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59.4.16. Nelahozeves, Lobkovicka knihovna (Schloss Nelahozeves, Bibliothek der Fürsten Lobkowicz), Cod. VI Ea 5

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

1435–1440 (Stildatierung Saurma-Jeltsch; Wasserzeichendatierung steht noch aus).

Lokalisierung:

Hagenau (Werkstatt Diebold Lauber).

Besitzgeschichte:

Ob aus dem Grundstock der Bibliothek stammend, die von Bohuslav Lobkowicz von Hassenstein (1461–1510) begründet wurde, konnte nicht ermittelt werden. Zeitweilig in Roudnice (Raudnitz) beherbergt, dem Sitz eines späteren Zweigs der Familie: Nach der Konfiszierung des Vermögens von Maximilian Erwin von Lobkowicz 1941 durch die nationalsozialistische Protektoratsbehörde wurde die Bibliothek nach Prag (zeitweilig auch an andere Orte: Handschriften und Rara z. B. auf die Burg Karlstein) evakuiert, nach dem Krieg als staatliches Depositum betrachtet und erst 1994–1998 wieder an ihren Herkunftsort, das Schloss Nelahozeves, zurückgebracht.

Inhalt: Historienbibel IIa
S. 1a–507b Alte Ee
S. 1a–17a Register
S. 21a–25a Prolog
S. 25a–507b Prosaauflösung der ›Weltchronik‹ Rudolfs von Ems mit alttestamentlicher Fortsetzung
bis Kap. Also es einen monot vnd dru gancz iar an regen waz
darin: S. 351a–474b Psalter Beatus vir […] Selig ist der man der nit abging in den rat der vbelen, mit Cantica, Symbolum Quicumque, Heiligenlitanei
S. 513a–650b Neue Ee
S. 513a–518b Register
S. 522 Bild
S. 523a–650b Prosaauflösung des ›Marienlebens‹ von Bruder Philipp
bricht ab in Kap. Das der sun sin mùtter empfing
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 323 Blätter (durchgehend paginiert bis 650, es fehlen je zwei Blätter vor S. 21 und nach S. 508, ein Blatt nach S. 602, mehrere Blätter nach S. 650; Blatt 1 und 2 sind defekt), 357 × 268 mm, Blätter einzeln auf Falzstreifen montiert, so dass zwei Blätter einen Bogen ergeben, Bastarda (Initialseiten Textura), zweispaltig, 37 Zeilen, ein Schreiber (u. U. identisch mit dem Schreiber der Handschrift Zürich, Zentralbibliothek, C 5 [Nr. 59.4.20.]; Saurma-Jeltsch erwägt Beteiligung zweier weiterer Hände), rote Kapitelzählung am oberen Blattrand, rote Überschriften, Caput-Zeichen, Strichel, Unterstreichungen lateinischer Textanteile, rote Kapitellombarden über drei Zeilen.

Schreibsprache:

elsässisch.

II. Bildausstattung:

78 von ehemals vermutlich 80 kolorierten Federzeichnungen, 62 zur Alten Ee (eine fehlt wegen Blattverlusts vor S. 21), 16 zur Neuen Ee (eine fehlt wegen Blattverlusts nach S. 602, u. U. eine weitere nach S. 650), drei Initialen, S. 21a R, S. 351a B, S. 523a M. – Gruppe A der Lauber-Werkstatt.

Format und Anordnung:

ganz- oder halbseitig, ungerahmt, mit der Überschrift, die gleichzeitig als Bildbeischrift fungiert, dem Text eines Kapitels vorangestellt. Die Initialen viertelseitig, die Breite der gesamten linken Spalte füllend.

Bildaufbau und -ausführung:

wie andere Historienbibeln der Gruppe A (siehe Nr. 59.4.3.). Auffallend die Zunahme des dekorativen Beiwerks: mehr Blütenschmuck in Bäumen und auf Bodenstücken.

Die drei Initialen bilden mit den oberhalb von Text und Initiale als Kopfillustrationen platzierten halbseitigen Bildern jeweils ein Ensemble, das durch Rankenwerk, dazu drolerieartige Zusatzfiguren ergänzt wird: S. 21 Binnenfigur: Harfe spielender Engel, auf ihn bezogen die Kopfillustration: Schreiber, dazu Greifen; S. 351 im Binnenraum Blüten- und Rankenwerk, Kopfillustration: König David als Psalmenschreiber, dazu Ranken; S. 523 im Binnenraum Blüten- und Rankenwerk, Kopfillustration: apokalyptische Maria im Strahlenkranz mit Kind und Apfel, Ranken mit Greif.

Bildthemen:

siehe Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 2, S. 84 f., Bd. 1, S. 246–257 (Konkordanz); Rapp (1998) S. 259–264 (Teilkonkordanz). – Das Bildprogramm entspricht dem Variantenschatz der Gruppe A. Etliche Themen sind nahezu völlig deckungsgleich mit anderen Handschriften der Gruppe ausformuliert (insbesondere mit Zürich, Zentralbibliothek C 5 [Nr. 59.4.20.]); auch hier bemüht sich der Buchmaler jedoch um Variation; z. B. platziert er für die Darstellung Isaak verspricht Esau den Segen/Rahels Plan in der Raudnitzer Handschrift (S. 89) Isaak – deutlich als blind gekennzeichnet – ins Bett, während dieser in Zürich (57v) ganz normal sitzt. Auffallend ist die Varianz vor allem dort, wo ein Bildthema ausschließlich in diesen beiden Handschriften repräsentiert ist. Ein ganz anderes Bildmotiv wählt der Buchmaler in der Raudnitzer Handschrift z. B. für die Darstellung von Noachs Kindern: Wo in Zürich, 20r (wie in den frühen Handschriften der Gruppe IIa zuweilen auch) ein sitzendes Ehepaar mit Nachkommenschaft zu sehen ist, befinden sich in der Raudnitzer Handschrift Noachs Kinder nackt in der gerade an Land gegangenen Arche (S. 32). Anderswo beschränkt sich die Varianz auf Versatzstücke: in Pharaos Traum liegt der in identischer Haltung schlafende Pharao in Zürich (74v) unter einem krabbenbesetzten Spitzbogen, während an dessen Stelle in Raudnitz (S. 116) die Traumbilder Ähren und Rinder eingesetzt sind. Details treten hinzu (Sonne und Mond über Ecclesia und Synagoge, S. 522; die nahenden Häscher in der Ölbergszene, S. 607) oder entfallen (der Paradiesfluss aus der Züricher Variante [14v] der Erschaffung Evas, S. 24). Nur sehr gelegentlich wählt der Zeichner völlig andere Bildthemen als die Züricher oder weiter verwandte Handschriften. Wo etwa in anderen Handschriften die Begegnung Annas und Joachims an der Goldenen Pforte dargestellt ist, wird hier die Verkündigung an Joachim als Bildthema gewählt (S. 527), anstelle der Kreuztragung der Schwesterhandschriften hat die Raudnitzer Handschrift die Kreuzannagelung (S. 616), wobei letzteres u. U. mit einem Zuordnungsfehler in der Züricher (und der Münchener Handschrift des Bayerischen Nationalmuseums 2502 [Nr. 59.4.14.]) in Zusammenhang stehen könnte.

Farben:

milde, meist durchscheinende Violett-, Braun-, Rost-, Ocker-, Oliv- und Grüntöne, dazu metallisches Blau; sehr selten Rot (Flammen, Blut, Kreuz, manchmal auch Hüte und andere Kostümdetails).

Literatur:

J. Petters: Deutsche Handschriften zu Raudnitz. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit IV (1857), Sp. 5 f.; Mertzdorf (1870) S. 44 (Hs. Ξ); Kautzsch (1895) S. 121 f.; Max Dvorak und Bohumil Matejka: Topographie der historischen und Kunst-Denkmale im Königr. Böhmen, XXVII Der politische Bezirk Raudnitz. Teil II: Raudnitzer Schloß. Prag 1910, S. 307 f. mit Abb. (S. 563); Vollmer (1912) Nr. 47, S. 121f.; Kurth (1914) Sp. 6; Kautzsch (1926) S. 43; Jänecke (1964) S. 117; Schöndorf (1967) S. 132 f.; Traband (1982) S. 88; Tosnerová (1995) S. 124; von Bloh (1993) S. 260 u. ö.; Rapp (1998) Nr. 3.2.11., S. 70–72 u. ö., Abb. 19 (Textseite 573); Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 2, Nr. 63, S. 94 f. u. ö., Abb. 193 (S. 628). 280 (S. 89). 297 (S. 584). 310 (638).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 21: S. 21. Schreiberbildnis und Initiale mit Harfe spielendem Engel als Binnenfigur.

Abb. 22: S. 81. Opferung Isaaks.

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Abb. 21.
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Abb. 22.