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45.4. Pfalzgrafschaft bei Rhein Hermann von Bruychoyfen (Bruninckusen), Genealogie Philipps des Aufrichtigen und seiner Gemahlin Margarethe

Bearbeitet von Peter Schmidt

KdiH-Band 6

Die erste gemalte Bildnisreihe pfälzischer Kurfürsten und ihrer Ahnen, wohl in Form von Wandgemälden, lässt sich für das Heidelberger Schloss nur rekonstruieren. Sie ist durch Transkriptionen ihrer Inschriften seit dem 16. Jahrhundert und Gemäldekopien aus dem frühen 17. Jahrhundert dokumentiert, die genau genug sind, die Vorlage noch in das 15. Jahrhundert zu datieren. Vor der neuzeitlichen Rezeption dieses monumentalen Zyklus sind keine illustrierten Handschriften mit figürlich ausgestatteten Genealogien des Herrschergeschlechts bekannt. Eine 1524 datierte, fünf Generationen zurückgehende Stammtafel der Pfalzgrafen Ottheinrich und Philipp mit Figuren hat sich im Thüringischen Staatsarchiv in Meiningen erhalten (Gemeinschaftliches Hennebergisches Archiv, Sektion I Nr. 13, siehe Mittelalter [2000] S. 223 f., Von Kaisers Gnaden [2005] S. 145 f.). Sie besteht aus mehreren trapezförmig zusammengeklebten Pergamentblättern und war der Konstruktion nach zum Aufhängen an der Wand gedacht.

Die einzige noch mittelalterliche Genealogie der Pfalzgrafen in Form eines Codex und mit zumindest geplanten Illustrationen enthält der Wiener Cod. 2899 (Nr. 45.4.1.), die allerdings kein Produkt der eigenen Hofhistoriographie ist. Aus der Eingangsformulierung geht hervor, dass sie schon vom Verfasser als Text-Bild-Folge geplant war. Diese ist ein heralt genannt Herman van Bruninckusen (1r). Dessen Identität mit Hermann von Bruychoyfen/Brüninghausen, der als Herold des Jülicher St. Hubertusordens ein Wappenbuch desselben konzipierte und dort als conyck der vappery bezeichnet wird (Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms.berol.germ.quart 1479, 127v), kann vermutet werden. Ähnlich dem Berliner Wappenbuch nennt ihn die Wiener Handschrift koninck van rullen des hilgen rychs, also den Wappenkönig der Ruwieren, unter welcher Bezeichnung das höchste Heroldsamt des ausgehenden Mittelalters geführt wurde. Die Dokumente, die einen Herold Hermann erwähnen, der mit gewisser Wahrscheinlichkeit mit dem Verfasser der Wiener Handschrift identifiziert werden kann, stammen aus den Jahren zwischen 1461 und 1501/02. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag im westmitteldeutschen Raum, nachgewiesen ist seine Arbeit für den Herzog von Jülich (vgl. Harm von Seggern: Hermann von Brüninghausen, Wappenkönig der Ruwieren. In: Menschenbilder – Menschenbildner. Individuum und Gruppe im Blick des Historikers. Hrsg. von Stephan Selzer und Ulf-Christian Ewert. Berlin 2002 [Hallische Beiträge zur Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit 2], S. 109-117; Klaus Graf: Zum Herold Hermann von Brüninghausen, http://archiv.twoday.net/stories/96991398/ [11. April 2012]). Doch ist er 1477 auch in Diensten König Maximilians I. nachgewiesen, was seine überregionalen Aktivitäten belegt und die Arbeit an einer pfälzischen Genealogie trotz der geographischen Distanz verständlicher macht. Unklarheiten bezüglich der Funktion des Bandes bleiben jedoch. Die Wiener Handschrift dürfte mit ihrer nicht angeglichenen westmitteldeutschen Schreibsprache als abgelieferte Auftragsarbeit für den Heidelberger Hof kaum nicht in Frage kommen; denkbar ist eine Arbeitsfassung, für die auch das unregelmäßige Layout und die flüchtig gezogenen Linien der auffällig engen Schriftraumbegrenzung sprechen könnten. Noch ungeklärt ist das Verhältnis zu einem genealogischen Reimgedicht auf Philipp den Aufrichtigen, seine Frau Margarethe und deren jeweils acht letzte Vorfahren, das sich in einem etwa zur gleichen Zeit entstandenen Codex von der Hand Hartmann Schedels findet (München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 338, 194v–198v), von Studt (1992, S. 86) als »pfälzische Heroldsdichtung« bezeichnet.

Für die Abfassung des genealogischen Textes gibt die Eingangsrubrik das Jahr 1481 an. Kaum später dürfte nach Ausweis der Wasserzeichen die Wiener Handschrift entstanden sein. Die im Unterschied zur Schrift sehr sorgfältig ausgeführten Initialen wurden erst nachträglich zur Aufwertung der wenig repräsentativen Lage eingetragen. Der zweite Teil des heutigen Codex, ein aus aufwändig kolorierten Kupferstichen bestehendes Wappenbuch, ist von deutlich höherem Anspruch, enthält aber Papier mit demselben Wasserzeichen. Auch die Schreibsprache der Tituli entspricht der des ersten Teils. Die Reihe der wappentragenden Reiter wird von König Rupprecht I. von der Pfalz angeführt, umfasst dann aber im wesentlichen die im ersten Teil des Bandes aufgeführten Geschlechter, auch ungefähr in der Reihenfolge ihrer dortigen Nennung. Inhaltlich also gehören beide Stücke zusammen, doch könnte das unterschiedliche Anspruchsniveau der äußeren Erscheinung dafür sprechen, hier zwei Arbeitsstadien ein- und desselben Projekts des Herolds Hermann von Bruychoyfen für den pfälzischen Hof vereint zu sehen.

Editionen:

fehlt.