KdiH

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90a.1.3. Nürnberg, Stadtbibliothek, Amb. 317.2º

Bearbeitet von Caroline Horch und Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 9

Datierung:

1425–1549.

Lokalisierung:

Nürnberg.

Besitzgeschichte:

Die Handschrift wurde 1426 unter dem Pfleger Marquard Mendel (1425–1438) für die von seinem Vorfahren Konrad Mendel 1388 gegründete Zwölfbrüderstiftung angelegt. Sie befand sich bis 1807 in der Mendel’schen Stiftung, danach im Heilig-Geist-Spital Nürnberg. Seit 1844 wird sie in der Stadtbibliothek Nürnberg aufbewahrt.

Inhalt:
1r–167v Mendel’sches Brüderbuch (Mendel I)
Brüder- und Pflegerbilder 1388–1549, chronologisch nach dem Todesdatum (1r–46r Bilder der vor der Anlage der Handschrift verstorbenen 91 Brüder und 3 Pfleger [1388–1425]; 46v–167v der nach 1425 aufgenommenen Brüder und amtierenden Pfleger)
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 169 Blätter (am Anfang zwei Blätter, am Schluss ein Blatt in den Einband geklebt, fehlerhafte neuzeitliche Zählung, erfolgt nach dem Verlust von vier Blättern. Es fehlen vier Blätter vor Bl. 1, ein Blatt vor Bl. 2, ein Blatt vor Bl. 161, ein Blatt nach Bl. 163, vier Blätter nach Bl. 166, zwei Blätter am Schluss der Handschrift; erläuternde Ergänzungen wurden nachträglich auf den Blättern vermerkt), 277–288 × 196–207 mm, Kursive, 26 Schreiber, namentlich bekannt ist nur der 14. Schreiber Hans Seidenfaden († 13.8.1504, Stuhlschreiber und Schaffer im Mendel’schen Zwölfbrüderhaus, 120v), einspaltig, eine bis 13 Zeilen.

Schreibsprache:

nürnbergisch.

II. Bildausstattung:

338 lavierte und teilweise kolorierte Zeichnungen auf Vorder- und Rückseite der Blätter, davon zehn zum Teil sehr beschädigt (1v, 9r, 9v, 110r, 110v, 128r, 128v, 137r, 167r, 167v). Aufgrund von Blattverlusten fehlen folgende Teile: die Darstellung des Stifters Konrad Mendel und ein einleitender Text, die Brüder sieben und acht, Bruder 152, das Pflegerporträt von Georg Geuder, die Brüder 323, 324, 331–338, 341–344 (Angaben nach Sauer/Hauschke [2009]); 26 Maler.

Format und Anordnung:

Die ganzseitigen Federzeichnungen stellen die einzelnen Stiftsbewohner in der Ausübung ihres Handwerks vor, sie sind fortlaufend in der rechten oberen Ecke nummeriert. Über den Bildern Name und Beruf des Bruders von einem nicht mit dem Maler identischen Schreiber, das Todesdatum (fehlt 1r–46r) sowie die Zählung nach dem Eintritt. Mitunter sind die schriftlichen Angaben in das Bild integriert (48v, 93v, 94r). Die Bilder sind in der Regel randlos; teilweise Andeutung einer architektonischen Rahmung (42r, 48v, 93v, 94r).

Bildaufbau und -ausführung:

Die 26 Schreiber und 26 Maler arbeiteten unabhängig voneinander und sind namentlich nicht zu identifizieren, dennoch zum Teil in den kunsthistorischen Kontext einzuordnen (vgl. Zirnbauer [1965] S. 95–97, dagegen Sauer [2014] S. 274–280; [1r–59v]; der erste Maler ist identisch mit dem Maler von Nr. 87.1.13., einem ›Iatromathematischen Hausbuch‹). Künstlerische Qualität und technische Ausführung der einzelnen Bilder in Mendel I differieren je nach Maler und Entstehungszeit (vgl. Zirnbauer [1965] S. 95–97). Die Darstellung der Gesichter ist ein Gradmesser zur Unterscheidung der Malerhände. Körperproportionen, anfangs mit Verzerrungen, die an »Zwergenwüchsigkeit« denken lassen (87v, 88r) (Zirnbauer [1965] S. 96), gelangen im Weiteren besser. Vergleichbares gilt für die Wiedergabe von Gebäuden. Weitere Unterscheidungskriterien sind: Feder- und Pinselverwendung, Binnenzeichnung der Gesichter, Körperproportionen, detaillierte Architekturelemente, Kolorit. Eine Sonderfall in Mendel I ist das Konvolut Bl. 141–148, entstanden 1526 bis 1533. Die alle anderen Bilder überragende künstlerische Qualität legt eine Zuweisung an die Schule Albrecht Dürers nahe (Zirnbauer [1965] S. 97). Beim ersten der 26 Maler sind nur Ansätze von Individualität durch körperliche Merkmale wie Haar- oder Barttracht zu erkennen, der umgebende Raum wird allenfalls angedeutet (1r–59v, vgl. auch Nr. 87.1.13.). In späteren Abschnitten (ab Bl. 75) werden Handwerkszeug, Innenräume und Architektur zunehmend detaillierter dargestellt, vgl. 48v und 93v: Bei gleichem Beruf und gleichen Bildbestandteilen (auf einem Schemel arbeitender Schuster, Tisch, Wandhalterung mit Schuhleisten, Schuhe in einer Auslage für Käufer, Rosenkranz) lässt sich bei der späteren Illustration eine deutlich differenziertere Darstellung feststellen. Eine exakte perspektivische Darstellung der Architektur oder anatomische Wiedergabe der Handwerker und Tiere wurde angestrebt, aber nicht immer erreicht. Die Darstellung einiger Arbeitsprozesse und Werkzeuge lässt auf genauere Kenntnis schließen, möglicherweise Inaugenscheinnahme (siehe 18v, vgl. Sauer [2011a] S. 165). Hatte ein Bruder zwei Berufe ausgeübt, werden beide synchron gezeigt (z. B. 127v). Ungeachtet des jeweiligen Berufs tragen die Brüder die Stiftstracht: eine gegürtete Kutte und die braune Gugel. Die Haartracht ist fast durchgehend Halbglatze und Vollbart. Die Gestik orientiert sich an der Tätigkeit, sie hat keinen den Bildhorizont überschreitenden, appellierenden Charakter, wenn auch der Handwerker den Betrachter oder die Betrachterin manchmal aus dem Bild heraus anzuschauen scheint (z. B. 159v).

Bis 128v Tusche für die Umrisslinien, einige Vorzeichnungen mit Bleistift erkennbar (72v, 78v, 79r, 80r, 81r), Wasserfarben für die Ausmalung, ab 129r vereinzelt mit der Feder konturierte Pinselzeichnungen (129r, 129v, 134r, 137v, 139r, 139v, 156v, 158v, 160v).

Bildthemen:

https://hausbuecher.nuernberg.de mit Erfassung aller Brüder, Berufe und Pfleger.

Auf jeder Seite des Brüderbuches – die Anlage ist vom jeweiligen Pfleger veranlasst – ist ein Handwerker während seiner Tätigkeit und mit dem für seinen Beruf typischen Werkzeug zu sehen. Dem Realitätsgehalt ist »eine Grenze gesetzt durch die Funktion der Darstellungen als Memorial- oder Erinnerungsbilder einer einzelnen Person« Sauer/Sträter [2012] S. 8). Die Bilder der zwölf Pfleger folgen dem Typus des mittelalterlichen Stifterbildes: Die Pfleger und ihre Ehefrauen stehen oder knien vor einem Altar, zu den Füßen ihr Wappen. Am oberen Bildrand der Brüderbilder stehen Name, Beruf und Zählung des jeweiligen Bruders, ab 46v auch das Todesdatum. Die Reihenfolge der Bilder ergibt sich aus dem Todesdatum, die Zählung orientiert sich am Eintritt in die Stiftung; die Dauer des Aufenthalts wurde erst am Ende des 15. Jahrhunderts angegeben. Ab 47r vereinzelt charakterisierende und biografische Zusätze, die auf persönliche Kenntnis schließen lassen. So wird beispielsweise 48v auf einer Inschrift vermerkt, der hier erfasste Schuster sei ein Heuchler gewesen. Die Inschrift von 60r berichtet vom Aussatz des Bruders, dessen Krankheit jedoch auf dem Bild nicht zu sehen ist. Die Bilder schildern die Handwerker bei ihrer Arbeit idealtypisch, es sind »künstliche Konstrukte« (Sauer/Sträter [2012] S. 7). Dennoch sind die Darstellungen von Werkstätten und Handwerkszeug realistisch und damit eine hervorragende Quelle für Handwerks- und Alltagsgeschichte.

Farben:

Hell- und Dunkelbraun, Hellblau, Hell- und Dunkelgrün, Rot, Rosa, Zinnober, Lila, Ocker, Grau, Weiß, Schwarz.

Abb. 129: 48v. Schuster kneußel Schuchster.

Abb. 130: 93v. Schuster petter velner.

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Abb. 129.
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Abb. 130.