85.4.1. Graz, Steiermärkisches Landesarchiv, Fragm. Germ. 7
Bearbeitet von Isabel von Bredow-Klaus
KdiH-Band 9
2. Viertel 14. Jahrhundert (
Bayern (
Im 19. Jahrhundert im Besitz von Prof. Franz Ferk, seit 1911 im Landesarchiv Graz.
Bruder Philipp, ›Marienleben‹
V. 3315–3397, 4084–4204
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Pergament, ein Doppelblatt, Bl. 1: 229–230 × 155–158 mm, Bl. 2: 230 × 176 mm, Textura, eine Hand, zweispaltig, 33 Zeilen, rote Rubriken, zweizeilige Lombarden nicht ausgeführt, Majuskeln.
Fünf Miniaturen von einer Hand (1r, 1v, 2r).
Spaltenbreite ungerahmte Miniaturen über zehn bis 14 Zeilen, die in den fortlaufenden Text oberhalb der Kapitelüberschrift eingefügt sind (jeweils Mitte linke Spalte und unten rechte Spalte auf 1r und 1v, unten linke Spalte auf 2r).
Der Bildaufbau ist sehr flach und die Personen stehen in der Regel nebeneinander, ohne sich zu überschneiden. Raumtiefe wird nur gelegentlich durch einen Fuß, der etwas übers Bildfeld hinausragt, angegeben. Vor einem auffallenden gelben Hintergrund sind die Szenen zwar recht bewegt, aber hölzern gestaltet. Die langen, einfachen Gewänder aber fallen weich und stellenweise durchaus körperbetont. Puppenhafte, runde Gesichter tragen stilisierte gelockte Haare, die bei Maria und Jesus mit zeittypischen roten Nimben ergänzt werden.
Die Figurengestaltung wirkt sehr traditionell und weist stilistisch eher an den Anfang des 14. Jahrhunderts.
Jedes Kapitel wird (wie in Nr. 85.4.4.) von einer passenden Miniatur eingeleitet.
Abschnitt mit der Flucht nach Ägypten (V. 3315–3397): 1. die Leute laufen beim Götzentempel zusammen, 2. Sturz der Götzenstatuen, 3. Die Leute klagen über ihre zerstörten Abgötter, 4. die Hl. Familie bei Herzog Afrodisius; Abschnitt mit den Wundertaten des Kindes Jesus (V. 4084–4204): 5. Jesus lässt Tontauben lebendig werden.
Diese selten dargestellten Bildthemen treten in komprimierter Form auch in Philipps ›Marienleben‹ in vier Weltchronik-Handschriften auf. Dort wird die Episode im Götzentempel aber nicht ausführlich in vier Bildern erzählt, sondern in jeweils nur einem einzigen Bild zusammengefasst (Sturz der Götzenbilder im Tempel und Afrodisius vor der Hl. Familie in einem [Stuttgart, Cod. HB XIII 6; Pommersfelden, Cod. 303; Los Angeles, The J. Paul Getty Museum, Ms. 33] oder Afrodisius vor einem zerbrochenen Götzenbild [Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. I.3.2o II]). Auch die Episode aus dem Kindheitsevangelium nach Thomas, in der Jesus Tontauben lebendig werden lässt, wird im Weltchronikkontext nur ein einziges Mal, in der Augsburger Handschrift, dargestellt. Auch in den illustrierten Historienbibeln wird nur eine stark verkürzte Darstellung in einem einzigen Bild der Vision von Herzog Afrodisius wiedergegeben, die Tontaubenepisode dagegen fehlt ganz.
MeSch I (1997) Textbd., S. 180, Abb. 42 (2r). – Katalog der Archivalien-Ausstellung (1911) S. 33, Taf. IV (1v/2r);
Abb. 4: 1r. Sturz der Götzenstatuen.
Abb. 5: 2r. Jesus lässt Tontauben lebendig werden.