KdiH

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15.4.1. Freiburg i. Br., Universitätsbibliothek, Hs. 334; London, The British Library, Add. 24679

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 2

Datierung:

Um 1410.

Lokalisierung:

Elsaß (Straßburg?).

Besitzgeschichte:

Die Herkunft der Freiburger Handschrift ist unbekannt, das Londoner Fragment wurde 1862 durch das British Museum aus Privatbesitz (Prof. Dr. J. Johnson) angekauft.

Inhalt: Bilderbibel, zwei Ausschnitte
London, 3r–14v ›Empfängnis Mariens‹ bis ›Gefangennahme des Johannes‹
Freiburg, 2r–46r ›Predigt Jesu‹ bis ›Pfingsten‹
I. Kodikologische Beschreibung:

London: Papier, II + 12 + I Blätter, 294 × 212 mm; Freiburg: Papier, 49 Blätter, 295 × 215 mm; Bildbeischriften von einer Textura- und zwei Bastardahänden.

Schreibsprache:

elsässisch.

II. Bildausstattung:

London: 48, Freiburg: 177 lavierte Federzeichnungen, wohl von zwei Händen.

Format und Anordnung:

Halbseitige Darstellungen, in zwei Registern untereinander auf einer Bildseite angeordnet, ab Freiburg 23r in flüchtig skizzierter, jedoch stets überschrittener Strichrahmung. In der linken oder rechten oberen Bildecke meist Evangelistensymbole mit (oft leerem) Namenband, ab Freiburg 25v fehlen diese Symbole.

Bildaufbau und -ausführung:

Kompakte, dabei bewegte Figurenkompositionen mit sparsamen Ortsangaben, die Gesichtsformen zerfließend mit oftmals fast runden Augen und spitzen Hakennasen, die Kleidung, z. T. modisch mit Gugeln, Kruseler (Freiburg 35r), Sack- und Zaddelärmeln, mit runden Faltenbuchten. Figurenzeichnung in kräftigen, durch Parallelschraffierung anschattierten Federstrichen, die Konturen sind nach der Lavierung nochmals schwarz nachgezogen. Gewänder grau, Gesichter hellorangerosa laviert, Münder und Blutflecken durch mennigerote Pinseltupfer oder -striche betont, Nimben, Haare (auch Baumstämme, Körbe u. ä.) in mattem Gelbocker; Bodenstücke durch Pinselstriche, grün über gelb, angegeben, Blätter durch grüne Pinselstriche gegliedert, nicht ausgefüllt. Gelegentlich Simultandarstellungen (London 10v[2], Freiburg 27v[1]). Beckmann/Schroth (1960) vermuten für den Freiburger Teil zwei Zeichner: A (vgl. die New Yorker Schwesterhandschrift M. 719–20 [Nr. 15.4.4.]): 14r–21v, 33r–45v; B: 2r–13v, 22r–32v; Hand B weist Stamm (1986) auch die Bilder des Londoner Fragments zu und glaubt erkennen zu können, daß Hand B nur an den Londoner und den ersten zwei Freiburger Blättern eigenständig gearbeitet hat, danach lediglich als Vorzeichner und Korrektor in engster Zusammenarbeit mit A wirkte, um ab Freiburg 26r die Zeichnungen ganz der an seinem Vorbild gewachsenen Hand A zu überlassen. Insgesamt ist die Angleichung der Zeichenstile von A und B bis hin zur Austauschbarkeit (charakteristisch die Gitterschraffuren) augenfällig, wogegen zwischen der New Yorker Hand A und der Freiburg/Londoner Hand A ein deutlicher, wohl durch die zeitliche Distanz zu begründender Bruch besteht.

Bildthemen:

(Bildthemenlisten: Beckmann/Schroth [1960] S. 21–30 [Freiburg], Stamm [1986] S. 121f. [London]): Leben Jesu (›Geburt‹ bis ›Auferstehung‹/›Aussendung des Heiligen Geistes‹) mit Leben Marias als Vorgeschichte und eingeschalteten Darstellungen zum Leben Johannes’ des Täufers (›Unbefleckte Empfängnis des Johannes‹ bis ›Beweinung Johannes’ durch die Apostel‹); Vorlage ist eine eigens hergestellte oder an Petrus Comestor, ›Historia scholastica‹, orientierte Evangeliensynopse. Der Evangelist oder die Evangelisten, auf deren Bericht die Bilder fußen, sind bei jedem Wechsel der Bildvorlage als Symbole rechts oder links oben in das Bild integriert (dabei etliche Irrtümer). Der Passionszyklus ab Freiburg 25v ›Abendmahl‹ ohne Evangelistenangaben, hier liegen andere Vorlagen, z. T. apokrypher Herkunft, zugrunde: Die Einbeziehungen Josephs von Arimathäa (35v) und der Schacher Dismas und Gesmas (37r–v) entsprechen dem ›Evangelium Nicodemi‹, die namentlich benannten Schacher in gleicher Szene auch im Freiburger Fronleichnamsspiel.

Auch die Evangeliensynopse ist bereichert durch Motivumdeutungen und -zugaben apokrypher, zum Teil auch ungeklärter Herkunft, vielleicht eigener Erfindung: Aus der Londoner Bildfolge hat die Darstellung ›Unbefleckte Empfängnis Marias‹ 3r als Hinabfliegen eines Kindes zwischen zwei den Himmel mit Anna und Joachim verbindenden Ranken (entsprechend 3v ›Unbefleckte Empfängnis des Johannes‹) keine bekannte Parallele; ebenfalls die Heilige als Begleitfigur bei der ›Geburt Marias‹ 3v (vgl. aber auch die Nürnberger Bilderbibel [Nr. 15.4.5.], 34v) und die ›Beschneidung des Johannes‹ 5v; apokryph sind das Baumwunder bei der ›Flucht nach Ägypten‹ 8v und das ›Gespräch über den nahtlosen Rock‹ 9r (mit Ringübergabe Jesu an Maria als Anklang an das mystische sponsus-sponsa-Motiv). Nicht eindeutig zu identifizieren sind aus der Freiburger Folge die Bilder 11v (eventuell ist mit den beiden Motiven ›Elischa [so die Beischrift!] erweckt ein totes Kind‹ und ›Heilung eines Besessenen‹ nach Lc 4,26f. der Verweis Jesu auf Elija, der das Kind der Witwe von Zarpath erweckt, und auf Elischa, der den aussätzigen [nicht besessenen!] Naaman heilt, gemeint) und 12r (vermutlich stellt der nimbierte Jüngling, der sich zu einem am Felsen lehnenden Mann mit Beischrift kuoncze niederbeugt, nach Lc 10,30ff. das Gleichnis vom barmherzigen Samariter dar). Irrtümlich wiederholt ist in der Freiburger Folge das Bild ›Jesus und Nikodemus‹ (4r und 7r), vertauscht sind die Darstellungen ›Johannes predigt in der Wüste‹ und ›Der Ruf Gottes ergeht an Johannes‹ (beide 11r).

Farben:

Schwarz für die Federzeichnung, Grau für die Lavierung, ferner Mennigerot, Ockergelb, Grün, Inkarnat in blassem Hellorangerosa.

Literatur:

Catalogue of Additions to the Manuscripts in the British Museum in the Years MDCCCLIV.–MDCCCLX. Vol. II. London 1877, S. 96; Hagenmaier (1988) S. 76f. – Inge Schroth: Eine oberrheinische Bilderbibel vom Anfang des 15.Jahrhunderts. In: Kunstwerke aus dem Besitz der Universität Freiburg 1457–1957. Freiburg/Berlin 1957, S. 33–36, Abb. 1 (Freiburg 13r). 2 (Freiburg 32v). 3 (New York M. 720 [Nr. 15.4.4.] 3v). 4 (Freiburg 12v); Ingeborg Schroth: Eine Buchmalerei-Werkstatt in Freiburg um 1400. Badische Heimat 31 (1959), S. 136–149, hier S. 148, Abb. 11 (Freiburg 4v). 12 (Freiburg 33r); Beckmann/Schroth (1960) mit sämtlichen Abb. aus Freiburg, Hs. 334, und New York, M. 719–720 (Nr. 15.4.4.); Augustinermuseum Freiburg. Kunstepochen der Stadt Freiburg. Ausstellung zur 850-Jahrfeier. Freiburg 1970, S. 119f., Nr. 123; Karin Jänecke: Der Spiegel des lidens cristi. Hannover 1963, S. 113. 119f. u. ö.; Stamm (1981) S. 200–204. 222, Abb. 142 (Freiburg 6r); Stamm (1986) Abb. 1 (London 13v). 2 (Freiburg 3r). 4 (London 3r). 5 (London 3v). 6 (London 10v). 7 (London 4v). 8 (London 8v). 9 (London 9r). 10 (London 7r). 11 (London 14v); Saurma-Jeltsch (1991) S. 120f.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 115: London 14v. Johannes der Täufer predigt vor Herodes – Herodes lässt Johannes einkerkern.

Abb. 116: Freiburg 28v. Die Schergen fallen vor Jesus zu Boden – Gefangennahme Jesu mit Heilung des abgeschlagenen Ohrs und Mantelverlust des fliehenden Jüngers.

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Abb. 115.
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Abb. 116.