KdiH

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18.2.1. St. Gallen, Kantonsbibliothek, VadSlg Ms. 484

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 2

Datierung:

Vollendet am 28. November 1468.

Besitzgeschichte:

Aus dem Besitz des Jacobus Studer († 1624, 1605–1622 Bibliothekar der Vadianischen Bibliothek), der die Handschrift 1615 der Bibliothek schenkte (Namenseintrag im vorderen Innendeckel); im vorderen Innendeckel alte Signaturen: L. 187 und No 34.

Inhalt:
S. 1–254 Heinrich Schlüsselfelder, ›Die Plumen der tugent‹
S. 258 Spruch
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I. Kodikologische Beschreibung:

Papier (Nachstoßblatt sowie vorn und hinten aufgeklebte Spiegelblätter Pergament), IV + 129 (= S. 1–258) + I Blätter (alte Foliierung in rot bis 100, Blattzahl 30 und 100 doppelt vergeben; neue Paginierung), 235 × 162 mm, humanistische Bastarda, ein Schreiber, einspaltig, 24 Zeilen, rote Strichel, Caput-Zeichen, Überschriften, Unterstreichungen (Eigennamen, Satzanfänge), Marginaltitel; Korrekturen von Schreiberhand am Blattrand (S. 30 Korrektur im Text durch Überklebung); an den Kapitelanfängen abwechselnd rote und blaue Initialen über zwei bis vier Zeilen mit Federarabesken in der Gegenfarbe (violett bzw. rot), S. 1 über fünf Zeilen.

Schreibsprache:

bairisch (mit mitteldeutschen Einflüssen).

II. Bildausstattung:

32 lavierte Federzeichnungen: S. 24, 28, 51, 54, 59, 64, 71, 76, 80, 87, 93, 97, 102, 110, 113, 126, 136, 141, 145, 149, 154, 161, 163, 166, 170, 173, 182, 187, 191, 196, 201, 202; eine Hand (Identität mit Schreiberhand nicht ausgeschlossen). Zwei kleine Kupferstiche aufgeklebt S. 130, 179, vier ganzseitige Kupferstiche aufgeklebt S. 101, 122, 151, 174.

Format und Anordnung:

Die 32 rahmenlosen Randzeichnungen am unteren Blattrand außerhalb des Schriftspiegels eingefügt, meist nahezu in Schriftspiegelbreite (ca. 89–99 mm) und in unterschiedlicher Höhe (ca. 39–54 mm). Die kleinen Kupferstiche am seitlichen Blattrand aufgeklebt, die großen Kupferstiche (mit Banderoleneinfassung ca. 174 × 97 mm) dem Schriftspiegelformat entsprechend auf freigebliebene Seiten aufgeklebt. Nur der erste der ganzseitigen Stiche S. 101 ist zwanglos in den fortlaufenden Text eingepaßt, der von der vorhergehenden S. 100 auf die nachfolgende S. 102 weiterführt; bei den anderen drei Stichen scheint das Bild kurzentschlossen anstelle vorgesehener Textpassagen eingefügt worden zu sein, die dann am Blattrand nachgetragen wurden. Beim zweiten Stich geht der Übersetzungstext von S. 121 auf S. 123 über, S. 122 ist am Rand neben dem Stich jedoch eine Textpassage ergänzt; ähnlich beim dritten Stich S. 151: Der Übersetzungstext geht von S. 150 auf S. 152 über, S. 152 am Rand steht ein Absatz, der wohl für die Bildseite 151 vorgesehen war (in diesen beiden Fällen handelt es sich bei den Randnachträgen um eigenständige Textzusätze des Schreibers). Auch S. 173 unten und S. 174 neben dem Kupferstich ist der Text nachgetragen, der für die volle S. 174 vorgesehen war.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Randzeichnungen in flotter Linienführung mit dunkelbrauner Tinte ausgeführt; Figuren sicher und kräftig konturiert und gut proportioniert, wenig Binnenzeichnung, Modellierung durch gelegentliche Parallelstrichelung und durch wäßrige Lavierung; die Figuren meist auf halbrunden Bodenstücken laufend, stehend oder sitzend, Pflanzenbewuchs ist skizzenhaft angedeutet, z. B. Baumkronen als lockere Federkritzel. Kein Hintergrund, Himmel nur im Bild des Phönix S. 166 angemerkt. Die wenigen menschlichen Gestalten von gedrungener Statur, mit leicht eingeknickten Beinen etwas nach vorn gebeugt.

Die Kupferstiche sind jeweils genau der Konturlinie der Figuren bzw. der Einfassung folgend und den weißen Hintergrund aussparend sehr sorgfältig ausgeschnitten (nur S. 151 [Fortitudo] komplett mit Hintergrund), die Einfassung oft nicht vollständig ausgeschnitten, mit der Feder nachgezeichnet (S. 174 [Temperantia] ohne Einfassung); S. 122 [Justitia] der Schwertgriff mit roter Tinte gehöht.

Bildthemen:

Gegenstand der Randzeichnungen einschließlich der am Blattrand aufgeklebten kleinen Kupferstiche (S. 130: Kranich, Ausschnitt aus dem S. 122 aufgeklebten Justitia-Stich [Hind Nr. E.I.37a], S. 179: Sitzende Jungfrau, die Mähne eines im Schoß aufliegenden Einhorns kämmend [Hind Nr. A.I.89]) ist die im Text behandelte Reihe der Tugend- und Lastertiere; der Motivzyklus entspricht (wie der Text Schlüsselfelders) genauer der italienischen Bildüberlieferung als die Tierreihen in den Hans Vintler-Handschriften. So enthält der Zyklus wie im Italienischen (vgl. z. B. die Handschriften Firenze, Biblioteca Riccardiana, Cod. 1711Lehmann-Brockhaus [1940–41] S. 5–25 – und Vicenza, Biblioteca Bertoliana, Cod. C. 2.8.4.Schweitzer [1993] S. 58) Hahn (S. 51), Teufel (in Tiergestalt, S. 126), Einhorn (Kupferstich S. 179), Falke (S. 187). Beim Kupferstich Jungfrau mit Einhorn (einem florentinischen Stecher um 1460–70 zugeschrieben) handelt es sich um eine seitenverkehrte Variante einer oberitalienischen ›Fiore di Virtù‹-Illustration: London, British Library, Add. 14816, 44v (erstes Viertel 15. Jahrhundert).

Es fehlen gegenüber dem Standardzyklus der italienischen Vorlage Galiander, Wildesel, Geier. Über die Tiergleichnisse hinaus sind zwei ›Historien‹ bzw. Beispiele illustriert; S. 24 Amon und Ephytica (d. i. Damon und Phintias): Die zurückkehrende Ephytica begrüßt den eingekerkerten Amon); S. 201 Schiffsführer als Beispiel für masse: Ein Schiffer lenkt, hinten im Boot stehend, mit langer Ruderstange sein Gefährt.

Die ganzseitigen Kupferstiche stellen die vier Kardinaltugenden als weibliche Personifikationen dar; S. 101: Prudentia mit Drache (Hind Nr. E.I.35a), 122: Justitia (Hind Nr. E.I.37a, unvollständig), 151: Fortitudo mit Löwe (Hind Nr. E.I.36a), 174: Temperantia mit Hund (Hind Nr. E.I.34a). Die Tugendpersonifikationen stammen aus einer 50 Blätter umfassenden Bilderfolge, entstanden spätestens 1467 (Hind S. 266: »about 1465«); Stilmerkmale deuten auf die Schule von Ferrara.

Farben:

Violettrosa (Kleidung, Inkarnat, Flammen), Braun, schmutziges Olivbraun, Grau, Ocker, Gelb (Haare, Krone).

Literatur:

Scher[r]er (1864/1976) S. 135f. – Hans Fehrlein: Zwei deutsche Prosa-Handschriften der »Blumen der Tugend«. In: Festgabe Samuel Singer. Hrsg. v. Harry Maync. Tübingen 1930, S. 82–97; Arthur M[ayger] Hind: Early Italian Engravings. A critical catalogue. Part I. Florentine Engravings and anonymous prints of other schools. Vol. I–IV. New York 1938 [Reprint Nendeln 1970], Nr. A.I.89, Pl. 84 (S. 179); Nr. E.I.34a–37a, Pl. 353–356; Otto Lehmann-Brockhaus: Tierdarstellungen der Fiori di Virtù. In: Mitteilungen des kunsthistorischen Institutes in Florenz. Bd. 6, H. 1–4 (Dez. 1940–Dez. 1941), S. 1–32; Einhorn (1976) S. 316, Nr. D-142 A, Abb. 62 (S. 179); Jan-dirk Müller: Schlüsselfelder, Heinrich. In: VL 8, Sp. 752–758.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 176: S. 163. Pfau.

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Abb. 176.