KdiH

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80.3.1. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 3

Bearbeitet von Franziska Stephan

KdiH-Band 8

Datierung:

Text um 1400, Illustrationen 1400–1420 (Wegener [1927] S. 9).

Lokalisierung:

Mitteldeutschland / Heidelberg-Speyer? (Vian [1910] S. 8; Zimmermann [2003] S. 5).

Besitzgeschichte:

Von Kurfürst Ludwig III. von der Pfalz (1378–1436) erworben (Wegener [1927] S. IVf.). Vielleicht identisch mit einem Eintrag im Inventar der jüngeren Schlossbibliothek aus dem Jahr 1610 (Heidelberg, Cod. Pal. germ. 809, 142r Ein Loß buch vff pergament geschrieben, vgl. Zimmermann [2003] S. 5). 1623 wurde die Handschrift mit dem damaligen Bestand der Heidelberger Bibliothek als Geschenk von Maximilian I. von Bayern (1573–1651) an Papst Gregor XV. nach Rom überführt (16v alte römische Signatur 1830), wo sie sich bis zur Rückgabe der Schenkung im Jahr 1816 befand.

Inhalt:
1r–16v Lunares Losbuch
1r–2v systematische Tabellen mit 28 Fragen und drei Verweisreihen unter Einbeziehung der Namen von antik-heidnischen, christlichen und biblischen Autoritäten, Anrufung des Pythagoras sowie den 28 Mondaltern; 2r Verweise mit dem auf 1v ermittelten Mondalter und Hinweis auf die Verzögerung der Losbefragung um ein weiteres Mondalter sowie einen Weisen; 2v Mondalter und Weise mit Verweis auf einen Losrichter; 3r–16v 28 Losrichter mit je 28 Lossprüchen aus zwei Reimversen
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, III + 16 + III Blätter, 345 × 205 mm, Textura, drei Schreiber (I: Hauptteil des Textes, sorgfältige Schrift um 1400, II: Ergänzungen und Nachbesserungen im selben Charakter, Zierbuchstaben auf 13r–v, III: jüngere Kursive für die Beschriftungen der Illustrationen, nach Vian [1910, S. 4] von einer Hand des ausgehenden 15. Jahrhunderts, nach Zimmermann [2003, S. 5] von einer etwa zeitgleich zu Schreiber I und II arbeitenden Hand), dreispaltig (1r–2v), einspaltig (3r–16v), 28 Zeilen, zwei Cadellen-Initialen, rote Lombarden, Rubrizierung, Strichelung.

Schreibsprache:

südrheinfränkisch (Zimmermann [2003] S. 5).

II. Bildausstattung:

32 geplante Federzeichnungen, davon 17 z. T. nur mit Silberstift skizziert, der Rest ausgelöscht, ein Zeichner, nach Stil und Tracht zwischen 1400 und 1420 arbeitend (Wegener [1927] S. 9).

Format und Anordnung:

Die Pergamentblätter sind in der Höhe von 250 mm (außen) und 270 mm (innen) am oberen Rand halbkreisförmig beschnitten, der Schriftspiegel beginnt unterhalb der Rundung, darüber sind in den ca. 95 mm hohen Segmentbögen die Illustrationen ohne Rahmung und Hintergrundgestaltung mittig platziert.

Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

1r–2v Verweistabellen: Der Text ist akkurat in ein mit Tinte vorgezeichnetes Zeilengerüst mit drei Spalten eingebracht und abwechslungsreich mit einzeiligen, roten Lombarden (1r erste und zweite Spalte), Versalienspalten (1v–2v), Rubrizierung und Strichelung gestaltet. In der mittleren Spalte ist die Schriftgröße halbiert und der Text auf zwei Schriftzeilen verteilt. In der gerundeten Kopfleiste sind verschiedene Gestirne dargestellt: 1r achtzackiger Stern, die Zacken sind durch feine Striche segmentiert sowie durch grobe Schraffuren plastisch modelliert, außen zwischen den Zacken mit locker schraffierten Strahlenbündeln (nach Wegener [1927] S. 9 handelt es sich um die Sonne). 1v–2v der abnehmende Mond, dargestellt als eine in der Halbschale liegende Kugel mit menschlichen Gesichtszügen und halb gesenkten Lidern, in Dreiviertel- und Profilansicht, die Blickrichtungen entsprechen der Verweisstruktur des Textes. Die Monde beziehen sich auf die im Text genannten Mondalter.

3r–16v Losrichter: Der Haupttext ist durch einzeilige Lombarden in Rot (3r–v, 8r), Cadellen-Initialen (13r–v) und eine rot gestrichelte Satzmajuskel (8v ohne Strichelung) gestaltet. Die langzeilig geschriebenen Reimpaare sind vereinzelt durch Punkte getrennt. Darüber befinden sich 13 (von 28 geplanten) Darstellungen der Losrichter in Halbfigur, diese sind auf Spruchbändern bezeichnet. Die meisten sind ausgelöscht, nur der mit Tinte geschriebene Name ist zu sehen. Das Spruchband wird meist von einer oder beiden Händen gehalten, die freie Hand ist mit verweisenden Gesten oder mahnendem Zeigefinger erhoben, meist korrespondieren die Gesten der Figuren über die Doppelseite hinweg. Nach Vian entspricht die vergrößerte Darstellung der Hände, die z. T. mit Hilfslinien gezeichnet sind, um die Glieder der Finger in ein richtiges Verhältnis zu bringen, »ganz der mittelalterlichen Art Wahrsager und kluge Männer, die etwas ›weisen‹ sollen« zu kennzeichnen (Vian [1910] S. 6). Insgesamt handelt es sich um typenhafte Darstellungen mit ernst wirkendem Gesichtsausdruck, kleinen, runden Augen, fein geschwungenen Nasen, welligen bis gelockten Haaren und Bärten in verschiedenen Längen (z. T. auch gegabelt) sowie variierenden Kopfbedeckungen (z. B. 5v und 6r orientalisierend mit turbanartigen Tüchern, 7v mit Haube als Element der deutschen Tracht). Von diesem Schema abweichend sind ein Losrichter als Frau (7v), einer als bartloser Jüngling (14v) und einer als kauernde Ganzfigur mit in die Hand gestütztem Kopf (15r) in der Art eines Melancholikers dargestellt. Letztere Figur mit dem Namen Kadacenist personifiziert das 24. Mondhaus (der Name ist ohne Entsprechung unter den von Vian zusammengetragenen Reihen der arabischen Mansionenbezeichnungen, siehe hierzu Vian [1910] S. 68–72). Dieses befindet sich im letzten Viertel des 28 Tage umfassenden Mondzyklus (abnehmender Mond) und steht am Übergang der Tierkreiszeichen Wassermann zu Steinbock. Diese stehen wiederum unter der Herrschaft des Saturn, zu dessen Kindern der Melancholiker gehört. Der hier möglicherweise bestehende Zusammenhang zwischen Mansion, Sternzeichen, Planet und gewähltem Darstellungstypus ist nicht im Sinne eines konsequenten Programms für die Darstellung aller Losrichter angewendet worden. Bei diesen handelt es sich grundsätzlich um einfache Personifikationen der 28 Mansionen im Typus des Weissagers.

Bildthemen:

Reihe der Losrichter: 3r Almogene: Mann mit langem Bart und lockigem Haar, Kutte mit halb hochgezogener Kapuze; 3v Aematha: unsaubere Nachzeichnung von 3r; 4r Albathon: nicht ausgeführt; 4v Alchuria: rudimentäre Skizze von Gesichtszügen ohne Kopfumriss, mit gesenktem Blick und absackenden Augenbrauen; 5r Adoraria: nicht ausgeführt; 5v Almusan: Mann mit langem Gabelbart, turbanartigem Kopftuch, Tunika mit Bordüre am Halsausschnitt; 6r Atha: Mann mit mittellangem Bart, Hut ähnlich einer phrygischen Mütze, über die Schultern zurückfallender Mantel; 6v Anan und 7r Auatria: nicht ausgeführt; 7v Altraf: Frau mit langem, über die Schulter fallendem Schleier, Tunika mit Bordüre am Halsausschnitt; 8r Albusa: Mann mit kurzem Bart, Kopf, Kinn und Brustpartie sind von einer spitzen Haube mit gewelltem Saum umschlossen; 8v–13r Alcharecen, Arfa, Alana, Arionet, Algauar, Auavenen, Alaruil, Alcalu, Alenra, Auanan: nicht ausgeführt; 13v Aluede: stellenweise mit Feder nachgezogene Skizze, Mann mit gegabeltem Kinnbart, halblangem lockigen Haar, Mütze, Mantel; 14r Cathacene: Skizze, Mann mit langem Bart und tellerartiger, unter dem Kinn gebundener Kopfbedeckung; 14v Cadabula: Jüngling mit mittellangem Haar und Mütze mit kronenartig-zackig aufgestellter Krempe; 15r Katharenist: kauernde Figur, den gesenkten Kopf in die linke Hand gestützt (Melancholiker?), Tunika und spitze Mütze; 15v Kathalama: grobe Federskizze einer bartlosen Figur mit Mütze; 16r Algasalauar: Skizze, kahler Mann mit langem Bart und Tunika; 16v Algasauar: nicht ausgeführt.

Literatur:

Bartsch (1887) S. 4 (Nr. 2); Wegener (1927) S. 9; Zimmermann (2003) S. 5. – Bolte (1903) S. 317f. (F); Brévart (1987) Sp. 676; Palmer/Speckenbach (1990) S. 171–173 (D II 2a); Jurchen (2014) Sp. 241 (C.b.2a); Zapf (2014b) Sp. 957; Heiles (2018) Nr. 5.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 144: 1r. Fragentabelle mit Stern.

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Abb. 144.