niedersächsischen Kloster, als in den bayerischen Raum. Schließlich ist das Schweriner Bruchstück mit paläographischer Begründung in eine für Heinrich den Löwen tätige Werkstatt zu lokalisieren (Nr. 66.1.2., Gutfleisch-Ziche [1996] S. 162–167). Dass die Platzierung der Illustrationen, die dort allerdings nicht ausgeführt wurden, mit derjenigen des Heidelberger Manuskripts übereinstimmt, bietet ein weiteres Indiz für die Nähe der Textzeugen zueinander.

Die weitere Überlieferung des ›Rolandsliedes‹ besteht aus Fragmenten und endet im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts, offenbar wird sie abgelöst von Strickers ›Karl‹, dessen Neubearbeitung der Erzählung zum Spanienfeldzug spätestens im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts vollendet wurde.

Editionen:

Ruolandes Liet. Hrsg. von Wilhelm Grimm. Göttingen 1838. – Konrad, der Pfaffe: Das Rolandslied. Hrsg. von Karl Bartsch. Leipzig 1874. – Das Rolandslied des Pfaffen Konrad. Hrsg. von Carl Wesle. Dritte, durchgesehene Auflage besorgt von Peter Wapnewski. Tübingen 1985 (Altdeutsche Textbibliothek 69). – Das Rolandslied des Pfaffen Konrad. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Hrsg., übersetzt und kommentiert von Dieter Kartschoke. Stuttgart 1993 u. ö.

Literatur zu den Illustrationen:

Rita Lejeune / Jacques Stiennon: Die Rolandssage in der mittelalterlichen Kunst. 2 Bde. Brüssel 1966, Bd. 1, S. 123–153, Bd. 2, Abb. 84–125. – Heinz Zirnbauer: Die Bilder. In: Das Rolandslied des Pfaffen Konrad – Einführung zum Faksimile des Codex Palatinus Germanicus 112 der Universitätsbibliothek Heidelberg. Wiesbaden 1970, S. 83–139. – Peter Kern: Bildprogramm und Text. Zur Illustration des ‚Rolandsliedes‘ in der Heidelberger Handschrift. ZfdA 101 (1972), S. 244–270. – Monika Lengelsen: Bild und Wort. Die Federzeichnungen und ihr Verhältnis zum Text in der Handschrift P des deutschen Rolandsliedes. Diss. Dortmund 1972. – Wilfried Werner: Das Rolandslied in den Bildern der Heidelberger Handschrift mit verbindendem Text und Erläuterungen. Wiesbaden 1977. – Paul Bertemes: Bild- und Textstruktur. Eine Analyse der Beziehungen von Illustrationszyklus und Text im Rolandslied des Pfaffen Konrad in der Handschrift P. Frankfurt 1984. – Norbert H. Ott: Reich und Stadt. Karl der Große in deutschsprachigen Bilderhandschriften. In: Karl der Große als vielberufener Vorfahr. Sein Bild in der Kunst der Fürsten, Kirchen und Städte. Hrsg. von Lieselotte E. Saurma-Jeltsch. Sigmaringen 1994, S. 87–112, hier: 87-92.