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79.0.1. Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. 11 in scrin.

Bearbeitet von Ute von Bloh

KdiH-Band 8

Datierung:

Zwischen 1455 und 1462.

Lokalisierung:

Lothringisch-saarländischer Raum.

Besitzgeschichte:

Cod. 11 in scrin. gehört zu einer Gruppe von drei in Einrichtung und Ausstattung zusammengehörigen Handschriften (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 46 Novissimi 2o; Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. 12 in scrin.), die im Auftrag Johanns III. (1423–1472), des zweiten Sohnes Elisabeths von Nassau-Saarbrücken, entstanden ist (siehe Stoffgruppe 55.). Wappen Johanns mit dem Emblem des Ordre du Croissant, in den er 1455 aufgenommen wurde (1r). 143v eine alte Signatur: [...] 05 Nassawe sarbrucken / 437 und ein unleserlicher runder blauer Stempel, möglicherweise das Exlibris des Zacharias Conrad von Uffenbach, der 1718 die beiden Codices 11 und 12 in scrin. von einem Straßburger Händler erwarb (Brandis [1972] S. 46). Im Mai 1911 hat die Handschrift einen neuen Einband erhalten (Notiz auf der Innenseite des vorderen Einbanddeckels; siehe auch die alte Einbanddecke aus dem 17. Jahrhundert unter der Signatur Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. 11a in scrin.).

Inhalt:

1r–143v ›Loher und Maller‹

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 143 Blätter (die fehlenden Blätter 24, 53, 62, 92, 108–111, 132–133 von einer Hand des 17. Jahrhunderts überwiegend nach dem Erstdruck [Nr. 79.0.a.] ergänzt, dies allerdings kürzend und sprachlich modernisierend; beschädigte Blätter 2r, 2v, 3r, 44v, 107v, 122v mit nur geringem Textverlust ebenfalls von dieser Hand vervollständigt), 470 × 375 mm, Bastarda, entgegen älterer Meinungen handelt es sich nach Dr. Christoph Mackert um nur eine Schreiberhand, zweispaltig, 41–55 Zeilen, rote Tituli und Initialen, Rubrizierung. Ein in die Handschrift eingelegtes Heft enthält von einer Hand des 17. Jahrhunderts die Bildtituli von 1r–98r mit z. T. abweichendem Wortlaut. Zwei der Kapitelüberschriften (Nr. 87 und 88) finden sich so weder in dieser noch in einer anderen Handschrift oder im Erstdruck.

Schreibsprache:

rheinfränkisch.

II. Bildausstattung:

160 nummerierte, eingeklebte kolorierte Federzeichnungen. Auf 22v ist zwar Raum für ein Bild vorgesehen, doch ist keines (mehr?) vorhanden. Die rote Zählung der Bilder reicht bis 197, so dass aufgrund der Blattverluste insgesamt mit 37 fehlenden Bildern zu rechnen ist. Anhand der unbebilderten ›Loher und Maller‹-Handschrift in Köln (Historisches Archiv, W 337), in der die Bildtituli als Kapitelüberschriften übernommen wurden, lassen sich die Bildthemen erschließen (Zusammenstellung bei von Bloh [1995] S. 32–43). Die Bilder stammen aus einer Werkstatt, in der auch die stilistisch und kompositorisch vergleichbaren Bilder in den Handschriften in Hamburg (Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. 12 in scrin., Nr. 69.0.1.) und Wolfenbüttel (Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 46 Novissimi 2o, Nr. 55.0.3.) hergestellt wurden. Die Vorlage des sog. Johann-Malers könnte aus der Umgebung des Boucicaut-Meisters und seiner Nachfolger stammen (Wolf [2000] S. 46).

Format und Anordnung:

Einspaltige und zweispaltige Bildformate, wobei die zweispaltigen Bilder, die in der Regel die Hälfte eines Blattes einnehmen, überwiegend für Darstellungen vorgesehen sind, die eine große Heeresmacht oder Turniere präsentieren. Alle Bilder sind von einem einfachen, gelben Rahmen umfasst. Zumeist übergreifen die vier- bis achtzeiligen Kapitelinitialen den Rahmen (26r, 49r, 57r usw.) der in diesem Fall zuvor eingeklebten Bilder, manchmal allerdings verdeckt der Bildrand auch eine zuvor eingefügte Kapitelinitiale (19r, 105v, 116r usw.). Die roten Tituli wurden überwiegend nach dem Einkleben der Bilder ausgeführt (23v, 27v, 41v, 55r, 56v, 60v, 67r usw.). Nicht immer beziehen sich die Bildüberschriften inhaltlich nur auf die Bildszenen, sondern darüber hinaus auch auf das, was im (zumeist nachstehenden) Kapitel erzählt wird. Eine solche Vernetzung ist besonders in französischen und flämischen Handschriften üblich (Wolf [2000] S. 21). Mit Blick auf die Bilder gibt sich eine große Nähe nicht nur zu den Beischriften, sondern auch zum Prosaepos selbst zu erkennen, wenn viele der dargestellten Details deutlich Bezug auf den sie umgebenden Text nehmen.

Bildaufbau und -ausführung:

Detailreiche szenische Kompositionen, die bisweilen mehrere Ereignisse in einer Darstellung erfassen (25va, 27r, 32r, 39r usw.). Gelegentlich schließen sich einzelne Bilder zu einer Erzählsequenz zusammen, indem – leicht variierend – Bildkompositionen, Motivkombinationen, Figuren und Landschaftsmuster immer wieder aufgenommen werden (8r, 9r, 41v, 42v, 44r, 46v, 48r, 48v, 50v, 52v, 54r, 55r, 55v usw.), so im Fall der Turniere, der Hinrichtung der zwölf Verräter oder der Kriegslist mit den Vögeln. Bei gleichzeitiger Textnähe sind die einzelnen Ereignisse überwiegend in ein großräumiges landschaftliches Ambiente eingebettet, das sich vom im Text Erzählten unabhängig macht. In die Landschaften mit Brücken, Mühlen und Flüssen ist auch die arbeitende Bevölkerung integriert: Bauern und Bäuerinnen, die ihre Felder bestellen; Hirten, die das Vieh hüten u. a. m.; spielende Kinder und Hunde halten sich demgegenüber eher am Rande der Turniere auf. Auf das dominante Geschehen in den für die Betrachter*innen zumeist aufgeschnittenen Palästen ist die Umgebung mit ihren Aktivitäten oft ebenso wenig bezogen wie auf das im Epos Erzählte.

Bildthemen:

Der überwiegende Teil der Bilder zeigt kriegerische Auseinandersetzungen, dazu Heeresaufmärsche (50v, 77v usw.) oder Heereslager, denen verschiedentlich mehrere Aktivitäten integriert sind (etwa 82r ein Gerichtsverfahren, 66r eine Gefangenenbefreiung, gerichtliche Zweikämpfe 20r, 42v, 122r, 123r), aber auch Belagerungen oder das Stürmen einer Stadt (10v, 45r, 46v, 74r usw.). Daneben dominieren Turnierszenen (8r, 9r, 34v usw.), höfische Empfänge und Gastmähler (3v, 6r, 29r, 41r, 58r usw.), Rechtsakte (55r, 88r usw.) und höfisches Zeremoniell (Krönungen 27r, 49ra usw.; Eheschließungen 33v, 106v, 125v usw.). Die Bildüberschriften mit ihren Ortsangaben wie auch die Heeresdarstellungen mit den Herrschaftszeichen des südwestdeutschen Dynastenadels (Müller [1989a]) geben vor, dass historisch fixierbare Ereignisse ins Bild gesetzt sind (vgl. insbesondere die landkartenähnliche Darstellung 126v). Der Blick von oben auf die Heeresordnungen und -aufmärsche, der zumal in der Chronikillustration zu finden ist, arbeitet einerseits ebenfalls der Visualisierung einer Dynastie und ihrer politischen Erbfolge zu, ermöglicht aber auch die Erfassung zahlreicher, randständiger Aktivitäten, welche die Ereignisse in die Alltagswelt der Betrachter*innen rücken (8r, 9v die spielenden Hunde am Rande eines Turniers oder 78r das Hüten von Schafen außerhalb eines Heereslagers).

Farben:

zumeist deckend, aber auch lasierend aufgetragenes Kolorit mit modellierenden Schraffuren und Strichelungen; es dominieren unterschiedliche Grünklänge, daneben Zinnoberrot, Ocker- und Brauntöne sowie Blau und Grau.

Literatur:

Brandis (1972) S. 46f., Taf. 5. – Müller (1989a) S. 206–226; von Bloh (1995); Wolf (2000); von Bloh (2002) S. 407–433, Abb. 1 und 2, 13–30 im Anhang; von Bloh/Bastert (2017) S. 247–265.

Abb. 138: 41v. Loher, als Pilger vermummt, erreicht den Hof König Orschers, wo seine Ehefrau Zormerin des Giftanschlags auf den Vater beschuldigt wird.

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Abb. 138.