KdiH

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73.15.1. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 134

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 8

Datierung:

1494 (98v).

Lokalisierung:

Nürnberg.

Besitzgeschichte:

Für Sigmund von Bayern-München (†1501) angefertigt, sein Bild als Stifter 1v, nur teilweise lesbare Notizen der Familie Beusser 1r (17. Jahrhundert), weitere Provenienz unbekannt.

Inhalt:
1. 4r–98v ›Interrogatio Sancti Anselmi de Passione Domini‹, deutsch, Prosafassung
2. 99r–103v Lateinische Gebete, Nachträge des 16. und 17. Jahrhunderts
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 103 Blätter (die letzten drei Papier), 105 × 80 mm, Textualis, eine Hand, die Nachträge 99r–103v von verschiedenen Händen, einspaltig, elf Zeilen, vierzeilige Initialen auf Goldgrund an den Abschnittsanfängen (4r, 7v, 17v, 28r, 35r, 42v, 50v, 55v, 61v, 73v, 79r), Ranken auf den Blatträndern, rote Unterstreichungen und vereinzelt Korrekturen, Rubrizierung.

Schreibsprache:

bairisch.

II. Bildausstattung:

21 Deckfarbenminiaturen mit reicher Verwendung von Pinselgold einer Nürnberger Werkstatt.

Format und Anordnung:

Jeweils zwei Illustrationen einem Abschnitt vorangestellt, sowohl gegenüberliegend auf einer aufgeschlagenen Doppelseite als auch recto–verso angeordnet. Nur die letzte Miniatur (78v) steht allein, ihr geht allerdings eine leere Seite voran. Vom Schreiber waren also auch zwei Illustrationen vorgesehen, dem Maler stand wohl nur ein adäquates Bildthema zur Verfügung (siehe unten). Sämtliche Miniaturen mit einem goldenen, profilierten Rahmen eingefasst.

Bildaufbau und -ausführung:

An der Ausführung der Miniaturen waren mindestens zwei Künstler beteiligt, deren unterschiedliche Figurenauffassung z. B. in der Gegenüberstellung der Miniaturen 27r und 27v an der Behandlung des Inkarnats Christi, rosig mit fülliger Physiognomie (27r) gegenüber einem blassen, ausgezehrten Gesicht (27v), zu erkennen ist, ähnliches gilt für 34r, 34v. Hauptsächlich vom ersten Künstler stammen auch die beiden Eingangsminiaturen. Georgi (2013, S. 31) möchte diese Arbeiten der Hand des bekannten Nürnberger Illuminators Jacob Elsner ebenso zuweisen wie einige Miniaturen in dem gleichzeitigen Wiener Manuskript (siehe Nr. 73.18.1.), doch scheint hier die Materialbasis der gesicherten Vergleichsmöglichkeiten zu gering (zur Diskussion um das Werk Jacob Elsners vgl. Merkl [1999] S. 58–62; Cermann [2014]).

Die aufwendige und kostbare Ausstattung zeichnet sich durch die Verwendung von Gold für die Höhung der Gewänder aus, während die Nimben bloß als Umrisszeichnung angegeben werden. An den ikonografisch eher konventionell gestalteten Szenen fällt ein ausgeprägtes veristisches Interesse für die Darstellung des Handlungsablaufs auf. Die Figuren werden meist nahsichtig an den vorderen Bildrand gedrängt, doch bieten Landschaftsausblicke im Hintergrund (6v, 7r) oder Raumfolgen (27r, 27v) eine perspektivisch korrekte Lokalisierung des Geschehens. Die Präzisierung der Tageszeit durch die Himmelsfarbe wird an einigen Stellen versucht, z. B. dunkel getönter Himmel (16v) beim Gebet am Ölberg, Morgenlicht bei der Grablegung (78v). Für die Stadtvedute 61r wurde vielleicht eine zeitgenössische Ansicht Jerusalems verarbeitet. Im Hinblick auf Stringenz der Bilderzählung fällt zudem auf, dass Pilatus jeweils in demselben Kostüm, mit blauem Gewand und rotem Hut, auftritt, so dass seine Anwesenheit auch bei der Geißelung Christi (41v) zu erkennen ist.

Bildthemen:

1v Der Stifter Sigmund von Bayern-München in Anbetung, rechts sein Wappen mit Helmzier, im Hintergrund Maria im Ährenkleid, der Herzog in einem Brokatmantel mit Pelzkragen trägt porträthafte Züge, 3v Maria als Schmerzensmutter mit Schwert, rechts neben ihr kniend Anselmus in Anbetung, als Hintergrund eine mit Ehrentuch ausgekleidete Nische, 6v Abendmahl, Judas in Rückansicht ohne Nimbus, 7r Fußwaschung, der rothaarige Judas nun an seinem Geldbeutel erkennbar, 16v Gebet am Ölberg, Christus mit Kreuznimbus, dunkel getönter Himmel zeigt die nächtliche Stunde an, im Hintergrund Stadtansicht, 17r Judaskuss, dahinter Petrus und Malchus, wie zuvor dunkler Himmel und eine brennende Fackel, 27r Christus vor Annas, im Hintergrund die Verleugnung Petri, 27v Christus vor Kaiphas, nahezu die gleiche Szene wie zuvor, aber aus einer anderen Perspektive, das Feuer nun herabgebrannt, 34r Christus vor Pilatus, der ihn im Stehen empfängt, 34v Christus vor Herodes, Christus mit einem weißen Überwurf, 41v Geißelung in Anwesenheit von Pilatus, Christi Haut zeigt viele kleine blutende Wunden, 42r Dornenkrönung, Christus mit rotem Umhang, 49v Christus vor Pilatus, der seine Hände wäscht, 50r Entkleidung Christi, 54v Kreuztragung mit Symon von Cyrene, Maria und Johannes schauen aus dem Stadttor im Hintergrund zu, 55r Kreuzannagelung, 60v Kreuzigung auf dem Kalvarienberg mit zahlreichen Anwesenden, links Maria in Begleitung von Johannes und Maria Magdalena, eine Gruppe von Zuschauern auf der rechten Seite, unter ihnen der römische Hauptmann zu Pferd, 61r Die Soldaten würfeln um das Gewand Christi, im Hintergrund Stadtvedute, 72v Kreuzabnahme, Joseph von Arimathia auf der Leiter lässt den Leib Christi in die verhüllten Arme des Nicodemus gleiten, 73r Beweinung Christi mit Maria, Johannes und Maria Magdalena, 78v Grablegung.

Die Bildfolge ist als erzählerische Einheit konzipiert, in der großer Wert auf die Stringenz gelegt wird, indem Kostüme, Tageszeiten und Räumlichkeiten als wirklichkeitsgetreue Realien vorgeführt werden. Die besondere Erzählsituation des Textes, die ja Maria als Berichterstatterin vorstellt, findet in den eigentlichen Passionsillustrationen keinen besonderen Niederschlag. Denn auch die Szenen, in denen Maria von der Kreuztragung an als Zeugin im Bild präsent ist (54v, 55r, 60v, 72v, 73r, 78v), folgen gängigen ikonografischen Mustern. Der Charakter des Textes als visionäres Zwiegespräch wird nur in der zweiten Miniatur thematisiert (3v), die den Heiligen gegenüber Maria als Schmerzensmutter zeigt. In seine Nachfolge reiht sich der Auftraggeber ein, wenn in der Eingangsminiatur bei seinem Gebet gleichfalls die Gottesmutter erscheint.

Farben:

reiche Palette an Farben, mit differenzierter Abschattierung, ausführliche Verwendung von Gold für die Höhungen.

Literatur:

Petzet (1920) S. 249f. – Bergmann (1986) S. 439 (M 86); Pfändtner (2009) S. 59f., 65f.; Georgi (2013) S. 31; Schultz-Balluff (2017) S. 317–319.

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Abb. 58.