KdiH

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97.1.2. London, University College, MS Germ. 12

Bearbeitet von Sarah Glenn DeMaris

KdiH-Band 9

Datierung:

Ende des 14. Jahrhunderts (Coveney [1935] S. 54, aufgrund des Schriftbildes).

Lokalisierung:

Oberschwaben.

Besitzgeschichte:

Die Handschrift wurde wohl für das Kloster Ottobeuren geschaffen: Iste liber pertinet ad monsterium otenburen (104r = hinteres Spiegelblatt). Laut eines Bibliotheksinventars von Ottobeuren (München, Clm 27134; Halm [1881] S. 247) war die Handschrift noch dort, nachdem am 27.9.1800 einige Handschriften dem General Claude Jacques Le Courbe (französische Rheinarmee) ausgehändigt wurden (Schwarzmaier [1964] S. 8–10, 20f.). Das Kloster wurde 1802 aufgehoben. Sir Thomas Phillipps erwarb die Handschrift 1823 oder 1824 in Bern (Munby [1968] o. S.) für seine Sammlung in Cheltenham, wo sie bis 1911 blieb (Phillipps MS. 1244 [1r] und Stempel [Sir T. P. Middle Hill 1244] mit Löwen in aufrechter Stellung [97r]). Sotheby’s versteigerte die Handschrift am 24.4.1911 (Catalogue Phillipps [1911] S. 16f.), und kurz danach befand sie sich im Besitz des University College, London. Priebsch, der in Cheltenham schon vor 1895 die Handschrift kannte und beschrieben hatte (Priebsch 1 [1896] S. 77f.), war damals Germanist am University College und spielte eine Rolle beim Erwerb dieser und anderer deutschen Handschriften (Munby [1960] S. 36–38). Coveney (1935, S. ix) erklärt, Priebsch »succeeded in interesting numerous benefactors in the project […] as, for example, when part of the Phillipps Collection was sold in April, 1911«. Nach Selmer (1936, S. 6) stiftete Sir Edgar Speyer die Handschrift dem University College.

Inhalt:
1. 1r–93v Benediktinerregel
1r–3v Prolog (Fragment), 3v–5v Register, 6r–93v Regel
2. 93v–94v Liste geistlicher Orden, zumeist mit Angabe ihrer Tracht
3. 95r–97r Ordnungen, lateinisch
mit Zitaten aus der Regel
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 103 Blätter (ein Blatt fehlt am Anfang; das hintere Spiegelblatt gehörte ursprünglich zur letzten Lage, denn es ist wie auch 95r–103v zweispaltig liniert und wurde von moderner Hand mit 104 bezeichnet), 221 × 152 mm, Übergang von Kursive zu Bastarda, eine Hand, einspaltig (95r–97r zweispaltig), 19–25 Zeilen, drei- bis sechszeilige rote Lombarden am Kapitelanfang (manchmal mit Aussparungen, manchmal als Cadellen), einzeilige rote Lombarden, rote Kapitelüberschriften und Kapitelnummerierung (meistens im Seitenrand), rot gestrichelte Majuskeln, rote Unterstreichungen und Zeilenfüllungen, rote Strichelung als Interpunktion, zahlreiche rote Zeigefinger.

Schreibsprache:

schwäbisch (ausführlich bei Selmer [1936] S. 17–19).

II. Bildausstattung:

Sechs Federzeichnungen (6r, 37v, 38r, 71r, 81v, 94r), 48 Freiräume (anscheinend für weitere Federzeichnungen), vierzehn weitere sehr kleine Federzeichnungen (94r–v).

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

6r (links unten): Zwölfzeilige (85 × 45 mm) Federzeichnung eines tonsierten Mönches, der in der rechten Hand ein Spruchband hält (Ad bis binorum vitam videas monachorum). Er dreht sich leicht nach rechts und zeigt mit dem linken Zeigefinger auf die erste Kapitelüberschrift (Von der mengi vnd dem geschlaͤht der múnch primum capitulum).

37v (oben links): Sechszeilige (70 × 40 mm) Federzeichnung eines tonsierten Mönches, leicht nach rechts gedreht. Er hält ein Spruchband in der linken Hand (si lectionem) und zeigt mit dem Zeigefinger der rechten darauf. Die Zeichnung wurde mit brauner und roter Tinte leicht koloriert und ist größer als der ausgesparte Platz, denn sie ragt weit in die oberen und linken Blattränder hinein. Die Zeichnung dient als Titelbild zum 21. Kapitel: Weli tegen súllin sin des gotzhuss.

38r (links zentriert): Neunzeilige Federzeichnung eines Mönches, dem Bild auf 37v fast identisch, nur mit mehr Sicherheit ausgeführt, als hätte das erste Bild als Übung gedient. Die Schrift im Spruchband: ympni cantores dormitent ut meliores. Die Zeichnung fungiert als Titelbild zum 22. Kapitel: Wie die múnch schlaͧffen súllent.

71r (links zentriert): Zehnzeilige (85 × 55 mm) Federzeichnung des Abtes, der an einem gedeckten Tisch (mit Tischtuch, einem Becher und einem Laib Brot [?]) steht. Er trägt eine Mitra und hält den Abtsstab in der rechten Hand. Mit der linken Hand hält er ein Spruchband, das über dem Tisch schwebt: nunc de mensa patris satientur viscera fratris. Die Federzeichnung wurde mit roter Tinte koloriert. Die Zeichnung dient als Titelbild zum 55. Kapitel: Von des abts tisch.

81v (links zentriert): Zehnzeilige (75 × 50 mm) Federzeichnung eines tonsierten Mönches, leicht nach rechts gedreht. Bogenförmige Striche in der Tracht deuten darauf hin, dass er kniet. Beide Hände sind etwas gehoben, und er zeigt auf die Überschrift zum 63. Kapitel: Von dem apt ze ordnend xliii (gemeint ist lxiii).

94r: Federzeichnung der Tracht der Ordo Bachumÿ (ohne Mönch). Die Beschreibung dazu: Grau rock, vnd ainen swartzen schappran dar ob, vnd ain wiss crutz dar an vnd ain wiss schnur dar vber als die Figur ist.

94r–v: 14 kleine Federzeichnungen (elf Kreuze in verschiedenen Formen, ein Tau, ein Schwert und eine Rose) illustrieren die Beschreibungen der verschiedenen Ordenskleider.

Der Schreiber scheint mehrere Bildprogramme erwogen zu haben, ohne dass eins davon vollständig ausgeführt wurde. Das erste Kapitel der Regel beginnt mit der Federzeichnung eines Mönches, der ein Spruchband hält; die nächsten zwei Kapitel beginnen mit einem Spruchband, aber ohne Federzeichnung; vier weitere Kapitel beginnen mit einer Federzeichnung, die letzte davon aber ohne Spruchband. Der Schreiber hat sich letztendlich für die Federzeichnungen entschieden, denn ab dem 18. Kapitel befinden sich Leerstellen am Anfang fast jedes Kapitels. Auch im 7. Kapitel wurden Freiräume für elf der zwölf Staffeln der Demut gelassen. Dieses anspruchsvolle Bildprogramm wurde aber nicht ausgeführt, denn die passenden Illustrationen zu den jeweiligen Kapiteln fehlen. Lediglich für Kapitel 55 wird mit der Aufnahme einer Abt-Darstellung noch ein Kapitel illustriert (71r). Manchmal hat der Rubrikator die leeren Stellen mit Lombarden gefüllt, aber oft in der Annahme, eine Zeichnung käme noch dazu. An zwei Stellen wird die Lombarde sogar ganz oben und seitwärts in den Leerraum geschrieben, damit noch Platz für die Zeichnung bleibt. Die wiederholten Mönchsfiguren – hätte man sie alle ausgeführt – hätten den Leser nicht nur durch den Regeltext geführt, sondern ihm auch ein Gefühl der Zusammengehörigkeit in der Gemeinde des größeren Konvents gegeben.

Die kleinen Symbole auf 94r–v wollen den Text unmittelbar illustrieren. In der Beschreibung der verschiedenen Ordenskleider genügte es dem Schreiber nicht, einfach ain rot crutz oder ain crutz ist halb blau vnd halb rot zu schreiben. Dazu musste das Kreuz (oder Schwert, Rose oder Tau) noch gezeichnet werden, und zwar in der richtigen Farbe.

Farben:

schwarze Tinte, manchmal mit roter, blauer, brauner oder gelber Tinte koloriert.

Literatur:

Priebsch 1 (1896) S. 77f.; Coveney (1935) S. 54f. – Catalogue Phillipps (1911) S. 16f.; Selmer (1936) S. 7, 85 (1r); Schwarzmaier (1964) S. 20f.; Munby (1968) Einführung, o. S.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 183: 71r. Abt an einem Tisch.

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Abb. 183.