KdiH

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76.5.1. Innsbruck, Universitäts- und Landesbibliothek Tirol, o. Sign.

Bearbeitet von Nicola Zotz

KdiH-Band 8

Datierung:

1432 (1r; Nachträge 1436 [45v] und 1438 [47rc]).

Lokalisierung:

Tirol.

Besitzgeschichte:

Nach dem Tod des Dichters in Familienbesitz (m w im Spiegel des Vorderdeckels als Initialen von Oswalds Sohn Michael, so Delbono [1977] S. 16f., oder von Oswalds Witwe Margarethe oder seiner Tochter Maria, so Neuhauser [1987b] S. 16f., zu deuten), spätestens Anfang des 17. Jahrhunderts im Besitz der Grafen Wolkenstein-Rodenegg. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Handschrift kurzzeitig nach Innsbruck ausgeliehen, wo sie 1803 ausgestellt war. 1889 verkaufte Arthur von Wolkenstein sie an Kaiser Franz Joseph I., der sie der Universitätsbibliothek Innsbruck als Dauerleihgabe überließ (daher ohne Signatur). Zur Geschichte der Handschrift siehe auch Neuhauser (1987b) S. 16–18 und Neuhauser (1987a) S. 48 (mit weiterer Literatur).

Inhalt:
1r–49v Oswald von Wolkenstein, Handschrift B
Inhaltsverzeichnis (1r–v), 117 Lieder und ein Reimpaarspruch (Kl 112) (2r–49v)
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, I + 49 Blätter (Bl. I mit Falz an Bl. 1 angeklebt; zeitgenössische Zählung I–XXXXIIII, auf die sich die Ausgabe bezieht, daneben hier und bei Neuhauser [1987a] zugrunde gelegte Bleistift-Zählung des 19. Jahrhunderts), ca. 490 × 340 mm, Bastarda (1r–v: Textualis), ein Schreiber (identisch mit einem der Schreiber in Nr. 76.5.2.: h nach Schatz [1904] bzw. 7 nach Delbono [1977]) sowie zwei Nachtragshände 49r–v (die erste nach Delbono [1977] S. 45 identisch mit Schreiber 8 aus Nr. 76.5.2.), einspaltig (1r–v und 46v–47r dreispaltig), Zeilenzahl wegen der Notenzeilen schwankend (bis zu 70 Zeilen), rote, blaue oder rot-blaue Initialen für Gedichtanfänge (vier bis fünf Textzeilen bzw. zwei Notenzeilen hoch), abwechselnd rote und blaue zweizeilige Lombarden für Strophenanfänge, etliche kalligrafische Cadellen (von demselben Schreiber auch schon in Nr. 76.5.2. verwendet, Delbono [1977] S. 39f.) zu Beginn von Notenzeilen (häufig auf eine Initiale folgend), eine davon (49v) rot und mit zwei Gesichtern verziert, zahlreiche Melodien.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch (tirolerisch).

II. Bildausstattung:

Ein ganzseitiges Dichterporträt (Iv).

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen, Farben:

In kräftigen Ölfarben (Neuhauser [1987b] S. 23) und mit feinem Pinsel ausgeführtes Brustbild des (vom Betrachter aus) leicht nach links gewendeten Dichters vor dunkelgrünem Hintergrund mit heller grünem Rahmen. Unter der violetten, pelzverbrämten Kappe umschließt volles, braungelocktes Haar das breite Gesicht. Das rote Gewand mit goldenem Muster aus stilisierten Vögeln, Blättern und Knospen ist am Hals pelzverbrämt. Um den Hals trägt der Dichter die Kette des aragonesischen Kannenordens (verliehen im Jahr 1415/16 von der aragonesischen Königswitwe, Margarita de Prades), über seine Schulter ist eine weiße Schärpe gelegt, ebenfalls mit den Insignien des Kannen- sowie mit denen des Drachenordens (letzterer wurde Oswald im Jahr 1431 von König Sigmund verliehen; er fehlt entsprechend auf dem Porträt in Nr. 76.5.2.).

Haar, Pelz sowie die Schärpe erhalten Fülle und Plastizität durch weiße Höhungen. Das Gesicht ist mit Blick für Details modelliert, wie etwa feine Augen- und ausgeprägte Nasolabialfalten, angedeutete Bartstoppeln oder das rosafarbene untere Augenlid. Der Gesichtsausdruck ist konzentriert, die leicht hängenden Mundwinkel, das Doppelkinn und das geschlossene rechte Auge (Oswald verlor sein Auge bereits in Kindertagen) verleihen dem Porträt etwas Strenges. Das Bild gilt als erstes realistisches Porträt eines Dichters und legt in seinem »Wunsch zur Selbstdarstellung« (Roland [2007] S. 273) Zeugnis vom Selbstbewusstsein des Autors ab.

Obwohl eingeklebt, scheint das Bild konzeptionell zu dieser Handschrift zu gehören: Das Format entspricht dem des Buchblocks, und der erhaltene Rahmen zeigt, dass es nicht beschnitten worden ist. Unter der Farbschicht ist eine Vorzeichnung zu erkennen, die gegenüber dem ausgeführten Bild noch stärker individuelle Züge trägt (Untersuchung und Abbildung bei Moser [1977]). Dieses und andere Merkmale vergleichen das Bild dem Porträt Kaiser Sigismunds (Wien, Kunsthistorisches Museum); da dieses lange Pisanello zugeschrieben wurde, hat man seit Laussermayers Untersuchung dessen Autorschaft auch für das Oswald-Bildnis und damit eine Entstehung in Italien in Betracht gezogen (Laussermayer [1974]; dagegen aber Pfändtner in Roland [2007] S. 286).

Bemerkenswert ist das Fehlen eines Wappens nicht nur auf dem Porträt, sondern in der gesamten Handschrift, womit sie sich gegen die seit dem Codex Manesse (Nr. 76.2.2.) etablierte Darstellungs-Tradition für Dichter stellt und sich auch von der nur wenige Jahre früher entstandenen ersten Liedersammlung Oswalds unterscheidet (Nr. 76.5.2.).

Mindestens zwei frühneuzeitliche Darstellungen Oswalds gehen auf dieses Porträt zurück, nämlich eine um 1609 entstandene Nischenfigur im Ahnensaal der Trostburg (eine Arbeit von Joseph Proy) sowie Oswalds Darstellung im aus dem 17. Jahrhundert stammenden Wappenstammbaum auf der Churburg (Andergassen [2011] S. 81).

Faksimile:

Neuhauser (1987b) (Farbmikrofiche-Edition mit Einleitung).

Literatur:

Neuhauser (1987a) S. 47–50. – Timm (1972); Moser (1977); Roland (2007) S. 272f., Nr. 181; Moser (2011).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus; manuscripta.at 31384

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Abb. 121.