KdiH

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87.1.3. Křivoklát (Pürglitz), Knihovna státního hradu Křivoklát (Bibliothek der Burg Křivoklát), Cod. I e 7

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 9

Datierung:

Um 1450.

Lokalisierung:

Süddeutscher Raum.

Besitzgeschichte:

Zur Herkunft der Handschrift ist nichts bekannt. Wohl schon im 18. Jahrhundert in der Fürstlich Fürstenberg’schen Bibliothek (innerer Vorderdeckel) im Prager Palais. 1881 wurde die Bibliothek in die Burg Pürglitz überführt und 1929 an die Tschechoslowakische Republik verkauft. Die Handschrift ist heute Teil des Instituts für Nationales Kulturerbe (Národní památkový ústav).

Inhalt:
1. 1r–151r ›Iatromathematisches Hausbuch‹
2. 151v–160r ›Secretum secretorum‹, deutsch
Prosa (Fassung G3); siehe Nr. 87.4.
3. 160r–168v ›Secretum secretorum‹, deutsch
Verse (›Lehren des Aristoteles‹); Text bricht ab: [...] von der lungel dar
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 168 Blätter (mindestens ein Blatt am Ende verloren), 120 × 95 mm, Bastarda, eine Hand, einspaltig, 17–20 Zeilen, wenige mit Gold hinterlegte Initialen, zwei- bis dreizeilige Lombarden (selten mit Fleuronné), Rubrizierung.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch (Schnell [2019] S. 247).

II. Bildausstattung:

41 kolorierte Deckfarbenminiaturen (Farbe teilweise schon stark abgeblättert) zu Text 1. Eine oder zwei Hände.

Format und Anordnung:

Im Kalenderteil (1r–24v) ist jeder Monat über vier Seiten hinweg angeordnet. Auf der letzten Seite des jeweiligen Abschnitts die Monatsarbeiten in rechteckigen Feldern (die Tierkreiszeichen werden nicht dargestellt), die in der Breite den gesamten Schriftspiegel einnehmen und in der Höhe stark variieren (sieben bis 16 Zeilen hoch). Im nächsten Kapitel befinden sich die Tierkreiszeichen in Medaillons (ca. zehn Zeilen hoch, über zwei Drittel des Schriftspiegels breit); nur der wohl beinahe vergessene Schütze (44r) wurde in einem schmal rechteckigen Feld am unteren Seitenende angebracht. Ganzseitig: sieben Planeten, Aderlass- und Zodiakusmann. Die restlichen Illustrationen (Sternseher, vier Temperamente, Aderlass, Baden, Belehrungsszene) in rechteckigen Bildfeldern, die den gesamten Schriftspiegel und in der Höhe etwa zehn Zeilen einnehmen (nur die Belehrung mit 14 Zeilen etwas höher).

Bildaufbau und -ausführung:

Alle Bilder sind mit Rahmen versehen, die z. T. von fleuronnéhaften Schwüngen umspielt werden. Manchmal treten die Figuren auf die Rahmung oder aus ihr hinaus (auf 18v wurde sogar extra ein kleines Bodenstück außerhalb des Bildraums angebracht; auf 59r schießt der Schütze unter dem Jupiter aus seinem Medaillon heraus). Die Szenen spielen in tiefen Innen- oder Außenräumen mit hoher Horizontlinie, die Perspektive wird noch nicht bis ins Detail beherrscht (z. T. interessante Verkürzungen). Die Landschaft und auch die Einrichtung der Innenräume werden sehr detailliert dargestellt. Im Hintergrund blauer Himmel oder bei den Tierkreiszeichen oder Planeten auch dekorative Elemente oder Gold. Selten gibt es nur einfache Grünflächen als Untergrund. Die meisten Figuren sind eher grob und gedrungen dargestellt, wobei auch feinere Gesichtszüge und schlankere Körper bei den Tierkreiszeichen (Wassermann 47v), den Planeten (55r) und dem Sternseher (78r) zu beobachten sind (eventuell eine zweite Hand?). Das Bildprogramm zeichnet sich insbesondere durch seine abwechslungsreiche Gestaltung und genauen Detailbeobachtungen (z. B. von landwirtschaftlichem Gerät: Weinpresse, 18v) aus. Mithilfe der Farbe wird modelliert und schattiert, so dass den Körpern mehr Plastizität verliehen wird.

Bildthemen:

siehe Bildthementabelle in der Untergruppeneinleitung 87.1. Das Bildprogramm weist einige Besonderheiten auf, die so in anderen Handschriften dieser Untergruppe nicht vorkommen. So wird das Tierkreiszeichen Fische (49r) durch einen Fischer repräsentiert, der mit einem Netz knietief in einem Gewässer steht. Die Lassstellen beim Zodiakusmann (110r) werden nicht durch die Abbildung der Tierkreiszeichen gekennzeichnet, sondern mit Schriftbändern versehen, auf denen das jeweilige Zeichen notiert ist. Er steht auf einem Sockel vor einer tiefen Landschaft, in der sich Figuren bewegen, eine davon kniet betend vor einem Bildstock. Ebenso steht der Aderlassmann (131r, Beischrift fehlt) auf einem Sockel, der von einem goldenen Becken umgeben ist, so dass er an eine Brunnenfigur erinnert.

Außergewöhnlich ist auch die Darstellung zum Kapitel vom Klistieren, wo weder ein Einlauf (wie in St. Gallen, Cod. 760, Nr. 87.1.14.) noch ein Patient beim Stuhlgang (wie in München, Cgm 349, Nr. 87.1.7., Cgm 730, Nr. 87.1.8.; in Stalden, Nr. 87.1.15. und vermutlich auch in London, MS Germ. 1, Nr. 87.1.5. sowie in Heidelberg, Cod. Pal. germ. 557, Nr. 87.1.2.) dargestellt ist, sondern ein Schüler, der schreibend vor seinem Meister sitzt (145r; das Kapitel beginnt mit: Es spricht Almansor der Maister daz Cristiren ein edle erczneý seý). Die genannten Handschriften gehören alle einer kleineren Gruppe an, und weisen einen engeren Zusammenhang auf, da sie nicht, wie die restlichen Codices dieser Untergruppe, eine Harnschau illustrieren, sondern ein Bild zum Klistier-Kapitel geben. Außerdem überliefert diese Gruppe ein etwas anderes Bildprogramm zu den Temperamenten, die nicht wie sonst üblich durch Mann und Frau repräsentiert werden: Der Melancholiker liegt schlafend auf der Erde, seinem Element (83v); zwei Laute spielende Männer stehen für den Phlegmatiker (86r; Musik und Tanz wurde mit diesem Temperament verbunden); zwei männliche Sanguiniker stehen in einer Landschaft, einer mit verschränkten Armen, einer mit einem Schwert im Gürtel (87v; sie gelten als hochmütig, was diese Abbildung wohl ausdrücken soll; in vergleichbaren Bildprogrammen eher durch einen Mann mit Spiegel illustriert, siehe Nr. 87.1.8.); die zwei Choleriker befinden sich im Schwertkampf (89r). Darüber hinaus überliefern diese Handschrift, MS Germ. 1, Cgm 349, Stalden und St. Gallen nach dem Hausbuch das ›Secretum secretorum‹ in zwei Fassungen, was wiederum die enge Verbindung verdeutlicht.

Farben:

in verschiedenen Abstufungen: Gelb, Rot, Grün, Blau und Braun; Gold.

Literatur:

Pražák (1969) S. 198–201 (Nr. 150). – Vanͮková (2014) S. 187–189, Abb. 6–8 (8v, 16v, 24v), Abb. 10–11 (61r, 67r); Schnell (2019) S. 247.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 47: 110r. Zodiakusmann.

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Abb. 47.