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45.6. Welfen ›Weingartener Stifterbüchlein‹

Bearbeitet von Peter Schmidt

KdiH-Band 6

Die mit dem Kloster Weingarten verbundene Geschichtsschreibung des Adelsgeschlechts der Welfen hat einen der ältesten Stammbäume mit figürlichen Personendarstellungen hervorgebracht (Fulda, Landesbibliothek, D 11, 13v, spätes 12. Jahrhundert). Diese Genealogie basiert auf der ›Historia Welforum‹, die im gleichen Codex überliefert ist. Ein volkssprachlicher Text mit Bilderzyklus tritt aber erst mit dem sogenannten ›Weingartener Stifterbüchlein‹ in Erscheinung. Die Handschrift, die dem Geschlecht der Gründer dieses Klosters ein Denkmal setzt, ist keine Genealogie im strengen Sinn, da die Text-Bild-Reihe nicht die Stammlinie wiedergibt und überdies am Ende das Geschlecht wechselt, nämlich mit sechs staufischen Herrschern endet. Rudolf (2008) hat Letzteres damit zu erklären versucht, dass das Kloster mit der Einbindung der staufischen Könige und Kaiser in seine Geschichte seine reichspolitische Stellung gegen habsburgische Mediatisierungsversuche dieser Zeit betonen wollte. Hinzuweisen ist aber auch darauf, dass schon der mehr als drei Jahrhunderte ältere Welfenstammbaum in Fulda (s.o.) in Friedrich Barbarossa gipfelt (zur Präsenz der Staufer in Welfenstammbäumen siehe auch Otto Gerhard Oexle: Adeliges Selbstverständnis und seine Verknüpfung mit dem liturgischen Gedenken – das Beispiel der Welfen. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 134, NF 95 [1986], S. 45-75, hier S. 55; Werner Hechberger: Graphische Darstellungen des Welfenstammbaums. Zum »welfischen Selbstverständnis« im 12. Jahrhundert. Archiv für Kulturgeschichte 79 [1997], S. 269–297, hier S. 291f.).

Die durch kurze Texte erläuterte Reihe ganzseitiger Fürstenbildnisse ist in dem Stuttgarter Prachtcodex zusammen mit Texten über die Heilig-Blut-Reliquie überliefert, die nicht nur ein welfisches Geschenk, sondern der kostbarste Schatz des Klosters und für dessen Autoritätsbegründung von großer Bedeutung war. Der Porträtzyklus beginnt mit einer Tochter des römischen Senators Catilina, auf den der deutsche Name des Geschlechts Gwelff (9v) zurückgeführt wird (diese Etymologie schon in der im frühen 12. Jahrhundert entstandenen ›Genealogia Welforum‹). Ihr folgt das Bildnis des ersten historisch verbürgten Herrschers der Familie, Welf I. (10r). Am Ende des Bandes steht eine Liste der Altäre der Klosterkirche mit einem Verzeichnis der dort versammelten Reliquien. So dient der genealogische Bilderzyklus im Kontext der gesamten Sammelhandschrift letztlich der historischen Begründung der herausragenden Stellung des Klosters.

Es ist mehrfach behauptet worden, der Prachtcodex gehe zurück auf einen angeblich älteren, im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aufbewahrten Pergamentcodex (B 515 Bd. 5b), der die gleiche Fürstenreihe mit schlichten, flüchtig lavierten Federzeichnungen sowie die gleiche Textzusammenstellung enthält (Hans Ulrich Rudolf in: 900 Jahre Heilig-Blut-Verehrung [1994] Bd. 3, S. 104 Nr. K 5, Bernd Konrad in: Buchmalerei im Bodenseeraum [1997] S. 326). Jedoch erweist genaue Kopienkritik (Missverständnisse, Übertragungsfehler, Vereinfachungen), dass das Verhältnis nur umgekehrt zu denken ist; außerdem ist die Schrift von B 515 Bd. 5b kaum vor das zweite Drittel des 16. Jahrhunderts zu datieren. Hinzuweisen ist darauf, dass die Schreibsprache dieses Überlieferungszeugen deutlich bairische Merkmale aufweist. Sie lassen sich am ehesten durch das Kopieren der alemannischen Vorlage durch einen bairischen Schreiber erklären; die Vermutung Irtenkaufs (1985, S. 78), die Bilderreihe des Codex der Württembergischen Landesbibliothek fuße ihrerseits auf einer Vorlage aus Bayern, ist aufgrund ihrer ausgeprägten Bindung an die Weingartener Tradition der Welfen-Memoria nicht überzeugend. Der bairischen Abschrift ist heute eine weitere Kopie vorgebunden (B 515 Bd. 5a), die auf Papier geschrieben und um 1600 zu datieren ist. Beide sind Zeugnisse der großen Wirkung der Weingartener Prachthandschrift vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Die Welfenporträts wurden unter anderem in mehrere am Münchner Herzogshof entstandene Handschriften mit bayerischen Fürstenreihen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts kopiert, so etwa München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 2822, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Extravag. 150, olim Malibu, J. Paul Getty-Museum, Ludwig Ms. XIII 10 und weitere (siehe oben Stoffgruppe 45.2.). Ein Brief des Weingartener Abts Gerwig Blarer (1520–1567) belegt, dass man das Stifterbüchlein oder eine der Abschriften an den Münchner Hof ausgeliehen hatte (Rudolf [2008] S. 19 Anm. 9). Die jüngere Rezeption reicht bis zur barocken Ausmalung der Weingartener Klosterkirche durch Cosmas Damian Asam (weitere Beispiele der neuzeitlichen Wirkungsgeschichte bei Kruppa [2008]).

Editionen:

fehlt.

Literatur zu den Illustrationen:

siehe unter Nr. 45.6.1.