45.7. Württemberg / Mömpelgard ›Mömpelgarder Genealogie‹
Bearbeitet von Peter Schmidt
KdiH-Band 6
Die Grafen von Württemberg haben im Mittelalter keine Geschichtsschreiber beschäftigt. Erst mit Eberhard im Bart (Graf Eberhard V.), der die Grafschaft in schwierigen Zeiten übernahm, doch mit der Wiedervereinigung der beiden Landesteile Württemberg-Urach und Württemberg-Stuttgart konsolidieren und schließlich die Erhebung zum Herzogtum erreichen konnte, ist ein Interesse am »Herkommen« nachweisbar (
Um so bemerkenswerter ist deshalb der schmale Pergamentband der ›Mömpelgarder Genealogie‹. Aufwändig und qualitätvoll illustriert, listet ihr Text ohne narrativen Anspruch und kaum unter Erwähnung der Taten und Begebenheiten die Abfolge und die Verwandtschaftsverhältnisse der Grafen von Mömpelgard (Montbéliard) bis zur Heirat von Henriette von Mömpelgard mit Graf Eberhard IV. von Württemberg (Heiratsvertrag 1397, Hochzeit 1407), die das linksrheinische Territorium an Württemberg brachte. Der Text beginnt mit dem – sonst nicht belegten – Grafen Avzen, unter dem Reliquien des hl. Maimbœuf (Maimbodus) erhoben und in die Stiftskirche von Montbéliard überführt worden sein sollen; am Schluss steht Eberhard im Bart als Enkel von Henriette von Mömpelgard. Nur er kommt als Auftraggeber dieser Genealogie in Frage; die Herkunft aus seiner Hofblibliothek ist durch sein Motto ATTEMPTO mit dem Datum 1474 gesichert, das sich in dieser Kombination auf dem größten Teil der für diese Zeit rekonstruierbaren Uracher Büchersammlung Eberhards findet. Es ist spekuliert worden, ob der Band anlässlich der 1474 vollzogenen prestigeträchtigen Eheschließung Eberhards mit Barbara Gonzaga in Auftrag gegeben oder als Hochzeitsgeschenk überreicht wurde (Württemberg im Spätmittelalter [1985] S. 10). Doch wurde auch darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung mit 1474 · ATTEMPTO eher auf eine Inventarisierungskampagne zurückgehen als das Entstehungsdatum benennen dürfte (
Eine ähnliche Ahnenprobe ließ Eberhard wohl anlässlich seiner Hochzeit im Jahr 1474 an die Wände des Palmensaals seines Uracher Schlosses malen. Die Illustrationen der Handschrift – besonders die beiden aufwändig gestalteten Tableaus der Ahnenprobe – sind wesentlicher Teil der Argumentationsstrategie, weil erst sie im Zusammenspiel mit dem Text, in dem das Haus Württemberg kaum eine Rolle spielt, den als Figur groß in Szene gesetzten Eberhard im Bart als Gipfelpunkt der Bluts- und Erblinie präsentieren.
Der Codex ist mehrfach kopiert worden. Eine sehr genaue und auch die Bilder minutiös übernehmende Abschrift auf Pergament, die aus dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts stammen dürfte, ist G 400 Bü 14 im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. In diese Zeit ist auch die Kopie auf Papier in der Württembergischen Landesbibliothek, Cod. hist. 2º 191, zu datieren (Wasserzeichen 1539 bis 1542, freundliche Mitteilung Kerstin Losert).