KdiH

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50.0.1. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 353

Bearbeitet von Lieselotte E. Saurma-Jeltsch

KdiH-Band 6

Datierung:

Um 1470 (Wasserzeichenbefund).

Lokalisierung:

Stuttgart (?), Werkstatt des Ludwig Henfflin.

Besitzgeschichte:

Wohl für Margarethe von Savoyen (1420–1479) gefertigt und über das Erbe ihres Sohnes Philipp des Aufrichtigen (1448–1508), Kurfürst von der Pfalz, in die Heidelberger Bibliothek gekommen (Wegener [1927] S. VII. 71 f.; Backes [1992] S. 184 und Anm. 244). 6v das Wappen von Savoyen auf den Zeltwimpeln.

Inhalt:
1r–68r ›Die Heidin‹ (Redaktion II)

Hs. h (Pfannmüller [1911])

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 70 Blätter (1–68 Foliierung des 17. Jahrhunderts, 1* und 69* moderne Zählung; Blätter 25–27, 66, 67 falsch eingebunden, Bleistiftnotizen des 19. Jahrhunderts verweisen auf die korrekte Reihenfolge: 1–24, 28–64, 26, 66, 27, 25, 67, 65, 68), 202 × 145 mm, Bastarda, eine Hand, einspaltig, 13–26 Zeilen, Raum für nicht ausgeführte Initialen ausgespart.

Schreibsprache:

schwäbisch.

II. Bildausstattung:

81 kolorierte Federzeichnungen (1v, 2r, 2v, 3v, 5v, 6v/7r, 7v/8r, 8v/9r, 9v, 10r, 10v, 11v, 12r, 13r, 13v, 14r, 14v, 15r, 16r, 17r, 17v, 18r, 19r, 19v, 20v, 22v, 23v, 24r, 24v, 25r, 26r, 26v, 27v, 28r, 29r, 30v, 31v, 33r, 33v, 34v, 36r, 36v, 37r, 38r, 39r, 39v, 40v, 42r, 42v, 43r, 44r, 44v, 45v, 46v, 47v, 48v, 49r, 50r, 50v, 51v, 52v, 53v, 55r, 55v, 56r, 56v, 57v, 58r, 58v, 59v, 60v, 61r, 62r, 63v, 64r, 65v, 66v, 67r, 67v), zwei Zeichner: 1v–11v Zeichner C, 12r–67v Gruppe A der Henfflin-Werkstatt.

Format und Anordnung:

Für die Illustrationen wurde häufig am unteren oder oberen Blattrand, manchmal auch am Ende eines Abschnittes mitten in der Textspalte Raum freigelassen. Gänzlich unterschiedlich verstehen Zeichner C und die unter dem Notnamen A sich verbergenden unterschiedlichen Kräfte ihre Bildkonzepte. Für Meister C, dessen Hand im Übrigen in keinem weiteren Manuskript mehr nachzuweisen ist, wirkt der meist ein Drittel der Seite umfassende ihm zur Verfügung gestellte Raum so beengend, dass er seine Darstellungen in die Blattränder und seitlich neben der Textspalte weiterführt. In einigen Szenen benützt er sogar die gegenüberliegende Seite, um seine Darstellung zu entwickeln (6v/7r, 7v/8r, 8v/9r). Wittigs Zelt etwa setzt er in den teilweise beschriebenen Blattrand von 8v, ohne den Textfluss zu stören; die Terrainangabe und der Himmel werden über den Falz hinweg auf dem Blattrand der gegenüberliegenden Rectoseite 9r weitergeführt. Sie bilden gemeinsam das Ambiente von Wittigs Lager und Beliants Burg, in dem sich die Akteure – Wittig und Beliants Boten – bereits wieder voneinander getrennt haben. Geschickt nützt Zeichner C die so entstehenden übergreifenden Bildräume, um die Erzählung kontinuierlich fortzuführen und zugleich um die weite räumliche oder auch innere Entfernung zwischen den Kontrahenten nachvollziehbar zu machen (6v/7r, 7v/8r, 9v/10r).

A geht gänzlich anders mit dem freigelassenen Raum um: Alle Darstellungen sind mit einem einfachen roten Rahmen umgrenzt (43r Rahmen nicht koloriert), der von einem in der Mitte verlaufenden schmalen gelben Deckfarbenstrich gehöht wurde. Konsequent hält sich A an die jeweils innere Kante des Schriftspiegels, greift nie in die seitlichen Blattränder ein und arrangiert sich mit dem zur Verfügung stehenden Raum. Bilder meist querrechteckig, in der Regel ein Drittel der Seite. Nur wenige Darstellungen nehmen, dann meist hochrechteckig, nahezu die Hälfte der Seite ein (24v, 44v, 51v, 53v, 56v). Das querrechteckige, über oder unter dem Schriftblock, manchmal auch zwischen den Text geschobene Bild schafft in dieser Vielzahl einen ganz charakteristischen Rhythmus, der überdies durch die stark von links nach rechts drängende Bewegung der Bilder unterstützt wird. Die Illustrationen stehen in der Regel vor der betreffenden Textpassage, gelegentlich auch nach dieser (14v/15r, 16r). Da zudem weder Register noch Überschriften noch Namensnennung im Bild die Identifikation des Ereignisses vorgeben, dienen sie nur beschränkt einer Gliederung des Stoffes. Allerdings gruppieren sich die Darstellungen zu klaren Erzählsequenzen, indem innerhalb von zwei bis zu zwölf aufeinanderfolgenden Illustrationen – so etwa in der Wiederbegegnung der Liebenden (37r–46v) – dieselben Motive, Akteure und Umgebungsangaben wiederholt werden. Die allmähliche Veränderung etwa der Perspektive auf die Akteure und deren sich wandelnde Gesten unterstützt das Fortschreiten der Geschichte.

Bildaufbau und -ausführung:

Trotz der einfachen Mittel, mit denen die Umgebung geschildert wird – bühnenartige Landschaften, durch einen Diaphragmabogen gebotene Einblicke in saalartige Innenräume, Blick auf einen Altan mit niedriger Brüstung –, üben die Illustrationen von A einen stärker bildhaften Eindruck aus als die sich um den Text rankenden, mit ihm eine gemeinsame neue Entität eingehenden der Hand C. Dazu tragen der Rahmen und der durchgehend atmosphärische Himmel bei, unter dem sich alle Ereignisse abspielen. In ihrer Zeichenweise unterscheiden sich die Blätter der Hand C deutlich von denjenigen von A. Ihre 14 Bilder sind denn auch unvollendet geblieben. Eine nervöse, skizzierende, die Konturen mit kurzen, hektischen Strichen nur andeutende Zeichenweise, die eine ausgeprägte Vorliebe für zackige Linienverläufe und spitzwinklig sich überschneidende Liniensysteme hegt, ist bei diesen Darstellungen vorherrschend. Die wichtigsten Farbtöne, lavierend aufgetragen, sind neben leichtem Ocker ein helles Grün für Boden und Vegetation, helles Blau für Rüstungen und Stoffe sowie ungelacktes Brasilholz für Hüte, Federn, Zaumzeug und Häuser. Ab 7v sind unterschiedlich sorgfältig die Darstellungen nachkoloriert, mit Deckfarben versehen und zum Teil auch nachkonturiert worden. Am auffälligsten ist der konsequente Farbauftrag eines kreidigen Blau zur Charakterisierung des Himmels, der sich vom Horizont aufsteigend nach oben zunehmend verdunkelt. Die Bodenangaben sind mit kräftigem Grün von vorne nach hinten zunächst mit kurzen Strichen zu einer allmählich gegen den Horizont dunkler werdenden Fläche gestaltet. Deckendes Ocker, unterschiedliche Rot- und Grautöne sind hinzugekommen. Dieser Farbauftrag entspricht weitgehend den Gewohnheiten der von A gestalteten restlichen Bilder, sodass mit Wegener (1927, S. 80) anzunehmen ist, die Vorzeichnungen und anlavierten Arbeiten von C seien hier von Gruppe A überarbeitet worden (Spyra/Effinger). Die Zeichnungen dieser weiteren Darstellungen entsprechen den derselben Gruppe zuzuschreibenden Illustrationen des ›Friedrich von Schwaben‹ (siehe Nr. 41.0.1.). Eine meist sichere Zeichenweise ist mit einer für Papierhandschriften ungewöhnlich sorgfältigen Farbgebung kombiniert. Während in den nachkolorierten Darstellungen der Hand C häufig Fehler unterliefen – 7v und 8r fehlen Teile der Bodenangaben und der Substruktion der Brücke, der Begleiter von Beliants Boten ist unvollständig koloriert –, kommen solche Missverständnisse in den übrigen Illustrationen nahezu nicht vor. Häufiger sind Korrekturen erster Entwurfszeichnungen, so ist etwa das Pferd Wittigs (13r) erst in der Ausführung in die kühne Rückwendung gedreht worden und hat sich gegenüber der Unterzeichnung auch gestreckt. Ungewöhnlich etwa gegenüber dem ›Friedrich von Schwaben‹, aber auch den Bibel-Handschriften (Cod. Pal. germ. 16–18, siehe Nr. 14.0.5.) sind die manchmal zögerlich belassenen vorskizzierten Gesichtszüge, die mit sehr kurzen, beinahe zaghaft wirkenden zarten Strichen angegeben wurden (13v, 14r, 15r Beliant und der Lanzenträger, 24v, 36r). Noch viel auffälliger sind die Hände der Figuren, die häufig in der unsicheren Vorzeichnung belassen werden. In den Dialogen, in denen die Hände den Sprechgestus vollführen, sind etwa ab 39r solche Unsicherheiten besonders augenfällig. Die Farbpalette hat sich gegenüber den nachkolorierten Illustrationen des Meisters C nicht wesentlich verändert. Allerdings tauchen insbesondere in den ausgefeilteren Szenen mit bedeutendem Zeremoniell, so im Gastmahl und der Tanzgesellschaft (17v und 18r, 57v, 58r, 59v), Mi-parti-Gewänder bei den Herren auf, die in ihrer Mehrfarbigkeit irisierend wirken. Ebenso werden in solchen Szenen die Kleider der Damen besonders sorgfältig geschildert und auch koloriert (12r, 13r, 17r, 55r, 57v). In den vorwiegend heidnischen Szenen taucht vermehrt ein helleres Gelb auf, so etwa an Wimpeln, Gewandung sowie Saumzeug des heidnischen Heers (61r, 62r), was freilich nicht negativ gemeint sein kann, sondern das goldene Funkeln dieser Gegner verdeutlichen wird, kommt doch dieselbe Farbe auch an den christlichen Rüstungen vor (63v, 64r, 66v). Die Modellierung erfolgt meist stereotyp mit leichten Hakenfalten oder kurzen Schraffen für Faltentäler, lichte Stellen werden in der Regel ausgespart, Schatten mit dunklerer Farbe vertieft. Die Konturen sind nur selten nachgezogen worden. Auffällig sind die Unterschiede in der zeichnerischen Qualität. Überragend ist nahezu durchgängig die Darstellung von Pferden, die gegenüber den eher steif wirkenden menschlichen Gestalten in einer Vielfalt von Bewegungen, Verkürzungen und Gruppenkonstellationen vorgeführt werden. Hingegen fallen in der zeichnerischen Qualität einzelne Gestalten oder auch ganze Illustrationen im Vergleich zu der sonstigen Versiertheit der Zeichnung so sehr ab, dass eher von mehreren Zeichnern als bloß von einer einzigen Hand auszugehen ist.

Bildthemen:

Im Vordergrund steht das höfische Gespräch. Reiseszenen, Turnier und Reiterkämpfe, Gastmahl, Tanz, Minnekrankheit (Libanets), Entführung, Taufen und Hochzeit gehören zu den typischen Motiven der ost-westlichen Liebesepen und kommen vergleichbar etwa auch in Konrad Flecks ›Flore und Blanscheflur‹ (Heidelberg, Cod. Pal. germ. 362, Nr. 40.1.2.) vor. Dem Thema der getrennten Liebenden entsprechen auch die Boten und der Austausch von Schriftstücken. Ungewöhnlich jedoch ist die Darstellung der hinter einem frontal zum Bild aufgestellten Tisch sitzenden Libanet, die Wittigs Brief liest und in Gedanken an ihn versunken über den von ihm zugesteckten Ring nachsinnt (31v, 33r).

Anhand der Bildsequenzen (siehe oben) kann der Betrachter sich zwar über generelle Themen kundig machen, vermag aber, ohne den Text zu lesen, in keiner Weise der Geschichte zu folgen. Das erste lange Gespräch zwischen Libanet und Wittig (Vv. 610–868), das mit sieben Bildern illustriert ist (19v, 20v, 22v, 23v, 24r, 24v, 28r), lässt beispielsweise die Dramatik einer ungehörig eröffneten, abgewiesenen und schließlich in das Versprechen des fernen Minnedienstes umgewandelten Liebe nur schwer nachvollziehen. In den Illustrationen halten sich die Gesprächspartner in meist zwei Bildern in jeweils ähnlichem Ambiente auf – sitzend auf einer Rasenbank (19v, 20v), auf einem Rasenstück stehend (22v, 24v, 28r) und auf einer Bank in einem Innenraum (23v, 24r) – und lediglich die heftiger werdenden Gesten deuten auf eine gewisse Zuspitzung der Ereignisse hin. Der nahezu gleiche Ablauf in der zweiten Begegnung der Liebenden (37r–46v) ist nur für den mit der Geschichte Vertrauten von der vorherigen zu unterscheiden, und erst in der dritten Sequenz (49r–53v) wird dieselbe Abfolge durch zwei Bilder – Libanet und Wittig umarmen sich (49r), Libanet in den Armen Wittigs vor dem Bett (50v) – als neue Konstellation erfahrbar.

Farben:

Wasserfarben: Hellgelb, Blau, Zinnoberrot, Karminrot, Hellrosa, Braun und Grau in unterschiedlichen Nuancen; Deckfarben: kräftiges Gelb, Blau, Malachitgrün, Dunkelgrün, Zinnoberrot, Karminrot, Schwarz.

Literatur:

Bartsch (1887) S. 103, Nr. 181; Miller/Zimmermann (2007) S. 198. – Ludwig Pfannmüller: Die vier Redaktionen der Heidin. Berlin 1911 (Palaestra 108), S. 4 f.; Wegener (1927) S. 80, Abb. 69 (3v). 70 (12r); Württemberg im Spätmittelalter (1985) S. 147, Nr. 152, Abb. 57 (12r); Backes (1992) S. 184; Kostbarkeiten (1999) S. 167 f., Nr. B 13, Abb. 14 (7v/8r); Ulrike Spyra/Maria Effinger: Cod. Pal. germ. 353: ›Die Heidin‹. Online unter http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digi/henfflin/cpg353.html/ [Stand: 09/2008].

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. 50.I: 11v. Stechen zwischen Witige und Belyant.

Abb. 50.1: 15r. Belyants Zorn.

Abb. 50.2: 39r. Witige beteuert erneut seine Liebe.

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Taf. 50.I.
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Abb. 50.1.
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Abb. 50.2.