KdiH

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59.4.3. Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek, Ms. S 712

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

Um 1438–1444 (Wasserzeichen).

Lokalisierung:

Hagenau: Werkstatt Diebold Laubers.

Besitzgeschichte:

Provenienz: aus dem Prämonstratenserkloster Steinfeld/Eifel (4r Signatur Loc 776 N.: 1), 1802/03 durch Jean-Baptiste Maugérard für Frankreich beschlagnahmt, bis zur Rückerstattung an Deutschland 1815 in der Bibliothèque Nationale zu Paris (Stempel 4r und 412v). Auf dem Vorderdeckel Papierschild mit Aufdruck 99 (aus der Pariser Zeit?).

Inhalt: Historienbibel IIa
1r–319vb Alte Ee
1ra–10va Register
12ra–13vb Prolog
14ra–319vb Prosaauflösung der ›Weltchronik‹ des Rudolf von Ems mit alttestamentlicher Fortsetzung
bis Kap. Also es einen monat vnd dru gantz Jor regente / one regenen was
Kap. Wie sich David und Jonathan von einander schiedent an falscher Position (vor Wie David myt kunig Saul verrichtet vnd versunet wart)
darin: 229r–305va Psalter Beatus vir […] Selig ist der man der nit abe ging, mit Cantica, Symbolum Quicumque, Heiligenlitanei
321r–412vb Neue Ee
321r–324rb Register
326v Bild
327ra–412rb Prosaauflösung des ›Marienlebens‹ von Bruder Philipp
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 415 Blätter, dazu je ein neues Vorsatzblatt vorn und hinten, jeweils ein Blatt auf einen Falz geklebt (je ein Blatt fehlt nach 360, 389, 392, 403, von einem fehlenden Blatt vor 12 [kautzsch S. 59. 66] ist nach der Restaurierung 1984 nichts mehr zu erkennen, die Blätter 1–4 und 317 sehr defekt [restauriert], unbeschrieben 11r–v, 320r–v, 324v–326r, 412v–415v), 405–410 × 275–280 mm, zweispaltig, Bastarda, zwei Hände, I: 1r–319v, 34–37 Zeilen, II: 321r–412r, 32–35 Zeilen, rote Kapitelzählung, Strichel, Überschriften, Caput-Zeichen, abwechselnd rote und blaue Kapitellombarden über vier bis sechs Zeilen, gelegentlich schwungvolle Federausläufer mit Blüten. Die Handschrift scheint erst nach der Illustrierung rubriziert worden zu sein (z. B. 116v die Lombarde, auch gibt es vielfach Abklatsche auf die gegenüberliegende Bildseite, z. B. 156v/157r).

Schreibsprache:

elsässisch.

II. Bildausstattung:

91 von ursprünglich 94 oder 95 kolorierten Federzeichnungen; 70 Textillustrationen (eventuell fehlt vor 12 eine ganzseitige Zeichnung: Schöpfung) und zwei historisierte Initialen (12ra, 229ra) zur Alten Ee, 17 (von ehemals 20 oder 21) Textillustrationen sowie eine historisierte Initiale (327ra) zur Neuen Ee. Gruppe A der Lauber-Werkstatt.

Format und Anordnung:

die Textillustrationen zumeist gut halbseitig über beide Spalten, breiter als der Schriftspiegel, ungerahmt, mit der Überschrift, die als Bildbeischrift fungiert, dem Text eines Kapitels vorangestellt. 326v ganzseitig. Die Initialen (12ra, 229ra, 327ra) gut viertelseitig, sie nehmen stets die gesamte Breite der linke Spalte ein.

Bildaufbau und -ausführung:

Für die Textillustrationen sind auf recht schmalen Bodenstücken meist sehr kompakt stehende Figurengruppen arrangiert; Hintergrund nicht angegeben, gelegentliche Innenraumdarstellungen durch Architekturrahmen markiert. Sehr homogenes Produkt der Werkstattgruppe A; Kennzeichen: Modellierung und Betonung der Kontur nicht mit zeichnerischen Mitteln (wenige Schraffuren, die v. a. von grüner Farbe teilweise überdeckt werden), sondern durch Farbe, wo sie nicht flächig, sondern unter Freilassung von Papiergrund oder in leichter Abstufung mehr oder weniger wässrig aufgetragen wird. Typisch für die Gruppe A auch die Physiognomien mit großen, aufgerissenen Augen, die mit den besonders betonten Pupillen immer hervorstechen, Nasen mit nach unten gezogener Spitze, leicht s-förmig geschwungenem Mund, im Profil immer etwas karikierend wirkend; Gesichter sind stets seitlich leicht blassrosa laviert, der Mittelstreifen bleibt weiß und tritt so plastisch hervor; ohne zusätzliches Wangen- und Lippenrot. Bei Toten oder Schlafenden ist das Augenoval immer mit etlichen Lidfalten gefüllt. Die sehr einheitliche Ausführung ist laut Saurma-Jeltsch nicht notwendig auf einen einzigen Buchmaler, sondern auf einen stark normierten Kollektivstil zurückzuführen: Einzelne Mitarbeiter der Werkstattgruppe A treten nicht mehr, wie in der früher entstandenen Darmstädter Historienbibel (Nr. 59.4.4.), individuell hervor.

Charakteristisch für die Kolorierung ist die scheckige Übermalung von Gelb mit Grau bei Haartrachten, was wohl eine besondere braune Haarfarbe wiedergeben soll. Manchmal ist sehr liebevoll koloriert, vgl. z. B. die Apfelschimmel 176r und 179r. Gelegentlich im Hintergrund mit der Feder gezeichnete kolorierte Ranken und Blüten: 308r, 313r u. ö.

Die gelegentlich in die Illustrationen eingefügten Wappenschilde (an Zelten u.ä.) spiegeln möglicherweise heraldische Kenntnisse der Buchmaler (Saurma-Jeltsch zufolge 117v evtl. Straßburg, 142r evtl. Wildenstein), sind aber kaum im Blick auf einen möglichen Auftraggeber zu deuten.

Die drei Initialen bilden mit den oberhalb von Text und Initiale als Kopfillustrationen platzierten halbseitigen Bildern jeweils ein Ensemble, das durch Rankenwerk, dazu drolerieartige Zusatzfiguren ergänzt wird. 12r Binnenfigur: mit verschränkten Armen stehender Engel, auf ihn bezogen die Kopfillustration: Schreiber mit Schriftband terra est inanis, dazu Dudelsack spielender Affe. 229r Binnenfigur: Dudelsack spielender Mann im Narrenkostüm, Kopfillustration: König David als Psalmenschreiber, dazu Trommler, heraldischer Löwe. 327r Binnenfigur: Mariae Verkündigung, Kopfillustration: Engel mit Spruchband spiritus sanctus super veniet), dazu Greif.

Bildthemen:

siehe Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 2, S. 9 f., Bd. 1, S. 246–257 (Konkordanz); Rapp (1998) S. 259–264 (Teilkonkordanz). – Innerhalb der von Gruppe A gestalteten Historienbibeln ist der Zyklus der Bonner Handschrift am engsten mit dem der Kopenhagener (Nr. 59.4.8.) verwandt, bleibt gelegentlich aber auch einzelgängerisch (z. B. im Verzicht auf das Standardthema von Jakob, der sich den Segen Isaaks erschleicht) oder weist gegenüber der Kopenhagener Handschrift individuelle Varianten sowohl in der Auswahl (wo Kopenhagen Moses Kampf mit den Mohren bebildert, wählt Bonn das Thema Mose nimmt die Mohrin zur Frau) als auch in der Motivgestaltung (etwa in der Darstellung Moses, der die Namen der Geschlechter aufschreibt: hier hält dieser ein Schriftband auf den Knien, sinnvoller als in Kopenhagen, wo ein geschlossenes Buch auf dem Altar liegt).

Farben:

Rotbraun, Dunkelbraun, Ocker- und Gelbtöne, Grün, Blau, Schwarz, Rot (selten), Rosa (Wand- und Säulenfarbe). Inkarnat Orangerosa.

Literatur:

Handschriftencensus Rheinland (1993) S. 159 f. – Kautzsch (1895) S. 41. 66. 70; Vollmer (1912) S. 106, Nr. 35; Fechter (1938) S. 127 Anm. 3, S. 138 Anm. 9; Knaus (1958/1961) S. 50 f.; Landolt-Wegener (1963/1964) S. 223 u. ö., Taf. 51f (365v); Schöndorf (1967) S. 132 f.; Hermann Knaus: Rheinische Handschriften 6. Archiv für Geschichte des Buchwesens 14 (1974), Sp. 257–285, hier Sp. 274; Traband (1982) S. 77; Deighton (1986) S. 277 Anm. 165; von Bloh (1993) S. 281 f. u. ö., Abb. 17 (12r). 18 (14r); Rapp (1994); Rapp (1998) S. 47–50, Nr. 3.2.2., u. ö., Abb. 3 (Textseite 329r); Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 2 S. 9 f., Nr. 9, Abb. 323 (304v), Taf. 19/4 (61v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 15: 316v. König Schischak vor Jerusalem.

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Abb. 15.