KdiH

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25.3.2. Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Donaueschingen 106; Mainz, Martinus-Bibliothek, Hs. 46

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 3

Datierung:

Ende 15. Jahrhundert (kurz vor 1497).

Lokalisierung:

Konstanz.

Besitzgeschichte:

1497 von der Konstanzerin Anna Mumprat an das Augustinerchorfrauenkloster Inzigkofen geschenkt, wo ihre Schwester Veronika seit 1469 Nonne war (vgl. 76v: Min hertzliebe swöster fronegka mumprätin Conraut mumprats seligen an Sant Pauls gassen Eliche liebe tochter Ich anna mumprätin Schenk dis buͦch vs hertzlicher truw vnd liebi [...] dem wirdigen gotzhus Zuͦ vntzikoffen [...] geben vff vnser frowen abend zuͦ der liechtmeß im LXXXXVII Jaur). Ferner ein Eintrag des 16. Jahrhunderts im vorderen Einbanddeckel innen: Gehört Jn das gotzhaúsz [gelöscht: Inzigkof] en Jn die gemain Liberij). 1792 erhielt Joseph von Laßberg die Handschrift von dem Freiburger Theologen und Orientalisten Johann Leonhard Hug zum Geschenk (*Ir: Ex Dono clarissimi & charissimi Leonhardi Hug, Ling: orient: Prof: ordinarii in alma Albertina Friburgi brisgoiae, Josephus S.R.I. Lib: Baro de Lasberg 1792). Bis 1993 in der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen. Vor 1839 wurden vier Pergamentblätter (mit Miniaturen) aus der Handschrift entfernt; sie gelangten über den Frankfurter Buchhändler S. Schmerber in den Besitz des Frankfurter Juristen Dr. Friedrich Schlosser (1780–1851); mit der gesamten Schlosser-Bibliothek wurden sie von Schlossers Witwe Sophie 1862 dem Mainzer Bischof Wilhelm Emanuel von Ketteler für das Priesterseminar geschenkt. Die Identität der Mainzer Hs. 46 mit ›Mones Fragment‹ (abgedruckt in Mones Anzeiger für Kunde der deutsche Vorzeit 8 [1839] Sp. 334–338, noch 1978 [VL 1, Sp. 1237] verschollen geglaubt) wurde bereits 1909 festgestellt (Schleussner [1909]).

Inhalt:
1. 1r–34v (der Donaueschinger Handschrift, dazu die vier Mainzer Blätter) ›Christus und die minnende Seele‹
Hs. D (Banz [1908/1977])/Fragment a (Rosenfeld [1978], Fechter [1997])
2. 35r–37v ›Passionsgedicht Do christ mit sinen jungern az
3. 37v–40r ›Augsburger Marienklage‹
siehe Nr. 85.10.2.
4. 41r–42r ›Die geistliche Arznei‹
5. 43r–v Ablaßgebet (Über die vier Freuden des Herrn am Kreuz)
6. 44r–47v Achttagegebet (Mariengebet O du allersüssosti vnd hochgesegnoti ewige Jungfrow maria)
7. 48r–64r ›Transitus Mariae‹, deutsch
8. 65r–68r Fünf Gebete für Verstorbene
9. 69r–70r Gebet zum Antlitz Jesu (Got grütz dich du frunttliches anntlitt)
10. 70r–v Mariengebet (O Ir aller säligosten füs die da habent getragen den küng der welt)
11. 70v–74r Mystischer Traktat (Ain waure sponsa christi sol sin gantz lutter vnd rain)
12. 74r–75r Traktat ›Von abegescheidenheit‹, Exzerpt
13. 75r–v Anweisung zur kurzen Betrachtung des Leidens Christi an jedem Tag der Woche (Wiltu dz wirdig liden vnnsers lieben herren gern alle tag mit einem kurtzen übergang bedenken etc)
14. 76r–v Drei Bittgebete der Anna Mumprat und Schenkungsvermerk 1497 (s. o.)
77r–118v leer
15. 119r–120r Von der heiligen St. Ursula und ihren Jungfrauen
16. 120r–121r Von den Gebeten der heiligen St. Ursula
I. Kodikologische Beschreibung:

121 Blätter (neue Bleistiftzählung), Pergament (Blatt 1–40), Papier (Blatt 41–121), dazu zwei leere Papiervorsatzblätter (*I–*II), 215 × 160 mm. Hinter Blatt 31 gehören die vier Pergamentblätter mit Bildern, die sich heute als Hs. 46 im Mainzer Priesterseminar befinden (220 × 160 mm), ein weiteres Doppelblatt, das zwischen Blatt 2 und 3 des Mainzer Fragments einzuordnen wäre, bleibt verschollen. Ferner fehlen in der Donaueschinger Handschrift nach Blatt 2 und 34 je ein Blatt, von Blatt 2 ein Stück aus der Mitte, von Blatt 8 die untere Hälfte, letztere mit Bild; die Blätter 19, 24, 25, 26, 29 haben Quereinschnitte, die bis auf Blatt 25 so angelegt sind, daß sich durch einen Längsschnitt jeweils ein Bild mit zweizeiliger Bildbeischrift heraustrennen ließe (wie bei Blatt 8 geschehen), nach 75 vier(?) Blätter herausgeschnitten. Bastarda, zwei Hauptschreiber; I: 1r–68r (dazu die vier Mainzer Blätter), einspaltig, 27 (bis Blatt 40) bzw. 23 (ab Blatt 41) Zeilen, II: 69r–75v, einspaltig, 18 Zeilen; die Blätter 59v und 60r sowie die Nachträge 119r–121r und 76r–v von jeweils anderen Händen, letzterer von Anna Mumprat. Rote Strichel, Überschriften, Unterstreichungen, Bildüberschriften, Initialen.

Schreibsprache:

schwäbisch.

II. Bildausstattung:

Zu Text 1 in der Donaueschinger Handschrift 15 und im Mainzer Fragment vier von ursprünglich 21 mit Deckfarben kolorierten Federzeichnungen (Donaueschingen 1r, 4r, 7r, 11r, 13v, 15r, 17r, 19r, 21r, 23r, 24v, 26v, 29r, 30v, Mainz 1r, 2v, 3r, 4v, Donaueschingen 34r), jeweils eine Illustration zu Text 3 (37v), 4 (40v), 7 (47v), zwei Illustrationen zu Text 8 (64v, 68v), eine Illustration zu Text 9 (69r). Alle von einer Hand: Rudolf Stahel aus Konstanz. Die leere Seite vor Text 5 (42v) war u. U. für eine weitere Illustration reserviert.

Format und Anordnung:

(Text 1): Die ersten drei Zeichnungen in Federlinien eingefaßt (ca. 53–63 × 90–93 mm), ab 11r fehlt die Einfassung, die Tuschzeichnungen stehen frei, in der Breite dem Schriftspiegelrahmen angepaßt (ca. 90–93 mm), die Höhe variiert zwischen 62 und 74 mm. Zwischen Bildbeischrift und Dialogreimpaaren eingefügt.

Bildaufbau und -ausführung:

(Text 1): Die Figuren agieren auf Bodenstücken in hellem, in den Hintergrund hinein bläulich-dunkler werdendem Grün mit Blüten in Weiß, Rot und Blau sowie Gräsern in Gelb; über den Horizont hinaus ragen wie im Gegenlicht stehend wirkende, mit schwarzer Tusche gezeichnete Gräser und Blumen. Ohne Hintergrund. Christus stets rechts, barfüßig und in blauviolettem, weiß gerandetem Gewand, die Seele stets links in karminrotem, gelb gerandetem Gewand, mit meist offenem (Donaueschingen 29r sowie Mainz 1r und 2v zum Kranz aufgestecktem) Haar. Umrisse in schwarzen Federlinien, der untere Abschluß des Bodenstücks wie mit dem Lineal gezogen, Kolorierung mit sehr feinen Pinselstrichen in sorgfältig angesetzten Farbabstufungen (z. B. helles Gelb auf Braunocker für Holzmaserung). Gewandmodellierung durch mit Tusche aufgesetzte Häkchen und parallele, gelegentlich auch kreuzweise Schraffen sowie durch hellere und dunklere Farbabstufungen. Inkarnat in weißlichbrauner Ausmischung mit aufgesetztem Deckweiß und Rot.

Bild 4 (Christus kasteit die Seele durch Rutenschläge) und Bild 16 (Christus flüstert der Seele sein Gnadenwort zu) fehlen wegen Blattverlusts.

Farben:

bis auf Blau stets deckend: weißliches Grün, Ockergrün, Karmin, Zinnober, Gelb, Violett, Hellbraun, Umbra, Weiß, Grau, Blau (auch in Ausmischungen zu Blauviolett gelegentlich bröselig und oft nicht deckend). Die Illustrationen zu den Gebetstexten 3, 4, 7, 8 und 9 behandeln weit verbreitete Motive der christlichen Ikonographie: Kreuzigung (37v), Cosmas und Damian (40v), Marienkrönung (47v), Taufe Christi (64v), Versuchung des Hl. Antonius (68v), Schweißtuch Veronikas (69r). Besonders für sie stellt Konrad (1989) Zusammenhänge mit der Tafelmalerei Stahels fest. Dem Vera-Icon-Bild (69r) ähnelt die Darstellung des weinenden Jesus auf dem Flügelbild eines etwa gleichzeitig entstandenen Altarbilds Stahels (Rosgartenmuseum Konstanz [aus dem Kloster Zoffingen]. Die Marienkrönung (47v) findet sich auf zwei Tafelbildern Stahels wieder (Kloster Einsiedeln [aus der Grabkapelle St. Jakob/Lommis], dat. 1506; Reichenau-Mittelzell, dat. 1498). Die Taufe Christi (64v) übernimmt einen Stich Martin Schongauers (Minott 8). Zu den in der Handschrift einliegenden Pausen eines Einblattdrucks von ›Christus und der minnenden Seele‹ siehe Nr. 25.2.B. Literatur (zur ehemals Donaueschinger Handschrift:) Barack (1865) S. 101f. – Banz (1908/1977) S. 17–23. 201–206. 242–244 und passim, Taf. IV (1r). V (7r). VI (11r). VII (21r, 26v); Lehmann-Haupt (1929) S. 177, Taf. 116 (64v); Stammler: Epenhandschriften. In: Stammler (1962) S. 154; Eric Jacobson: Die Metamorphosen der Liebe und Friedrich Spees »Trutznachtigall«. Studien zum Fortleben der Antike I. København 1954 (Det Kongelige Danske Videnskabernes Selskab. Historisk-filologiske Meddelelser, bind 34, nr. 3), Abb. 9 (26v); Bernd Konrad: Rudolf Stahel und sein Werkstatt. Jahrbuch der Staatlichen Kunst-Sammlungen Baden-Württemberg 26 (1989) S. 57–92, bes. S. 74f., Abb. 21 (19r). 22 (64v). 23 (47v). 32 (68v). 50 (69r); Unberechenbare Zinsen (1993) Nr. 33, S. 120, Abb. S. 121 (26v); Reitinger (1997) Abb. 14 (26v). – (zum Mainzer Fragment:) Banz (1908/1977) S. 5f. 43. 46. 226; W. Schleussner: Neue Textausgaben und Uebersetzungen deutscher Mystiker. Der Katholik 2 (1909) S. 171–181, hier S. 179f.; Katalog der Ausstellung »Alte Kunst am Mittelrhein«. Hessisches Landesmuseum Darmstadt 1927, S. 85, Nr. 39b. – (Zu beiden Handschriften:) Werner Fechter: Deutsche Handschriften des 15. und 16. Jahrhunderts aus der Bibliothek des ehemaligen Augustinerchorfrauenstifts Inzigkofen. Sigmaringen 1997 (Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollerns 15), S. 128–131, Nr. 38. 38a; Konrad (1997) S. 321f., KO 85 mit Abb. (17r).

Digitalisat:

Karlsruhe: urn:nbn:de:bsz:31-37498

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. VIIIa: Mainz 1r. Christus musiziert für die Seele.

Taf. VIIIb: Mainz 4v. Christus krönt die Seele.

Abb. 70: Karlsruhe 30v. Christus bietet der Seele Geldmünzen an.

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Taf. VIIIa.
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Taf. VIIIb.
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Abb. 70.