KdiH

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97.1.1. Bamberg, Staatsbibliothek, Msc.Lit. 146 (olim Ed. II. 2)

Bearbeitet von Sarah Glenn DeMaris

KdiH-Band 9

Datierung:

1477 (259va).

Lokalisierung:

Bamberg.

Besitzgeschichte:

Die Handschrift wurde wohl im Kloster St. Michael für den eigenen Bedarf gefertigt (Liber monasterij S. Michȧėlis Archangeli prope Bambergam. Ord. P. Bened: // Sancte Michȧėl Archangele veni in actiutorium populo DEI, Ir). Wahrscheinlich im Kloster bis 1803, als die Klosterbibliothek in die neugegründete Kurfürstliche Bibliothek (heute Staatsbibliothek Bamberg) überführt wurde.

Frühere Beschreibung der Handschrift siehe Nr. 4.0.3.

Inhalt:
1. 1ra–24ra Benediktinerregel
1ra–1va Register, 1vb–3ra Prolog, 3ra–22va Regel, 22vb–24ra zwei zusätzliche Kapitel, die auch nicht im Register stehen (22vb–23ra Von den Conuerß brudern wie man sie auf nympt, 23ra–24ra Was die Conuersenn sullen lernen oder betenn)
2. 25ra–85vb ›Die Evangelien der guten Meister von Prag‹
3. 87ra–89va Beichtspiegel
4. 89va–102va ›Confessionale‹, deutsch
5. 104ra–259va Otto von Passau, ›Die vierundzwanzig Alten‹
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier (Vorsatzblatt Pergament), I + 260 Blätter (vor dem Pergamentvorsatzblatt ein kleines Blatt Papier eingeklebt mit Inhaltsverzeichnis von moderner Hand, ursprünglich drei selbständige Teile [Text 1, Texte 2, 3 und 4, Text 5], aber etwa gleichzeitig am gleichen Ort entstanden und von denselben Händen geschrieben, wohl noch vor 1500 zusammengebunden, dabei stark beschnitten), 370 × 270 mm, Bastarda, zwei Hände (I: 1ra–106rb, 155va–259va, II: 108ra–155va), zweispaltig, 40–41 Zeilen, Text 1: rote Kapitelzahlen im Register, rote Kapitelüberschriften, zweizeilige rote Lombarden (manchmal mit längeren Ausläufern), eine vierzeilige rote Lombarde zu Beginn des ersten Zusatzkapitels (22vb).

Schreibsprache:

ostfränkisch.

II. Bildausstattung:

Eine ganzseitige (310–325 × 228–230 mm) Miniatur in Wasserfarben zu Text 1, Iv. 24 kolorierte Federzeichnungen zu Text 5 (siehe Nr. 4.0.3.) von anderer Hand. Zehnzeilige S-Initiale (60 × 50 mm) zum Beginn der Vorrede von Text 5 (108ra): blauer Buchstabenkörper auf rotem, mit gelbem Rankenwerk belegtem Rechteck, Deckfarben.

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

Das ganzseitige Bildnis des hl. Benedikt ist sorgfältig in Wasserfarben ausgeführt. Der stehende Benedikt dreht sich leicht nach rechts, wohin er mit ernstem Gesichtsausdruck schaut. Er trägt ein langes schwarzes Gewand mit einer schmalen Borte in Gelb an der Kapuze, am unteren Saum und an den Ärmelstulpen sowie eine schwarze Kopfbedeckung in der Form eines Fezes. In der rechten Hand trägt er den Abtsstab, in der linken einen grünen gläsernen Becher, woraus sich eine Schlange windet. Benedikt wird als älterer Mann dargestellt: die Augen sind schwarz umringt mit Falten an den Ecken, die Augenlider schwer, zwischen den Augenbrauen drei senkrechte Furchen, neben dem Mund und an der Stirn weitere tiefe Falten. Strichartige Schattierung, die von der Schläfe bis unter die Wange reicht, gibt dem Gesicht ein hohlwangiges Aussehen. Obwohl durch den Boden ein Außenraum angedeutet wird (Grasbüschel), ist der sonstige Hintergrund ein Rautenmuster in Rot und Rosa. Der Rahmen ist abwechselnd in Hellblau und Hellgrün mit einer weiteren Umrahmung aus abwechselnd braunen und grünen halbrunden Segmenten gestaltet, deren Form durch Strichelungen weit in den Blattrand hinein wiederholt wird. Unter Benedikt im braunen Boden von gleicher Schreiberhand wie Vorsatzblatt Ir: Ora pro nobis, S. P. Benedicte; zwischen den zwei Rahmen wiederum: Liber monasterÿ S. Michȧėlis Archangeli prope Bambergam.

Der geübte Maler zeigt eine stilistische Mischung, die auf Bamberg und Nürnberg hinweist. Er dürfte zu den Nachfolgern Hans Pleydenwurffs gehören (der Monogrammist L. Cz.?). Für Stiche (Shestack [1971] S. 15–34) und Ölgemälde (Suckale [2009] Bd. 1, S. 267–280) belegt, behandelt der Meister L. Cz. schwere Augenlider und dreifache Furchen zwischen den Augen auf ähnliche Weise wie auch der Wasserfarbenmaler der Bamberger Regelhandschrift. Zum Vergleich siehe Suckale (2009) Bd. 1, S. 272–274, Abb. 454, 455, 456 A/B.

Die sich aus einem Becher windende Schlange gehört zur Benedikt-Ikonografie, die wohl aus einer Zusammenstellung von zwei Episoden in Gregors Benedikt-Vita entstand. Exhilaratus, ein Laienbruder (conversus), versteckt einen von zwei vollen Weinkrügen, mit der Absicht heimlich aus einem zu trinken. Nachdem er Benedikt den anderen Krug gibt, mahnt ihn Benedikt, er sollte aufpassen, was in dem versteckten Krug sei. Der Konversus – erstaunt über Benedikts Kenntnis – findet dann eine Schlange in dem Krug (zweites Buch der Dialoge, PL 66, Sp. 170). Bei einer weiteren Episode (PL 66, Sp. 136) lässt Benedikt ein Glas Wein entzwei brechen, indem er das Kreuzzeichen darüber macht. Nur befand sich Gift und keine Schlange in diesem Glas.

Die Ikonografie der Miniatur hat einen möglichen Bezug zum Text, die über die deutliche Beziehung zwischen Regeltext und Regelverfasser hinausgeht. Zwei zusätzliche Kapitel am Ende des Regeltextes betreffen nämlich die Aufnahme und Ausbildung der Laienbrüder und scheinen eigens für den Bamberger Konvent, Besitzer dieser Handschrift, geschrieben worden zu sein. Der Bamberger Konvent hatte sich 1467 der Bursfelder Kongregation angeschlossen, wonach er von acht Mitgliedern (1466) auf 26 Mönche und drei Laienbrüder (1483) wuchs (Germania Benedictina II/1 [2014] S. 234f. und 243). Auch wurde in dieser Zeit das Adelsprinzip gebrochen; 1483 bestand der Konvent mit einer Ausnahme nur noch aus Bürgerlichen. Die Regelübersetzung und die zwei zusätzlichen Kapitel spiegeln damit die neuen Bedingungen und Bedürfnisse des Reformkonvents, denn die Laienbrüder dürften des Lesens und Schreibens unkundig gewesen sein, bürgerliche Mönche vielleicht des Lateins. Im ersten der zwei Zusatzkapitel heißt es, man solle den Laienbrüdern Teile der – wohl deutschsprachigen – Regel vorlesen (Man list ym nicht die regel gantz Sunder allein die Capitel die ym sunderlich ztu gehoren, 22vb). Auch wird Bezug auf Bambergs St. Michaelskloster und seine Zugehörigkeit zur Bursfelder Kongregation genommen, nicht nur in dem Gebet der Laienbrüder für sand michels tag (23va), sondern auch in der Professformel der Laienbrüder (bestetigt wirt von dem ierlichen Capitel der vetter von der burßfelder obseruantz, 23ra).

Ob der Maler sich bewusst mit einer Konversus-Episode aus Gregors Benedikt-Vita befasste, ist nicht zu ermitteln. Sicher ist, dass die Schlangenepisode im Regeltext nicht vorkommt. Wusste der Maler, dass der Konvent vor kurzer Zeit angefangen hatte, Laienbrüder anzunehmen, oder dass zwei Zusatzkapitel über Laienbrüder am Ende der Regel angehängt wurden? Wusste der Maler ferner, dass ein Laienbruder eine Rolle in der Schlangenepisode aus der Benedikt-Vita spielte? Wenn ja, dann dürfte es eine Text-Bild-Beziehung geben, die besondere Rücksicht auf die Besonderheiten des Bamberger Konvents und der Bamberger Handschrift nimmt. Wenn nein, dann muss einfach damit gerechnet werden, dass der Maler die Schlangen-Ikonografie als bekanntes, bezeichnendes Bild des Benedikt verwendete.

Farben:

Dunkelrot, Rosa, Gelb, Schwarz, Braun, Grün, Blau.

Literatur:

Simmler (1997) S. 918, Taf. 17 (Iv); Pfändtner (2007b) S. 3; Suckale (2009) Bd. 1, S. 460, Abb. 734 (109r); Gekrönt auf Erden und im Himmel (2014) S. 183f., Kat.-Nr. X.2.

Weitere Materialien im Internet:

Manuscripta Medievalia, Handschriftencensus

Abb. 182: Iv. Hl. Benedikt.

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Abb. 182.